Verbraucher sind einer wahnsinnigen Werbung ausgesetzt

Titelbild
Verbraucherministerin Renate Künast (Bild-Gettyimages)
Von 28. Februar 2005

Mehr Schutz und Aufklärung für den Verbraucher

Am Donnerstag, dem 17. Februar, wurde im Bundestag der Verbraucherpolitische Bericht 2004 vorgestellt und debattiert. „Wir wollen die Nachfrageseite zu einer gestaltenden Kraft machen ,“ beschreibt Manfred Zöll von der SPD-Fraktion den Kerngedanken. Sprich, mehr Transparenz und Information – vom Stall bis zum Teller. Für die Grünen-Politikerin Ulrike Höfgen ist Verbraucherpolitik eine wichtige Frage der Lebensqualität und der sozialen Gerechtigkeit. Sie soll den Rahmen setzen: einerseits im Hinblick auf die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit, andererseits – und gleichwertig dazu – im Hinblick auf den Schutz von Verbrauchern, die dieses Schutzes bedürfen.

Bundesministerin Renate Künast, stellt als aktuelles Beispiel das neue Lebens- und Futtermittelgesetz vor. Man habe aus der gesamten Kette von elf Gesetzen eines gemacht, um so alle Produktstufen miteinander zu verbinden. Ziel sei, in höchstem Masse Sicherheit herzustellen durch eine lückenlose Rückverfolgung der Produkte. Diese würde neben der Transparenz für den Bürger, auch den wirtschaftlichen Schaden begrenzen helfen, etwa bei Rückrufaktionen.

Verbraucherministerin tritt ein für deutsche Standards

Gerda Hasselfeld von der CDU spricht die hohe Qualität und regionale Vielfalt der deutschen Produkte aus der Landwirtschaft an und kritisiert in Zusammenhang damit die oft strengeren Auflagen in Deutschland, im Verleich zu anderen EU-Ländern – die diesem Zweig der Wirtschaft das Leben immer schwerer machen würden. Hier will die Regierung jedoch hart bleiben. Trotz mehr Liberalisierung innerhalb des EU-Binnenmarktes, dürften Schutzstandards für die Gesundheit der Menschen nicht abgesenkt werden. Das beträfe auch einen ordentlichen und fachlichen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Einerseits ginge es darum, eigenes Obst und Gemüse rückstandsfrei zu halten, andererseits wolle man erreichen, dass auch Dienstleister aus anderen EU-Mitgliedsstaaten die Standards nicht unterlaufen.

Der Regierung wurde ebenso vorgeworfen, mit immer mehr Bestimmungen und Regelungen, die Vereinfachung im Verwaltungsbereich eher zu behindern. Hier aber kommt wieder zum Tragen, dass der Verbraucher durch den Konsumdruck der Wirtschaft in allen Bereichen sehr stark manipuliert wird. Und vor allem Kinder, als die schwächsten Glieder der Gesellschaft, „sind hier einer wahnsinnigen Werbung ausgesetzt“, betont Künast. Ein wichtiger Punkt war die Handykostenfalle, die einer Mutter schnell mal eine 400 Euro Rechnung ihres Kindes bescheren kann. Hier erhofft man sich durch die neuen Gesetze im Telekommunikationsbereich Abhilfe. Außerdem hätten schon zwei Mobilfunkanbieter reagiert und gesonderte Verträge für Jugendliche auf den Markt gebracht.

Ein weiteres Gesellschaftsproblem sind Betrügereien, etwa im Immobiliensektor oder auch bei Versicherungen. Man erinnere sich an den Schrottimmobilienskandal in den 90igern, bei dem mindestens 300.000 Betroffene auf raffinierte Weise, unter den Augen der Banker, hereingelegt wurden. Wertlose Immobilien wurden mit falschen Versprechungen zu deutlich überteuerten Preisen an den Mann und an die Frau gebracht. Und das Zauberwort „Steuerfreie Auszahlung“ lockte Ende letzten Jahres noch zu einem schnellen Abschluss einer Kapitallebens- oder Rentenversicherung. Dabei hatten aber viele übersehen, dass sie sich damit langfristig finanziell binden. Jetzt suchen sie nach Möglichkeiten, sich ohne Verluste aus dem Vertrag zu lösen. Frau Künast hofft, mit ihrer aktiven Verbraucherpolitik, hier konkret mit dem Versicherungsvermittlungsgesetz,voranzukommen: „Man wolle nicht, dass dem Verbraucher etwas aufgeschwätzt werden könne. Aufgabe der Politik wär hier, dafür zu sorgen, dass die Berater eine Mindestqualifikation haben.

Kommentar

Bevormundung? – Oder Aufklärung

Die Debatte zur Verbraucherpolitik steht im Schatten von 5 Millionen Arbeitslosen.Wie man es auch dreht und wendet, der Verbraucher hat schlicht immer weniger Möglichkeiten einer freien, auch auf ethischen oder ökologischen Werten basierenden, Kaufentscheidung. Auch die Ermahnung an die Unternehmen, ihrer moralischen Verpflichtung am Standort Deutschland nachzukommen, stößt auf Unverständnis, denn dort wird rein nach ökonomischen Gesichtspunkten entschieden. Eine qualifizierte Näherin in Mazedonien arbeitet für 150 Euro im Monat, ein Arbeiter in China für 70 Euro.

Während die unteren Einkommensgruppen schon in der Misere stecken, sind die Parteien noch am Streiten und die Schuldigen werden immer in der anderen Partei gesucht. Die Regierung möchte durch Aufklärungsprogramme, Gesetzesänderungen und Gütesiegel ein bewussteres Kaufverhalten erreichen – „Bevormundung“ nennt das die Opposition. Allein den Markt entscheiden zu lassen, ist nicht praktikabel, solange es in allen Bereichen immer wieder schwarze Schafe gibt, die die Gutgläubigkeit der Menschen ausnutzen.

Doch noch sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft; man kann bei sich selber anfangen, und das schon bei der Wortwahl. Vielleicht sollte man einmal seinem Kollegen von der anderen Partei nicht Unfähigkeit vorwerfen und die Kollegin nicht Lügnerin nennen. Vielleicht sollte man einmal auch zugeben, oder nachfragen, wenn man eine Sachlage nicht vollständig überschauen kann. Wie wäre es, wenn die Politiker, als Vorbilder des Landes, es schaffen könnten, einen guten Antrag schnell und unbürokratisch zu unterstützen, eine Idee des „Gegners“ anzunehmen, gemeinsame Sache zu machen. Ein solches Vorgehen würde zusätzliche Kapazitäten freisetzen, die dann wiederum in neue Herausforderungen investiert werden können. Könnte nicht genau so die Abwärtsspirale gestoppt werden, in einem Land, in dem die Kultur des Dialogs doch schon etwas ausgereifter sein müsste?

Ein Unternehmensberater sagte neulich: „Heute muss man gut aufpassen, um beim Abschluss eines Vertrages nicht übers Ohr gehauen zu werden. Bei meinem Vater war das noch anders. Da wurde ein Geschäft mit einem einfachen Handschlag besiegelt, und man wusste, dass man sich darauf verlassen konnte. Das hat natürlich zu einer erheblichen Einsparung von Ressourcen beigetragen“.



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