Verzweiflung auf dem Rollfeld – Afghanen klammern sich an aufsteigende Flugzeuge

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Flughafen Kabul: Tausende Afghane sind auf das Flughafengelände geflüchtet.Foto: WAKIL KOHSAR/AFP via Getty Images
Epoch Times16. August 2021

Es sind Bilder der puren Verzweiflung vom Flughafen in Kabul: Hunderte Männer rennen neben einem davon rollenden Flugzeug der US Air Force her – einige versuchen sogar noch, sich daran festzuklammern.

Anderswo versuchen hunderte Menschen, sich in ein Frachtflugzeug zu zwängen. Wieder anderswo am Flughafen drängen Menschen eine Fluggastbrücke hoch, die sich unter der Last bereits biegt. Einige Menschen hängen von den Seiten herunter.

Die Videos auf den Online-Plattformen zeigen traumatische Szenen, die Gefahr ist nur allzu real: Die afghanische Hauptstadt Kabul, die noch vor kurzem als relativ sicherer Ort in Afghanistan galt, ist in die Hände der radikalislamischen Taliban gefallen. 20 Jahre, nachdem die USA die Miliz vertrieben hatten, patrouillieren deren Kämpfer wieder offen durch die Straßen.

Ein „Alptraum“ für viele Menschen

Für zahlreiche Menschen in Kabul ist ein Alptraum wahr geworden. Tausende Männer, Frauen und Kinder sind auf das Flughafengelände geflüchtet, das vom US-Militär gesichert wird. Manche haben sich bereits in geparkte Flugzeuge gesetzt – und einige sitzen sogar auf deren Dächern.

Die US-Soldaten haben auf dem Rollfeld Panzerwagen und Maschinengewehre in Position gebracht. Mit Stacheldraht versuchen sie, die Menschen zurückzuhalten. Augenzeugen berichten von Schüssen in die Luft, mit denen die Soldaten die aufgebrachten Massen unter Kontrolle zu halten versuchen.

„Ich habe Angst. Sie feuern viele Schüsse in die Luft“, sagt ein Mann der Nachrichtenagentur AFP. „Ich habe gesehen, wie ein junges Mädchen überfahren und getötet wurde“, berichtet er weiter.

Gerüchte und Falschmeldungen

Der kommerzielle Flugverkehr ist eingestellt. Die Flughafenverwaltung und die US-Botschaft rufen die Menschen auf, nicht mehr zum Hamid-Karsai-Flughafens zu kommen –  scheinbar vergeblich. Wegen der vielen Menschen auf dem Rollfeld können zumindest am Montagvormittag nach Angaben einer Außenamtssprecherin in Berlin zeitweise keine Flugzeuge abheben.

Anders als die westlichen Botschaftsmitarbeiter und afghanischen Ortskräfte, die für die westlichen Regierungen gearbeitet haben, haben die meisten Menschen auf dem Rollfeld weder Visa noch Tickets für die Flucht.

Viele der Menschen werden durch Gerüchte oder Falschmeldungen im Netz angezogen. „Ich habe auf Facebook gelesen, dass Kanada Asylanträge aus Afghanistan annimmt“, sagt ein Mann, der nach eigenen Angaben Soldat in der afghanischen Armee war. Er sei deshalb in Gefahr: „Die Taliban haben es definitiv auf mich abgesehen“, sagt er.

Taliban-Kämpfer in Konfrontation mit US-Soldaten

Dass einige der Taliban-Kämpfer auch vor der Konfrontation mit den US-Soldaten nicht zurückschrecken, zeigt ein Bericht des Portals „Business Insider“, das aus einem Kanzleramts-Protokoll zitiert: Demnach griffen Taliban-Kämpfer am späten Sonntagnachmittag den militärischen Teil des Flughafens an. Der Angriff sei von US- und türkischen Soldaten abgewehrt worden.

Während der Angriff lief, befanden sich laut „Business Insider“ etwa 70 Deutsche, darunter Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, von Sicherheitsdiensten und der Bundespolizei, im militärischen Teil des Flughafens. Wegen des Angriffs wurde ihr Evakuierungsflug offenbar über Stunden verschoben.

In der Nacht konnten dann rund 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft aus Kabul in einem US-Flugzeug nach Doha ins Emirat Katar ausfliegen, wie aus Verteidigungskreisen verlautete.

In Kabul selbst ist es am Montag vergleichsweise ruhig: Die Straßen sind weniger belebt als am Vortag, während die Islamisten Kontrollposten in der Stadt errichten.

Kämpfer mit Gewehren über den Schultern laufen durch die Straßen der Grünen Zone – dem ehemals stark befestigten Viertel, in dem die meisten der mittlerweile verwaisten Botschaften und internationalen Organisationen untergebracht sind. (afp/dl)



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