Korruptionsskandal bringt Selenskyj in Bedrängnis
Ukraine: Umbau im Energiesektor - Regierungschefin für schärfere Kontrolle von Staatsbetrieben
Eine Schmiergeldaffäre auf höchster Ebene erschüttert die Ukraine. Nun hat Präsident Selenskyj Reformen bei Energoatom, aber auch den Konzernen Ukrhidroenergo, Naftogaz und dem Betreiber des Gaspipelinesystems angekündigt.

Die ukrainische Regierungschefin Julia Swyrydenko hat eine schärfere Kontrolle von Staatsbetrieben angekündigt.
Foto: Vadym Sarakhan/AP/dpa
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor dem Hintergrund eines Korruptionsskandals einen Umbau an der Führungsspitze der wichtigsten Energiekonzerne im Land angekündigt. „Parallel zur vollständigen Überprüfung der finanziellen Tätigkeit muss eine Erneuerung der Verwaltung dieser Unternehmen losgehen“, schrieb er bei Telegram.
Er habe sich mit Regierungschefin Julia Swyrydenko über die nächsten Schritte dazu verständigt. Swyrydenko kündigte auch eine schärfere Kontrolle von Staatsbetrieben an.
Mehrere staatliche Unternehmen betroffen
So sollen innerhalb einer Woche die Voraussetzungen für einen neuen Aufsichtsrat bei Energoatom geschaffen werden, auch der Vorstand werde völlig erneuert.
Neben Energoatom gibt es auch Veränderungen in der Führungsetage des staatlichen Wasserkraftbetreibers Ukrhidroenergo, beim Betreiber des Gaspipelinesystems in der Ukraine und beim staatlichen Energieriesen Naftogaz. Entsprechende Ausschreibungen seien angesetzt.
Finanzielle Aktivitäten untersuchen
Laut Selenskyj wird eine „umfassende Prüfung“ der finanziellen Aktivitäten dieser Unternehmen vorgenommen. Ebenso sollten Führungskräfte und „Vertreter des Staates“, die dort tätig sind, ersetzt werden.
„Jedes in diesen Unternehmen aufgedeckte Schema muss schnell und gerecht beantwortet werden“, erklärte Selenskyj. Er versicherte, er habe die Regierungsverantwortlichen angewiesen, eine „konstante und konstruktive Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden und Antikorruptionsorganen“ aufrechtzuerhalten.
„Wir beginnen mit der Umstrukturierung der wichtigsten staatlichen Unternehmen im Energiesektor“, erklärte Selenskyj am Samstag in Onlinediensten. Demnach soll innerhalb einer Woche ein neuer Aufsichtsrat bei Enerhoatom eingesetzt werden.
Korruptionsskandal bringt Selenskyj in Bedrängnis
Die Ankündigung gilt als Flucht nach vorn von Selenskyj. Der Kernkraftwerksbetreiber Enerhoatom steht im Zentrum des jüngsten Korruptionsskandals.
Am 10. November hatte das ukrainische Antikorruptionsbüro bekannt gegeben, ein „kriminelles System“ aufgedeckt zu haben, das zur Veruntreuung von 100 Millionen Dollar (etwa 86 Millionen Euro) geführt habe, was zur Entlassung der Minister für Justiz und Energie führte.
Im Mittelpunkt der Affäre steht ein Vertrauter Selenskyjs, Timur Minditsch. Ihn beschuldigen Ermittler der weitverzweigten Korruption. Dem Staatsanwalt zufolge übte Minditsch „Kontrolle über die Anhäufung, Verteilung und Legalisierung von Geldern aus, die durch kriminelle Handlungen im Energiesektor der Ukraine erlangt wurden“.
Er wird zudem verdächtigt, Entscheidungen hochrangiger Regierungsbeamter beeinflusst zu haben, darunter Ex-Verteidigungsminister Rustem Umerow, der mittlerweile den nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat leitet. Ebenfalls zu den Verdächtigen in dem Fall zählt den Behörden zufolge der frühere Vize-Regierungschef Oleksij Tschernyschow.
Zwei Verdächtige flüchteten ins Ausland
Auf Ministerebene sind zwei Politiker wegen der Affäre zurückgetreten. Zwei Verdächtige, darunter Minditsch, haben sich ins Ausland abgesetzt.
Es ist der größte Korruptionsskandal in der Ukraine seit Kriegsbeginn. Für Selenskyj geht es nun darum, sich von den korrupten Funktionären aus seinem Umfeld abzugrenzen – auch um weitere Hilfen aus dem Ausland für sein Land nicht zu gefährden. (dpa/red)
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