Ukraine beschließt: An „gewissenlose Gläubiger“ werden Schulden nicht zurückgezahlt

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Will ab sofort nur noch an ausgewählte Gläubiger zurückzahlen: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bei der Verleihung des Aachener Karls-Preises.Foto: Mathis Wienand / Getty Images News
Von 20. Mai 2015

Ist das ein Erpressungsversuch oder das Eingeständnis der Staatspleite? Die Ukraine hat ein Gesetz verabschiedet, das ihr rechtlich erlaubt, Schulden an „gewissenlose“ Gläubiger nicht mehr zurückzuzahlen. Der Gesetzentwurf wurde vom ukrainischen Parlament am Dienstag mit großer Mehrheit verabschiedet. Darin enthalten ist ein Schulden-Moratorium, mit dem Rückzahlungen an Gläubiger gestoppt werden können, falls deren Verhalten als “gewissenlos” eingestuft wird, berichtete das Handelsblatt. Um Gültigkeit zu erlangen, muss das Gesetz nur noch von Präsident Poroschenko unterzeichnet werden.

Die Ukraine will derzeit bei ihren Gläubigern einen Schuldenschnitt erwirken, beißt damit aber bisher auf Granit.

Betroffen von der offiziellen Zahlungsunwilligkeit (oder -Unfähigkeit) der Ukraine dürften vor allem Russland und drei US-Investmentbanken sein. Aber auch deutsche Steuergelder könnten dank des Gesetzes auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Aktuell verhandelt die Ukraine mit ihren Gläubigern über die Umstrukturierung eines Schuldenvolumen von 23 Milliarden US-Dollar. Die zähen und bisher ergebnislosen Verhandlungen gehen nun schon seit März und müssen bis zum 31. Juni abgeschlossen sein – dann will der IWF über die Auszahlung der nächsten Kredit-Tranche an den klammen Staat entscheiden.

Der IWF hat bevorzugten Gläubigerstatus, was heißt, dass seine Kredite auf jeden Fall zuerst bedient werden. Falls jedoch bis Juni keine Einigung mit den Gläubigern zustande kommt, müsste die Internationale Derivate- und Swap-Organisation offiziell die Pleite der Ukraine („credit event”) erklären.

Dann würde es auch um die europäischen Steuergelder schlecht stehen: Die Ukraine hat bei der EU elf Milliarden Euro Schulden. Bilaterale Kredite mit Deutschland und anderen Staaten sind dabei noch nicht mit eingerechnet. Bilaterale Kredite würden weiter bedient, versuchte die ukrainische Regierung zu beschwichtigen.

Russland: „Das ist der erste Schritt zur Staats-Pleite“

Dem US-Investmentfond Franklin Tempelton schuldet die Ukraine rund 10 Millionen Dollar – doch dieser weigerte sich bisher, überhaupt zu den Verhandlungen anzutreten. Russland bekommt von der Ukraine bis Ende 2015 noch 3 Milliarden US-Dollar (rund 2,6 Milliarden Euro), die Präsident Putin seinem damaligen Amtskollegen Viktor Janukowitsch im Dezember 2013 geliehen hatte, um Gas-Schulden zu begleichen und die Maidan-Proteste zu beenden. Was mit dem Geld tatsächlich geschah, weiß keiner genau zu sagen.

Russlands staatliche Nachrichtenagentur TASS zitiert einen Kreml-Sprecher, wonach das Schulden-Moratorium aus Sicht Moskaus als erster Schritt in die ukrainische Staats-Pleite interpretiert wird. Kiew habe eingestanden, der kommenden Staatspleite machtlos gegenüber zu stehen, ist auch die Meinung anderer russischer Beobachter.

Noch im September 2014 hatte der ukrainische Premier Yatsenyuk öffentlich gesagt: "Die Ukraine wird keinen Default erklären, da wir über die Ressourcen verfügen, um unsere Verpflichtungen zu erfüllen."

Sobald sich Kiew weigert, seine Verpflichtungen zu erfüllen, wird es zur Staatspleite kommen: Es wäre das Ende aller Kredit-Programme des Landes und würde die Ukraine von den ausländischen Kapitalmärkten abkapseln, was bedeuten würde, dass die Ukraine in den nächsten Jahren weder von der EU noch von den USA Geld leihen könnte.

Ein Nutzer der Deutschen Wirtschaftsnachrichten kommentierte: „Rette sich wer kann vor der Ukraine. Man sollte die ganze Ukraine Russland schenken. Aber ich befürchte, Putin will die Ukraine gar nicht haben, weil sie ihm zu kostspielig wäre.“



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