Russlands Atomraketen-Züge: Putin will sie neu erfinden

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Eine Topol-M Interkontinentalrakete paradiert über den roten Platz in Moskau, 2011.Foto: DMITRY KOSTYUKOV / AFP / Getty Images
Epoch Times8. Dezember 2014

Russland denkt offenbar darüber nach, seine Raketenzüge wiederzubeleben. Die Züge, welche von außen wie unscheinbare Kühltransporter aussahen, waren in der Sowjet-Ära mit Interkontinental-Raketen bestückt und fungierten wie bewegliche Abschussbasen auf Gleisen.

Wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf Militärkreise berichtete, könnte es bald eine Neuauflage der Atombomben-Züge geben. Zahlreiche russische Medien berichteten die Meldung.

Mit der Entwicklung der neuen „Eisenbahnraketenkomplexe“ befasst sich angeblich das Moskauer Institut für Wärmetechnik, welches Raketen vom Typ Topol, Yars und Bulava herstellt.

Der nun von Itar-Tass anonym zitierte Militär-Insider sagte: „Die Entscheidung, die Herstellung zu starten steht zwar noch aus, doch die Wahrscheinlichkeit, dass dies passieren wird, ist hoch.” „Schnellstenfalls“ wären diese Züge 2019 einsatzbereit.

Das waren die Sowjet-Raketenzüge

Die Atom-Raketenzüge der Sowjetunion waren ab 1983 entwickelt und 1987 in Betrieb genommen worden. Damals konnten sie täglich bis 900 Kilometer zurücklegen und waren mit Raketen des Typs RT-23 Molodets bestückt. Gegenüber einer stationären Raketenbasis hatten sie den Vorteil der Beweglichkeit. Weil sie aussahen wie unscheinbare Güterwagen, waren sie schwierig vom Feind zu entdecken und im Vorfeld zu zerstören. Auch vom Weltraum aus, sahen sie wie normale Züge aus. Insgesamt waren Ende der 80er bis Anfang der 90er zwanzig solche Züge im Einsatz. Ihre letzte Patroullienfahrt hatten sie kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion. 2007 wurde der letzte von ihnen verschrottet. Über ihre Verschrottung gab es auch ein Abkommen zwischen den USA und Russland.

Eine Zugeinheit bestand aus drei achtachsigen Wagen, davon einer mit jeweils einer einzelnen Rakete, einem Kommandowagen, außerdem einem Wagen für das Personal in Reisezugwagenbauart und mehreren Diesellokomotiven. Die Eisenbahnraketenkomplexe konnten, außer auf Brücken, überall dort ihre Raketen starten, wo sie nicht durch Fahrleitungsaufhängungspunkte, Tunnel oder Ähnliches gestört wurden; das waren zu ihrer Einsatzzeit etwa 145.000 km Streckennetz. Zwischen zwei Masten konnte die unter Spannung stehende Fahrleitung, durch nach oben und zur Seite schwenkbare Hydraulikstempel, zur Seite gedrückt werden. Um die Standsicherheit beim Aufrichten des Startcontainers zu gewährleisten, verfügten die Silowagen über hydraulisch ausfahrbare Stützen.

Ihr kleiner Schönheitsfehler war, dass die alten Raketen 110 Tonnen wogen und für einen Abschuss verstärkte Gleise brauchten, um diese nicht durch den Rückstoß zu verbiegen. Die heutigen Raketen wiegen nur 47 Tonnen und könnten ohne Gleisverstärkung überall abgefeuert werden. Auch heute hätten Atomraketen-Züge mit mehreren Missiles die Möglichkeit, stationäre Abschussbasen zu ersetzen.

Putin will die alte Waffe zurück

Generalleutnant Sergej Karakajew, der Chef der russischen Raketenabwehr, sagte schon vor einem Jahr, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Befehl zur Neuentwicklung eines Raketenzuges gegeben habe. Angesichts des „Prompt Global Strike-Systems“ der USA seien er, Karakajew und seine Kollegen „frustiert gewesen, dass wir heutzutage kein solches System mehr besitzen“.

Aktuell werden Kosten und Entwicklungsaufwand ermittelt. Eine Quelle im Verteidigungsministerium verwies laut Ria Novosti darauf, dass ein „politischer Beschluss“ zur tatsächlichen Wiedereinführung der Raketenzüge noch nicht gefasst sei. Eine solche Entscheidung könnte erst im Fall einer großen Gefahr seitens der US-amerikanischen Raketenabwehr getroffen werden.

Der unabhängige Genfer Atomwaffenexperte Pavel Podvig ist jedoch skeptisch, dass es soweit kommt: Der Betrieb der Raketenzüge wäre unter Bedingungen der Marktwirtschaft schwieriger als in Sowjetzeiten, meint er. Außerdem würde die Entwicklung Milliarden Dollar kosten und wäre zwecklos, solange die US-Raketenabwehr als potentielle Gefahr nicht einmal endgültig entwickelt worden sei.

USA wollen Atomarsenal überholen lassen

Die US-Regierung hat unterdessen einen 11,7 Milliarden Dollar-Plan verabschiedet, um ihr Atomwaffenarsenal überholen zu lassen. Ab 2020 will Amerika außerdem 1 Billion Dollar locker machen, um seine Nuklearmacht auszubauen, inklusive Atom-U-Boote und 100 Bombern.

Mehr dazu unter: „Ukraine-Krise: So redet USA über neue Atomwaffen und Tests“

Russland hat nach der Verschärfung der Ukraine-Krise bislang zwei Tests von ballistischen Langstreckenraketen durchgeführt: Einen Ende November, vom U-Boot Alexander Nevsky aus, einen anderen am 29. Oktober durch das Atom-U-Boot Yuri Dolgoruky in der Barents See nahe Nordost-Finnland. In beiden Fällen wurden Bulava-Raketen abgeschossen. (jp / rf)

Original-Artikel auf Englisch: http://www.theepochtimes.com/n3/1125581-russia-nuclear-missile-trains-could-be-brought-back-report-says/



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