Spanien vor neuer Wahl – Erneut schlechte Chancen auf eine stabile Regierung

Spanien wird am Sonntag erneut wählen. Doch die Chancen für eine stabile Mehrheit zur Regierungsbildung sind gering.
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Bei den am Sonntag stattfindenden Wahlen in Spanien wird Ministerpräsident Pedro Sánchez vermutlich keine stabile Mehrheit für seine Regierung erreichen.Foto: Damián Arienza/Europa Press/dpa
Epoch Times8. November 2019

Zum vierten Mal in vier Jahren sind die Spanier am Sonntag zu Parlamentswahlen aufgerufen. Und erneut ist damit zu rechnen, dass nach dem Urnengang keine stabile Regierung gebildet werden kann.

Die Umfragen sagen nur Gewichtsverlagerungen voraus – eher zu Ungunsten des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez von den Sozialisten und auf jeden Fall zu Gunsten der rechten Vox-Partei.

Wenn sich seit dem Urnengang im April überhaupt spürbar etwas bewegt hat, dann hängt das mit dem Streit um die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien zusammen. Während die Unabhängigkeitsbefürworter ihre wiederholten Massenkundgebungen feierten, wuchs in anderen Teilen Spaniens der Groll über die Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens.

Stärkster Nutznießer davon ist die Vox-Partei unter der Führung von Santiago Abascal. Sie dürfte den Umfragen zufolge nun zur drittstärksten Kraft hinter den Sozialisten und der konservativen Volkspartei (PP) aufsteigen und die Zahl ihrer bislang 24 Mandate in etwa verdoppeln.

Weder für das linke noch für das rechte Lager ist aber eine parlamentarische Mehrheit von 176 der 350 Abgeordneten im Parlament in Madrid in Sicht. Sánchez und die linksgerichtete Podemos von Pablo Iglesias verpassten im letzten Sommer die Chance, eine linke Koalition zu schmieden.

Der amtierende Ministerpräsident stellte die Vorbedingung, dass Iglesias nicht ins Kabinett eintreten dürfe. Die Podemos enthielt sich daraufhin postwendend im Juli bei der entscheidenden Vertrauensabstimmung – und Sánchez blieb nichts anderes übrig, als im September vorgezogene Neuwahlen anzukündigen.

Der Streit um Katalonien eskalierte, nachdem der Oberste Gerichtshof in Madrid am 14. Oktober Haftstrafen von bis zu 13 Jahren gegen führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung verhängte. Seither gab es in der Region nicht nur wiederholt Massenproteste, sondern zunehmend auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Sánchez stellte bei einer TV-Debatte mit den anderen Spitzenkandidaten in Aussicht, Referenden über die Unabhängigkeit von Spanien „ein für allemal zu verbieten“. Vox-Chef Abascal ging das nicht weit genug. Er forderte, den katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra „in Handschellen“ abzuführen und vor Gericht zu stellen.

Der amtierende Regierungschef hat vor dem Wahlgang am Sonntag zusätzliche Polizeikräfte nach Katalonien beordert. Sie sollen verhindern, dass Wahllokale besetzt werden. Mitte Oktober hatten nach einem Aufruf auf der neuen Internet-Plattform „Demokratischer Tsunami“ rund 10.000 Menschen den Zugang zum Flughafen der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona blockiert.

Dem bisherigen Ministerpräsidenten dürften nach der Neuwahl mindestens 50 Parlamentsmandate für eine Wiederwahl fehlen. Doch in der viertgrößten Volkswirtschaft der Europäischen Union sorgen auch schlechte Wirtschaftsdaten für Alarmstimmung.

Vor diesem Hintergrund sieht José Ignacio Torreblanca vom European Council on Foreign Relations nur die Möglichkeit, dass andere Parteien es Sánchez durch Enthaltung im entscheidenden Moment zumindest erlauben, im Amt zu bleiben. Selbst das werde aber zu anhaltender „Instabilität“ und einem Mangel an Reformen führen, sagt Torreblanca voraus. So werde auch die kommende Regierung auf keinen Fall die vorgesehene Zeit von vier Jahren im Amt bleiben.(afp)



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