Regierungskritische Massenproteste in Chabarowsk – 55 Personen festgenommen

In der ostrussischen Stadt Chabarowsk gingen erneut tausende Menschen gegen die Festnahme des Provinzgouverneurs Sergej Furgal auf die Straße. Landesweit solidarisierten sich Menschen mit den Protestlern in Chabarowsk.
Titelbild
"Putin, warum" - fragt eine Frau während einer nicht genehmigten Kundgebung zur Unterstützung von Sergej Furgal in der russischen Stadt Chabarowsk im Fernen Osten am 1. August 2020.Foto: ALEKSANDR YANYSHEV/AFP über Getty Images
Epoch Times2. August 2020

Das vierte Wochenende in Folge haben in der ostrussischen Stadt Chabarowsk tausende Menschen gegen die Festnahme des Provinzgouverneurs Sergej Furgal demonstriert. Auch in anderen Teilen Russlands gingen Menschen wegen der Absetzung des Kreml-kritischen Gouverneurs auf die Straße.

Landesweit wurden 55 Demonstranten festgenommen, wie die Menschenrechtsgruppe OWD-Info mitteilte. Die Massenproteste gehören zu den größten Demonstrationen gegen die Regierung in Moskau seit Jahren.

Bei strömendem Regen zogen die Demonstranten am Samstag durch die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im fernen Osten Russlands und riefen Kreml-kritische Parolen. Viele Demonstranten schwenkten russische Flaggen und hielten Schilder mit Aufschriften wie „20 Jahre – Kein Vertrauen“ in die Höhe, mit denen sie auf den seit dem Jahr 2000 regierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin anspielten.

3.500 oder 30.000 Teilnehmer an den Protesten?

Nach Schätzung von Journalisten nahmen an der Demonstration rund 30.000 Menschen teil. Das Rathaus von Chabarowsk bezifferte die Teilnehmerzahl dagegen nur auf 3500 und gab an, dass das Interesse an den Protesten „schwinden“ würde. Im Vergleich zur Vorwoche fiel der Protest auch sichtbar kleiner aus. Lokale Medien hatten die Zahl der Demonstranten damals auf 35.000 bis 50.000 geschätzt.

Unterstützt wurden die Demonstranten in Chabarowsk am Samstag auch von hunderten Menschen, die im 750 Kilometer entfernten Wladiwostok an einer Solidaritätskundgebung teilnahmen. Nach Angaben von OWD-Info wurden im Zusammenhang mit den Demonstrationen in Wladiwostok fünf Menschen festgenommen, 21 weitere in St. Petersburg und 13 in Moskau.

Furgal war am 9. Juli festgenommen, nach Moskau gebracht und in Untersuchungshaft genommen worden. Ihm wird vorgeworfen, vor 15 Jahren mehrere Morde an Geschäftsleuten in Auftrag gegeben zu haben. Der 50-jährige Provinzgouverneur von der ultrarechten Liberaldemokratischen Partei (LDPR) weist die Vorwürfe zurück.

Furgal erreichte bei den Gouverneurswahlen fast 70 Prozent der Stimmen

Die Anhänger des Gouverneurs sehen die Verhaftung als politisch motiviert an und als einen Versuch des Kreml, einen Gegner der Regierungspartei Geeintes Russland zum Schweigen zu bringen. „Einen Gouverneur auf diese Weise zu fassen, als wäre er der schlimmste Verbrecher – das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Wähler, die für ihn gestimmt haben“, sagte der 40-jährige Demonstrant Stanislaw Nasonow der Nachrichtenagentur AFP.

Auch der Pensionär Pjotr Smirnow zeigte sich empört: „Unsere Wahlfreiheit wird uns genommen“, sagte der 65-Jährige.

Wir protestieren, um dieses Fenster wieder zu öffnen. Das tun wir nicht nur für uns, sondern auch für das Wohl von ganz Russland.“

Furgal hatte bei den Gouverneurswahlen 2018 fast 70 Prozent der Stimmen in der Region Chabarowsk geholt und den Kandidaten der Regierungspartei Geeintes Russland geschlagen.

Ende Juli hatte Putin ihn offiziell abgesetzt und den LDPR-Abgeordneten Michail Degtjarjew als Interimsgouverneur eingesetzt. Viele Menschen aus Chabarowsk lehnen den 39-Jährigen ab, weil er nicht aus der Region stammt und wenig Erfahrung hat. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion