RESIGNATION – Rückkehr zur Zeichenhaftigkeit

Die EtymosophieKolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Eigenartig, dass man unter Resignation landläufig Kapitulation, Niedergeschlagenheit, versteht. Das engl. Verb „to resign“ bedeutet, einen Job kündigen, aufgeben. Das lat. Wort „resignare“ steht für enthüllen. Aber genau genommen ist es die Rückkehr zur Zeichenhaftigkeit (lat.: signum = das Zeichen). Im täglichen Leben werden wir mit einer Fülle von Zeichen konfrontiert – häufig ist die Rede von „Insignien“ als Ausdruck besonderer Macht. Wenn man von Vorzeichen spricht, dann müsste man konsequenterweise das bislang unbekannte Wort „Präsignien“ gebrauchen.

Das Ritual des Segnens ist zweifellos etwas Zeichenhaftes, der Segen selbst hingegen hat mit „sagen“ zu tun. Daher ist im Lateinischen der Segen benedictio (von: bene dicere = gut sprechen, etwas Gutes sagen). Wir kennen inzwischen die faszinierenden Erscheinungen der Wasserkristalle. Hier ist deutlich geworden, dass ein guter Gedanke, ein gutes Wort, die Struktur der Kristalle in strahlendste Schönheit verwandelt. Das Segnen, das ausschließlich Gut-Sprechen, müsste zum Ritual des täglichen Lebens werden. In der Schöpfungsgeschichte (Genesis 1, 1-31) lesen wir immer wieder: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: es war sehr gut.

Segnen bedeutet: alles anschauen und sagen: es ist gut, wie es ist. Die Verwandlung, die eigentliche Resignation, vollzieht sich dann ohne unser Eingreifen.

Im April 1816 komponierte der 45-jährige Ludwig van Beethoven seinen Liederkreis op. 98. Eines der ergreifendsten Lieder aus diesem Zyklus ist die Vertonung des Textes von Karl Friedrich Wilhelm Herrosee (1754 – 1821), Hof- und Schlossprediger in Züllichau. Hier wird die Liebe und der Segen Gottes einzigartig thematisiert:

Ich liebe Dich, so wie Du mich,
Am Abend und am Morgen,
Noch war kein Tag, wo Du und ich
Nicht teilten unsre Sorgen.
Auch waren sie für Dich und mich
Geteilt leicht zu ertragen;
Du tröstetest im Kummer mich,
Ich weint in Deine Klagen.
Drum Gottes Segen über dir,
Du, meines Lebens Freude.
Gott schütze Dich, erhalt Dich mir,
Schütz und erhalt uns beide.

Wer die Zeichen des Kosmos auf seinem Lebensweg zu erkennen vermag, gerät nie eine innere Unsicherheit, auch wenn an der Peripherie chaotische Zustände herrschen.

Im 37. Kapitel des „Tao Te King“ von Lao Tse lesen wir:

„Der Weg bleibt immer im Zustand des Nicht-Tuns.
Und doch gibt es nichts, das ungetan bliebe.
Wenn es Königen und Fürsten dieser Welt gelingt,
dem Weg zu folgen,
wandeln sich die zehntausend Dinge von selbst.
Begehren sie zu handeln,
nachdem sie sich gewandelt haben,
werde ich die Begierden mit dem Gewicht des namenlosen
unbehauenen Holzklotzes niederhalten.
Der namenlose unbehauene Holzklotz
ist nichts anderes als Nicht-Begehren.
Wenn ich zu begehren aufhöre und still bleibe,
ist die Welt von sich aus im Zustand der Ruhe und des Friedens.“

{R:2}Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers

Roland R. Ropers erreichen Sie mit: [email protected]



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