Terrorgefahr an Frankreichs AKW: Alle Fakten zur mysteriösen Drohnen-Operation

Titelbild
Am 15. November 2014, nach den mysteriösen Drohnenflügen, organisierte Greenpeace diese Demo zur Abschaltung des AKWs Fessenheim.Foto: SEBASTIEN BOZON/AFP/Getty Images
Epoch Times26. November 2014

Ist ein Anschlag auf ein französisches Atomkraftwerk in Planung? Soll Frankreich erpresst werden, oder ist das nur ein schlechter PR-Gag eines Geheimdienstes, der Panik schüren will?

Fakt ist, wer hinter den wiederholten Drohnenflügen über französischen Atomkraftwerken steckt, ist noch immer ungeklärt. Der Chef von Frankreichs Luftwaffe behauptete gestern, mit existierender Technik könne man diese Flugobjekte nicht vorher aufspüren. Und eine Greenpeace-Studie kommt zum Schluss: Man könnte mit Hilfe von Drohnen einen Terrorakt vorbereiten oder sogar ausführen. 

Die mysteriösen Flüge von Drohnen fanden an mehreren Tagen koordiniert über französischen Atomkraftwerken statt. Die Flugobjekte kamen in der Nacht oder den frühen Morgenstunden und waren unterschiedlich groß – von 30 Zentimeter bis zu 2 Meter im Durchmesser. Es handelte sich dabei um zivile Drohnen, wie sie zum Beispiel von Zustelldiensten verwendet werden.

Laut Greenpeace wurden bereits mehr als 30 Flüge über 19 Standorten gesichtet. Unter ihnen auch die Atomkraftwerke Fessenheim und Cattenom nahe der deutschen Grenze. Auch über Forschungsreaktoren fanden Drohnenflüge statt, nur meldeten diese Institutionen keine Verletzung ihres Luftraums.

In Frankreich ist es verboten, Atomkraftwerke in einem Umkreis von fünf Kilometern und einer Höhe unter 1000 Metern zu überfliegen; zuständig für die Einhaltung dieses Sicherheitsabstands ist die französische Luftwaffe. Zwar verringern die Flugverbotszonen das Risiko von Abstürzen – gegen einen gezielten Angriff von Drohnen oder Hubschraubern wären sie jedoch wirkungslos.

"Es ist offensichtlich, dass die Sicherheitsbehörden diese Flüge weder aufklären noch verhindern können. Das beunruhigt mich sehr", sagte Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital dazu.

Risiko-AKWs an der deutschen Grenze

Laut der aktuellen Kurzstudie, die Greenpeace bei der Hannoveranischen Physikerin Oda Becker in Auftrag gab, wären die überalterten AKWs Fessenheim, Gravelines und Cattenom  aufgrund mangelnder Auslegung und besonderer Störanfälligkeit besonders gefährdet im Falle eines Anschlags. Hier sind die Reaktorschutzhüllen aus Beton nur etwa 90 Zentimeter dick, ziemlich dünn im Vergleich zu den zwei Meter starken Hüllen der neueren Reaktoren. Besonders beunruhigend ist auch der Umstand, dass in Frankreich abgebrannte Brennstäbe in Häusern aufbewahrt werden, die lediglich 30 Zentimeter dicke Wände und „ein sehr dünnes Blechdach“ haben, wie Oda Becker in einem Interview mit der Deutschen Welle enthüllte. Und hier lagert oft mehr radioaktives Material, als im Reaktor selbst, natürlich auch in Kühlwasser, doch weit störanfälliger als im Reaktorkern.

Die alten AKWs müsste man bereits Monate vor einem potentiellen Anschlag abgeschaltet haben und auch das wäre nur noch Schadensbegrenzung. Denn auch ein abgeschaltetes AKW produziert noch enorme Nachwärme, die unbedingt gekühlt werden muss, um keine Gefahr darzustellen. Greenpeace forderte deshalb die sofortige Abschaltung der überalterten Anlagen, bis die Hintergründe der mysteriösen Flüge geklärt seien. Denn die erfolgten Flüge zeigten bereits, dass man im Fall eines Falles fast nichts unternehmen könnte. Und egal welches französische Kraftwerk in die Luft ginge – die Strahlung könnte je nach Wetterlage ganze Landstriche Frankreichs, Deutschlands, der Schweiz und Belgiens auf Generationen hinaus unbewohnbar machen. Auch hierzu liefert die Studie detaillierte Was-wäre-wenn-Karten.

So müsste man AKWs militärisch sichern

In einer Studie zur Terror-Sicherheit deutscher Atomkraftwerke die 2004 von Greenpeace in Auftrag gegeben wurde und von Oda Becker wieder zitiert wurde, heißt es: „ Ein hohes Schutzniveau, das eine gute Chance böte, Angriffe abzuwehren, könnte lediglich durch umfassende militärische Sicherung erreicht werden – d. h. Stationierung von Bodentruppen mit Geschützstellungen, Luftabwehr-Batterien, Schnellbooten und Kampftauchern auf dem Wasser usw. Eine derartige Militarisierung der Energiewirtschaft erscheint jedoch mit der Vorstellung einer offenen, demokratischen Gesellschaft unvereinbar. Außerdem wären mit derartigen Maßnahmen wiederum spezifische Risiken verbunden. Waffen können irrtümlich oder durch technische Defekte ausgelöst werden. Zivilisten können Abwehrmaßnahmen, die durch eine vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung ausgelöst werden, zum Opfer fallen. Dabei können eingesetzte Waffen auch Schäden an der Atomkraftwerksanlage bewirken. Sie könnten sogar bewusst gegen die Anlage eingesetzt werden, wenn Angehörige des militärischen Personals von Terrororganisationen bestochen oder mit anderen Mitteln rekrutiert werden. Auch eine Ein- und Übernahme von Geschützstellungen durch Terroristen kann nicht ausgeschlossen werden.“

Frankreichs Regierung entsendet Hubschrauber

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve hatte bereits Ende Oktober Maßnahmen angekündigt. Die französische Polizei, die mit der Bewachung der AKWs beauftragt ist, hat den Auftrag, die Drohnen zu „neutralisieren“, das heißt mit Gewehren abzuschießen, sollten sie wieder auftauchen. Mehrere Hubschrauber wurden an Atomanlagen stationiert und das Sicherheitsaufgebot an den Meilern verstärkt, doch in welcher Hinsicht ist aus Sicherheitsgründen geheim. Bisher gelang es nicht, eine Drohne abzufangen.

Auf einer Anhörung, die gestern im französischen Parlament stattfand und ohne Ergebnis verlief, sagte der Chef der Luftwaffe, dass man die Drohnen nicht mit der herkömmlichen Technologie entdecken könne.

Greenpeace will Antworten

„Wir sind sehr besorgt über das wiederholte Auftreten dieser verdächtigen Überflüge und darüber, dass bisher weder vom EDF noch der Polizei eine Antwort auf die Frage nach ihrem Ursprung kam“, sagte Yannick Rousselet von Greenpeace Frankreich zu den Vorfällen. Greenpeace hatte dementiert, etwas mit den aktuellen Drohnenflügen zu tun gehabt zu haben, denn mehrfach starteten die Umweltschützer ähnliche Aktionen zu Demonstrationszwecken.

Im November 2011 flog ein Greenpeace-Aktivist über die Aufbereitungsanlage in La Hague und filmte dabei. Im Mai 2012 landete ein anderer Greenpeacer mit einem Motorgleiter auf der Kuppel des AKWs Bugey, um kurz vor der Präsidentschaftswahl die Verwundbarkeit der französischen Atomanlagen zu demonstrieren.

Hier die Greenpeace-Luftaufnahmen von La Hague

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Details zu den ungeklärten Drohnenflügen

Der Krakftwerkbetreiber Electricité de France ( EDF ) meldete Verletzungen des Luftraumes über insgesamt sieben AKWs, zweimal innerhalb von zehn Tagen. Die Zeitung Le Monde berichtete: Der erste Flug ereignete sich in Creys-Malville (Isère) am 5. Oktober über einer Anlage, die sich im Abbau befindet. Weitere Flüge fanden in der Woche vom 13. bis 20. Oktober statt. Betroffen waren die AKWs Blaye (Gironde) am 13., Nogent-sur-Seine (Aube) am 13. und 19., Cattenom (Moselle) am 14., Chooz in den Ardennen und Gravelines in Nordfrankreich am 19. und Bugey am 19. und 20. Oktober. Dies bedeutet, das an einem einzigen Tag an vier weit voneinander entfernten AKWs die Drohnen schwirrten.

Frankreich bezieht rund drei Viertel seines Stroms aus Atomkraft, der Anteil soll bis 2025 auf 50 Prozent gesenkt werden. EDF ist der Betreiber aller 19 französischen Atomkraftwerke mit ihren zusammen 58 Reaktoren. (rf)



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