Verschwindet die BBC hinter der Paywall? Johnson soll weitreichende Reform des Rundfunks planen

Die britische Regierung soll eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren. Bereits ab 2022 soll Gebührenverweigerung straffrei werden. Bis 2027 soll aus der BBC ein Abo-Sender werden und der Schwerpunkt wieder auf dem World Service liegen.
Titelbild
Reporter und Kamerateams von Fernsehgesellschaften aus aller Welt versammeln sich vor dem Hauptsitz des BBC-Broadcasting House.Foto: iStock
Von 17. Februar 2020

Die Regierung unter Premierminister Boris Johnson in London scheint mit ihrer Ankündigung einer tiefgreifenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des BBC ernst zu machen. Unter Berufung auf ungenannte Quellen schreibt der „Guardian“, die Downing Street sei „entschlossen“, die Marktmacht des Anbieters zu beschränken und das derzeit geltende Beitragsmodell in ein Abomodell umzuwandeln.

Die „Sunday Times“ habe demnach in Erfahrung gebracht und am Sonntag (16.2.) erwähnt, dass die BBC dazu gedrängt werden könnte, im Zuge eines „massiven Rückbaus“ die meisten ihrer mehreren Dutzend Radiosender zu verkaufen. Dazu komme das Ende der Rundfunkgebühr zu Gunsten eines Bestellmodells. Johnson soll hinzugefügt haben: „Wir werden sie zerschlagen.“

Außerdem soll die Anzahl der TV-Kanäle von BBC reduziert werden. Die aufwendig gestaltete Webseite soll abgespeckt werden, zudem soll es den Starreportern untersagt werden, zusätzlich zu ihrer Tätigkeit noch gut bezahlte Zweitjobs auszuüben.

BBC – Von eigentlicher Aufgabe entfernt

Bereits zuvor hatte die Regierung davon gesprochen, das Verweigern der Bezahlung von Rundfunkbeiträgen zu entkriminalisieren. Minister hatten vorgeschlagen, das Gebührenmodell bis zur turnusmäßigen Neufassung der BBC-Satzung im Jahr 2027 endgültig zu beenden. Die Federführung bei der Reform soll der alte und neue Kulturminister John Whittingdale haben. Bereits ab 2022 soll die Gebührenverweigerung sanktionslos bleiben. Die Maßnahme könnte der BBC jährlich Einnahmenausfälle bis zu 200 Millionen Pfund und damit etwa ein Sechstel ihres Etats bescheren.

Gegner der Reform werfen den regierenden Konservativen vor, sich auf diese Weise lediglich für kritische Berichterstattung rächen zu wollen. Demgegenüber gibt man in Regierungskreisen zu bedenken, dass die BBC so aufgebläht und omnipräsent sei, dass dies zum einen dem Markt schade und zum anderen der Sender seiner ursprünglichen Aufgabe nicht mehr gerecht werde.

Diese bestand darin, von Großbritannien aus weltweit eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Nachrichten und Analysen anzubieten. Dorthin soll der Sender nach dem Willen der Downing Street jetzt auch wieder zurück. Eine Quelle erklärte gegenüber der Sunday Times:

„Sie sollen ein paar TV-Sender, eine Handvoll Radioprogramme und eine sehr stark abgespeckte Onlinepräsenz unterhalten. Im Gegenzug sollen mehr Geld und Anstrengungen in den World Service fließen, der ja eigentlich zu ihrem Kerngeschäft gehört. Der Premierminister ist sehr stark der Auffassung, dass es hier eine ernsthafte Reform geben muss.“

Übertragung von Königshochzeiten gefährdet?

Der Chef der BBC, Sir David Clementi, verteidigte in der Vorwoche das Gebührensystem und warnte, die Programme hinter eine Paywall zu bringen, würde die Fähigkeit der BBC unterminieren, „das Land zusammenzubringen“. Mit einem solchen Modell wären nicht nur Kinder-, Bildungs- oder Regionalprogramme gefährdet, warnt Clementi, auch die Übertragung von Hochzeiten im Königshaus, der Olympischen Spiele oder die Promi-Tanzsendung „Strictly Come Dancing“ könnten nicht mehr gewährleistet werden.

Aus dem Umfeld des Premierministers sei demgegenüber, so heißt es aus einer weiteren Quelle der Sunday Times, auch massive Kritik an den Gehältern der Starreporter von BBC laut geworden. Diese würden zudem noch erhebliche Nebeneinkünfte beziehen. Man solle sie dazu veranlassen, diese wohltätigen Zwecken zukommen zu lassen, meint ein Johnson-Berater:

„Es ist empörend, dass Leute, die sich auf Steuerzahlers Kosten einen Namen machen und bereichern, sich selbst noch zusätzliche Einkünfte und Gewinne verschaffen. Sie bauen sich mit Steuergeldern selbst zur Marke auf und sahnen ab. Die BBC sollte diese Praxis schnell beenden und das Geld für gute Zwecke spenden.“

Als Quelle wird der führende Johnson-Berater Dominic Cummings vermutet. Eine offizielle Bestätigung der Pläne gibt es noch nicht, Verkehrsminister Grant Shapps erklärte gegenüber Medien, man sei erst in der Findungsphase, von einer Entscheidung könne noch keine Rede sein.

BBC objektiver wahrgenommen als deutsche Öffentlich-Rechtliche

Eine Untersuchung der Universität Oxford mit dem Reuters-Institut für journalistische Studien über die öffentlich-rechtlichen und die jeweils führenden privaten Medien in acht europäischen Ländern, die im September veröffentlicht wurde, listet die BBC neben der finnischen Yle und der spanischen RTVE unter jenen öffentlich-rechtlichen Anstalten, die als verhältnismäßig ausgewogen angesehen werden. Zumindest weichen Sehverhalten und Einschätzungen zwischen Zuschauern des Mitte-Links- und des Mitte-Rechts-Spektrums bezüglich der BBC nicht signifikant voneinander ab.

Ganz anders die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender: Sie senden ausschließlich für ein Zuschauersegment, das sich selbst als Mitte-Links bis eindeutig links einstuft. Noch weiter links steht unter den untersuchten öffentlich-rechtlichen Anstalten nur noch der griechische Sender ERT.



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