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Analyse

plus-iconVerhandlungsmarathon in Florida scheitert

USA sehen in Russland keine „unmittelbare Gefahr“ mehr

Drei Tage Friedensverhandlungen in Miami und kein Durchbruch. Die Fragen zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine und die Abtretung von Gebieten an Russland bleiben weiterhin offen. Zur gleichen Zeit veröffentlichte Trump seine Nationale Sicherheitsstrategie, in der Russland nicht mehr als „unmittelbare Gefahr“ bezeichnet wird.

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Russlands Präsident Wladimir Putin trifft sich im Kreml in Moskau mit US-Sondergesandtem Steve Witkoff und Jared Kushner, dem Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, am 2. Dezember 2025.

Foto: Alexander KAZAKOV / POOL / AFP via Getty Images

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Lesedauer: 8 Min.

Die Verhandlungen zwischen Vertretern der USA und der Ukraine in Miami, um einen Frieden in der Ukraine zu erreichen, sind ohne substanzielle Ergebnisse zu Ende gegangen. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, die beide im Oktober erfolgreich das Gaza-Abkommen ausgehandelt hatten, saßen mit dem ukrainischen Chef-Unterhändler Rustem Umjerow und dem Generalstabschef Andrij Hnatow in Miami zusammen, um zu besprechen, zu welchen Zugeständnissen die Ukraine bereit wäre. Nicht mit am Tisch waren Vertreter Russlands.
Den Gesprächen in Miami waren Verhandlungen von Kushner und Witkoff mit Putin in Moskau vorausgegangen. Trump sagte am 3. Dezember vor der Presse im Weißen Haus, die US-Delegation habe „ein ziemlich gutes Treffen“ mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gehabt. Witkoff und Kushner seien davon überzeugt, „dass Putin den Krieg beenden möchte“. Allerdings räumte der US-Präsident ein: „Ich weiß nicht, was der Kreml vorhat. (…) Wir werden es herausfinden.“

Selenskyj will „umsetzbare“ Schritte

Auf dem Höhepunkt der dreitägigen Verhandlungen in Miami schaltete sich am 6. Dezember der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video-Anruf ein. Danach zeigte sich Selenskyj in einem Post auf X „entschlossen, weiterhin in gutem Glauben mit der amerikanischen Seite zusammenzuarbeiten, um wirklich Frieden zu erreichen.“
Er kündigte an, dass es „nächste Schritte und Formate für Gespräche mit den Vereinigten Staaten“ geben werde. „Nicht alles lässt sich am Telefon besprechen“, schrieb Selenskyj. Er werde nun auf die Rückkehr seiner beiden Unterhändler warten, damit sie an „Ideen und Vorschlägen“ arbeiten können. „Unser Ansatz lautet, dass alles umsetzbar sein muss – jede wichtige Maßnahme für Frieden, Sicherheit und Wiederaufbau“, gab Selenskyj auf X bekannt.
Während der Verhandlungen in Miami griff Russland weiterhin die Ukraine großflächig mit mehr als 650 Drohnen und 51 Raketen an. Wie ukrainische Medien berichteten, seien Energieanlagen, Eisenbahnstrecken und Wohngebiete die Hauptziele gewesen.

USA: Russland „keine direkte Bedrohung“ mehr

Während der Gespräche zwischen den USA und der Ukraine in Florida veröffentlichte Trump seine Nationale Sicherheitsstrategie, in der Russland nicht mehr – wie in früheren Papieren seines Vorgängers Joe Biden – als „unmittelbare Gefahr“ bezeichnet wird.
Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wird am 7. Dezember von der staatlichen Nachrichtenagentur TASS indirekt mit den Worten zitiert, dass Russland die Entscheidung der US-Regierung, ihre nationale Sicherheitsstrategie zu überarbeiten und Russland nicht mehr als „direkte Bedrohung“ zu bezeichnen, begrüße. Peskow habe gegenüber „TASS“ erklärt, dass das aktualisierte Dokument keine Formulierungen mehr enthalte, die Russland als direkte Bedrohung beschreiben, sondern stattdessen zur Zusammenarbeit mit Moskau in Fragen der strategischen Stabilität aufrufe. „Wir betrachten dies als einen positiven Schritt“, sagte Peskow laut „TASS“.
Genau die gegenteilige Ansicht zu Trumps Strategiepapier vertraten die Außenminister der NATO-Staaten bei ihrem Treffen am 3. Dezember. Dort wurde zum Ende des Treffens Russland in einem Statement des NATO-Generalsekretärs Mark Rutte erneut angeprangert: „Wir sind mit realen und anhaltenden Gefahren konfrontiert. Russland setzt seinen brutalen Krieg gegen die Ukraine fort“, sagte Rutte.
Russland zeige zudem auch gegenüber der NATO „zunehmend rücksichtsloses Verhalten, indem es beispielsweise unseren Luftraum verletzt, Cyberangriffe durchführt und Spionageschiffe einsetzt, um die Unterwasserinfrastruktur der Bündnispartner zu kartografieren. Diese Vorfälle unterstreichen die Notwendigkeit einer unerschütterlichen Wachsamkeit“, erklärte der NATO-Generalsekretär.

USA wollen sich nicht in europäische Angelegenheiten einmischen

In der am 5. Dezember veröffentlichten amerikanischen Nationalen Sicherheitsstrategie wird betont: „Sich auf alles zu konzentrieren bedeutet, sich auf nichts zu konzentrieren“. Vielmehr müssten „die zentralen nationalen Sicherheitsinteressen Amerikas“ im Mittelpunkt stehen (S. 8). Die amerikanische Außenpolitik wird künftig als „flexibler Realismus“ (S. 9) beschrieben.
Außerdem möchte Trump für die USA die amerikanische Monroe-Doktrin aus dem 19. Jahrhundert wiederbeleben. Diese im Jahr 1823 vom damaligen US-Präsidenten James Monroe aufgestellte Doktrin besagt unter anderem, dass sich die USA nicht in europäische Angelegenheiten einmischen.
Das neue Strategiepapier warnte auch davor, dass Europas Probleme tiefer liegen als nur in unzureichenden Militärausgaben oder wirtschaftlicher Stagnation. Zu den größeren Problemen Europas zählen Vorschriften, die Kreativität und Leistungsbereitschaft hemmen, Migrationspolitik, sinkende Geburtenraten, Einschränkungen der Meinungsfreiheit sowie der Verlust nationaler Identität und des Selbstvertrauens. Das Dokument spricht vor diesem Hintergrund von der Gefahr einer „zivilisatorischen Auslöschung“.
Zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine heißt es in dem Strategiepapier: „Der Krieg in der Ukraine hat den perversen Effekt gehabt, dass er die Abhängigkeit Europas, insbesondere Deutschlands, vom Ausland verstärkt hat. Heute bauen deutsche Chemieunternehmen einige der weltweit größten Verarbeitungsanlagen in China und nutzen dabei russisches Gas, das sie im eigenen Land nicht bekommen können.“
Die Regierung unter Präsident Trump stehe „im Widerspruch zu europäischen Politikern, die unrealistische Erwartungen an den Krieg haben und sich in instabilen Minderheitsregierungen befinden, von denen viele grundlegende Prinzipien der Demokratie mit Füßen treten, um die Opposition zu unterdrücken“, heißt es dort auf Seite 26.
Washington strebe eine rasche Lösung des Konflikts in der Ukraine an und wolle die „strategische Stabilität“ mit Moskau wiederherstellen. Allerdings räumte die US-Regierung ein, dass „Russlands Vorgehen in der Ukraine ein zentrales Sicherheitsproblem“ bleibe, heißt es in dem Strategiepapier.

Europäer: Eigene Beratung zur Ukraine in London

Die Europäer wollen in dieser Woche erneut eigene Gespräche über eine Friedenslösung in der Ukraine führen. Wie britische Medien berichten, habe der britische Premierminister Keir Starmer Selenskyj, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Friedrich Merz zu Beratungen nach London eingeladen. Vor zwei Wochen wurde in gleicher Konstellation über die Bereitstellung einer europäischen Friedenstruppe beraten. Diese soll in der Ukraine zum Einsatz kommen, sobald ein Waffenstillstand erreicht worden ist.
Die westeuropäischen Staats- und Regierungschefs sowie Selenskyj hatten Trumps 28 Punkte umfassenden Friedensplan für die Ukraine, den dieser am 21. November vorgelegt hatte, als zu russlandfreundlich heftig kritisiert. Darin war vorgesehen: kein NATO-Beitritt für die Ukraine, eine deutlich verkleinerte Armee sowie Gebietsabtretungen an Russland im Südosten der Ukraine.
Stattdessen wollen die Westeuropäer in Einklang mit Kiew die Festschreibung der Achtung der territorialen Integrität der Ukraine erreichen. Zudem soll die Option eines NATO-Beitritts der Ukraine erhalten bleiben. Auch die Aufrechterhaltung einer starken ukrainischen Armee wird von den Westeuropäern angestrebt.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hingegen unterstützt den Trump-Plan und besprach sich selbst mit Putin am 28. November in Moskau. Orbán, der gleich gute Beziehungen zu Trump wie zu Putin unterhält, brachte erneut die ungarische Hauptstadt für ein Gipfeltreffen von Putin und Trump ins Gespräch.
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für Epoch Times. Ferner war er von 1995 bis August 2023 Reserveoffizier im Dienstgrad Oberstleutnant und nahm an Auslandseinsätzen teil, unter anderem zehn Monate im Irak.

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