USA: Impeachment könnte zur Totgeburt werden – Demokraten behindern Wahlkampf eigener Senatoren

Der erste Tag des Amtsenthebungsverfahrens gegen US-Präsident Donald Trump ist aus Sicht der Demokraten deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Es droht ein Scheitern im Schnelldurchlauf – während die eigenen Senatoren im Vorwahlkampf fehlen. Eine Amtsenthebung gilt als ausgeschlossen.
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Das US-Repräsentantenhaus in Washington.Foto: iStock
Von 22. Januar 2020

Seit Dienstag (21.1.) ist das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump, das die demokratische Mehrheit im US-Repräsentantenhaus auf den Weg gebracht hat, im Senat eröffnet. Nicht weniger als 13 Stunden lang debattierten die 100 Senatoren über eine Verfahrensordnung, ehe der Verfahrensleiter, Chief Justice John Roberts, ein Ergebnis verkündete.

Dass die Abstimmung strikt entlang der Parteilinien verlief und mit 53 zu 47 Stimmen die Mehrheit der Republikaner abbildete, sorgt in den Reihen der Demokraten bereits zum jetzigen Zeitpunkt für Ernüchterung. Insgeheim hatte man darauf gehofft, aus den Reihen Trump-kritischer oder linksliberaler Republikaner wie Mitt Romney (Utah), Susan Collins (Maine) oder Lisa Murkowski (Alaska) den einen oder anderen zumindest in Verfahrensfragen auf die eigene Seite ziehen zu können.

Nicht einmal Romney und Murkowski gingen mit

Dass selbst diese die Fraktionsdisziplin beibehielten, war nicht nur dem eigenen Kalkül geschuldet. Collins will im November einen umkämpften Sitz verteidigen und muss auf eine geeinte Basis zählen. Romney und Murkowski hätten größeren Spielraum, weil ihre Sitze in diesem Jahr nicht auf dem Spiel stehen. Dennoch haben auch sie keinem der etwa ein Dutzend Abänderungsanträge zugestimmt, die die Demokraten im Laufe des Mittwochs noch eingebracht hatten.

Am Ende bekam Mehrheitsführer Mitch McConnell jenen Ablauf, den er sich für den weiteren Fortgang gewünscht hatte. Ab heute Mittag (19 Uhr MEZ) werden die Anklagevertreter 24 Stunden – verteilt auf drei Tage – Zeit haben, ihre Vorwürfe, Trump habe im Zusammenhang mit der sogenannten Ukraine-Affäre seine Macht missbraucht und den Kongress behindert, zu begründen.

Die Anklage wird von sieben Personen vertreten, alle gehören der Demokratischen Partei an. Die höchstrangigen unter ihnen sind Adam Schiff (Kalifornien), der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, und Justizausschuss-Chef Jerrold Nadler (New York).

Anschließend sind Trumps Anwälte am Wort. Dieses Team besteht unter anderem aus dem früheren Harvard-Professor Alan Dershowitz, Regierungsberater Pat Cipollone und dem früheren Ermittler im Impeachment-Verfahren gegen Bill Clinton Ende der 1990er Jahre, Kenneth Starr. Haben beide Seiten gesprochen, haben die Senatoren insgesamt 16 Stunden lang Zeit, um Fragen zu stellen. Diese müssen zuvor schriftlich beim Obersten Richter John Roberts eingereicht worden sein.

Vorwürfe beruhen auf vagen Hypothesen

Der 64-jährige Roberts war 2005 vom damaligen Präsidenten George W. Bush als Höchstrichter nominiert worden und folgte dort nach dessen Tod William Rehnquist nach. Entscheidungen, die er trifft, können im Verfahren mit einer Mehrheit von 51 Stimmen außer Kraft gesetzt werden.

Kern der Vorwürfe ist, Donald Trump habe sein Amt zum persönlichen Vorteil missbraucht, indem er versucht habe, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski durch die Androhung, vom Kongress bereits beschlossene Militärhilfe für das osteuropäische Land zurückzuhalten, zu einer Untersuchung des Gebarens der Familie Biden in der Ukraine zu drängen. Der frühere Vizepräsident Joe Biden gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Vorwahlen bei den Demokraten, sein Sohn war seit 2014 über mehrere Monate hinweg im Vorstand eines ukrainischen Energieunternehmens tätig, das – allerdings bezogen auf einen Zeitraum vor Bidens Wechsel in den Vorstand – im Verdacht der Korruption stand.

Für diese angebliche Nötigung des ukrainischen Präsidenten gibt es bislang ausschließlich Zeugen von Hörensagen. Selenski selbst hat die gegen Trump gerichteten Vorwürfe nicht bestätigt.
Zudem beschuldigen die Demokraten Trump, den Kongress blockiert zu haben, indem er aktuellen und früheren Beratern die Genehmigung verweigert hatte, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen auszusagen. Aus Davos schrieb Trump dazu am Montag auf Twitter:

Sie wollten John Bolton und andere nicht im Repräsentantenhaus haben, dafür waren sie zu sehr in Eile. Jetzt wollen sie all die Leute im Senat haben. Das wird es nicht geben.“

Amtsenthebung gilt als ausgeschlossen

Der Senat kann im Rahmen des Verfahrens Einsicht in Regierungsdokumente oder die Vorladung von Zeugen verlangen. Die Demokraten fassen unter anderem die Anhörung des amtierenden Stabschefs des Weißen Hauses, Mick Mulvaney, oder des früheren Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton ins Auge. Ihr Problem: Für jeden Antrag benötigen sie die erforderliche Mehrheit von 51 Stimmen. Und dass sie diese mithilfe republikanischer Abweichler auf die Beine stellen können, erscheint nach dem gestrigen Eröffnungstag als noch unwahrscheinlicher.

Am Ende soll der Senat über jeden der beiden Anklagepunkte gegen Trump einzeln abstimmen. Um den Präsidenten seines Amtes zu entheben, wäre jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit von 67 Senatoren erforderlich. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Senat und noch mehr angesichts des gestrigen Verlaufs der Verfahrensabstimmung gilt eine solche als illusorisch. Das Impeachment-Verfahren sollte aus Sicht der Demokraten Trump im Wahljahr schaden und republikanische Senatoren unter Druck setzen.

Es erscheint als durchaus denkbar, dass das Impeachment-Verfahren zum entscheidenden Eigentor für die Demokraten wird. Die republikanische Basis wird sich entschlossener denn je hinter ihren Präsidenten stellen. Amerikaner, die von Trumps Wirtschaftspolitik profitieren, haben kein Verständnis dafür, auf einer so dünnen Faktenbasis das als Ultima Ratio im Fall einer Staatskrise gedachte Mittel des Amtsenthebungsverfahrens zu bemühen.

Trump: „Schmierlappen“ hinter dem Verfahren

Die straffe Verfahrensordnung, die McConnell durchsetzen konnte, eröffnet auch wenig Spielraum, das Verfahren zu Wahlkampfzwecken zu instrumentalisieren. Das Verfahren könnte bis Ende nächster Woche beendet und gescheitert sein – und Trump könnte als Sieger am 4. Februar vor dem Kongress seine Rede zur Lage der Nation halten.

Da die 100 Senatoren unter Anwesenheitspflicht stehen und in der Zeit der Anhörungen nicht einmal ihre Mobiltelefone benutzen dürfen, werden gleichzeitig die demokratischen Bewerber um die Präsidentschaft, die in dem Gremium sitzen, am Wahlkampf gehindert.

Trump selbst kann den Prozess weiter vom Smartphone aus mit Kommentaren auf Twitter begleiten – und den Narrativ befeuern, die Demokraten seien immer noch so sehr damit beschäftigt, ihre Wahlniederlage von 2016 rückgängig zu machen, dass sie gar nicht mehr in der Lage wären, Politik für das Land zu machen.

Von der Schweiz aus nannte Trump auch heute wieder das Impeachment-Verfahren einen „Schwindel“. Führende Demokraten seien „große Schmierlappen“. Der Senat solle seine Entscheidung treffen.
(Mit Material von afp)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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