Russlands Opposition geht weiterhin auf die Straßen – Putins Sprecher Peskow: „Provokation“

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Eine Frau läuft während einer Kundgebung zur Unterstützung des inhaftierten Oppositionsführers Alexej Nawalny in Moskau am 31. Januar 2021 an einer Polizeieinheit vorbei.Foto: ALEXANDER NEMENOV/AFP via Getty Images
Epoch Times3. Februar 2021

Kurz nach der Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny zu Haft in einem Straflager sind die russischen Sicherheitskräfte massiv gegen Demonstranten in mehreren Städten vorgegangen. Mehr als 1300 Menschen wurden am Dienstagabend (2. Februar) bei Protesten gegen Staatschef Wladimir Putin festgenommen, wie die Nichtregierungsorganisation OVD-Info mitteilte. Zu den Demonstrationen hatten Anhänger des wichtigsten Putin-Widersachers unmittelbar nach der Urteilsverkündung aufgerufen.

Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten, wie in Moskau Polizisten mit Gummiknüppeln auf Demonstranten einprügelten. Von russischen Medien veröffentlichte Videos zeigten, wie Demonstranten von der Polizei durch die Straßen und auch in die U-Bahn hinein verfolgt wurden. In Videos war auch zu sehen, dass Protestierende von Polizisten aus Taxis gezerrt wurden.

Der Kreml hat den Vorwurf der Polizeigewalt bei den jüngsten Protesten gegen Staatschef Wladimir Putin zurückgewiesen und die Einsätze der Sicherheitskräfte verteidigt. Die nicht genehmigten Demonstrationen von Anhängern des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny seien eine „Provokation“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Das „harte Vorgehen der Polizei im Rahmen des Rechts“ sei gerechtfertigt.

Mittlerweile über 11.000 Menschen festgenommen

Seit Beginn der jüngsten Protestwelle von Anhängern des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sind laut einer Nichtregierungsorganisation mehr als 11.000 Demonstranten in Russland festgenommen worden.

Viele von ihnen seien über Stunden „unter schrecklichen Bedingungen“ festgehalten worden, sagte ein Vertreter der Organisation OWD-Info am Mittwoch dem Radiosender Moskauer Echo. Sie hätten ohne Essen und ohne Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen, ausharren müssen. Anwälten von OWD-Info sei teilweise der Zugang zu den festgenommenen Demonstranten verweigert worden.

Zehntausende Menschen hatten an den zwei vergangenen Wochenenden im ganzen Land gegen Staatschef Wladimir Putin protestiert. Bei den ersten Demonstrationen nach der Festnahme Nawalnys direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland wurden nach Angaben der Organisation am 23. Januar 4000 Demonstranten in Gewahrsam genommen. Bei den Kundgebungen am 31. Januar wurden demnach 5700 Menschen festgenommen. Am Dienstag meldete OWD Info 1400 weitere Festnahmen.

Putin – ein „Dieb“

Hunderte Menschen waren am Abend in Moskau durch die Straßen marschiert. In Sprechchören bezeichneten sie Putin als „Dieb“. Bereits an den zwei vergangenen Wochenenden hatten im ganzen Land zehntausende Menschen gegen den Staatschef demonstriert.

Ein Moskauer Gericht entschied am Dienstag, dass der nach einem Giftanschlag in Deutschland behandelte Nawalny eine bereits verhängte Bewährungsstrafe nun in einer Strafkolonie ableisten muss. Von der dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe wurde ihm ein früherer Hausarrest abgezogen.

Laut Nawalnys Anwältin Olga Michailowa läuft dies auf „ungefähr“ zwei Jahre und acht Monate Haft hinaus. Sie kündigte an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Russland verbittet sich Einmischung von „westlichen Kollegen“ wie Seibert

Das Urteil rief international Empörung hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Nawalnys sofortige Freilassung und das „Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten“. Das Nawalny-Urteil sei „fernab jeder Rechtsstaatlichkeit“, schrieb Merkels Sprecher Steffen Seibert im Onlinedienst Twitter. Auch US-Außenminister Antony Blinken erklärte, Nawalny müsse „umgehend und bedingungslos“ freikommen.

Die russische Regierung wies die internationale Kritik an dem Urteil als „Einmischung“ zurück. Die Forderungen „westlicher Kollegen“ nach Freilassung Nawalnys seien „von der Realität abgekoppelt“, zitierten russische Nachrichtenagenturen eine Sprecherin des Außenministeriums.

Nawalny hatte sich in der Gerichtsanhörung vehement gegen seine Verurteilung gewehrt und die Russen zum Widerstand gegen Putin aufgerufen. Er machte den Staatschef erneut für den auf ihn verübten Anschlag verantwortlich.

Der auf Nachforschungen zu Korruption spezialisierte Oppositionelle war 2014 wegen des Vorwurfs der Unterschlagung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, die Strafe wurde aber zur Bewährung ausgesetzt. Nun wurde dem 44-Jährigen unter anderem vorgeworfen, er habe sich während seines Aufenthalts in Deutschland nicht zweimal monatlich bei den Behörden gemeldet.

Der Kreml-Kritiker bestritt vor Gericht, gegen die Bewährungsauflagen verstoßen zu haben. Er habe den russischen Behörden seine deutsche Adresse mitgeteilt, sagte er. Nach Deutschland war Nawalny nach dem in Sibirien verübten Giftanschlag gebracht worden, durch den er beinahe getötet worden wäre.

Nawalny wurde dann direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland am 17. Januar am Flughafen in Moskau festgenommen und im Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt. Es war eine von bereits mehreren kürzeren Haftstrafen gegen Nawalny, lange Zeitstrecken wie die nun drohenden fast drei Jahre war er aber noch nie in Haft. (afp)



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