Wahlen in Großbritannien: Verluste für Johnsons Konservative

Nach ersten Ergebnissen ist genau das eingetreten, was viele Konservative befürchtet haben dürften. Ein Gesamtbild steht aber noch aus. In Nordirland könnte die Partei Sinn Fein erstmals stärkste Kraft werden.
Setzen die Wähler Premier Boris Johnson unter Druck? Und schreibt Nordirland Geschichte?
Setzen die Wähler Premier Boris Johnson unter Druck? Und schreibt Nordirland Geschichte?Foto: Tejas Sandhu/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Epoch Times6. Mai 2022

Bei den Kommunalwahlen in Großbritannien haben die Konservativen von Premierminister Boris Johnson ersten Ergebnissen am Freitagmorgen zufolge schmerzhafte Verluste hinnehmen müssen.

So konnte die oppositionelle Labour-Partei erstmals die Kontrolle über den Bezirksrat im Londoner Innenstadtbezirk Westminster erringen, in dem sich die Regierungsgebäude und viele Wahrzeichen der Stadt befinden. Auch der Bezirk Wandsworth ging erstmals seit vier Jahrzehnten an die Sozialdemokraten. Zumindest symbolisch gilt das als schwere Niederlage für den Premier.

In anderen Teilen Englands waren die Verluste der Tories zunächst begrenzt. Ob der durch die Affäre um illegale Lockdown-Partys im Regierungssitz in der Kritik stehende Premier durch die Kommunalwahlen weiter unter Druck geraten wird, steht daher noch nicht fest.

Auch in Schottland und Wales waren die Wähler am Donnerstag zur Wahl neuer Gemeinde- und Bezirksräte aufgerufen. In Nordirland wurde ein neues Regionalparlament gewählt. Mit der Auszählung der Stimmen sollte aber erst am Freitag begonnen werden. Ein Ergebnis wird im Laufe des Tages erwartet. Umfragen zufolge dürfte die katholisch-republikanische Partei Sinn Fein erstmals stärkste Kraft in Nordirland werden.

Schwierige Regierungsbildung in Nordirland erwartet

In der früheren Unruheprovinz gab es bereits vor der Wahl Sorgen vor eine Hängepartie bei der Regierungsbildung. Es könnte lange dauern, bis eine Regionalregierung zustande komme, sagte Katy Hayward von der Queen’s Universität in Belfast der Deutschen Presse-Agentur. Es sei zu erwarten, dass die protestantisch-unionistische DUP (Democratic Unionist Party) ihre Blockade zur Bildung einer Einheitsregierung aufrechterhalte, sagte die Politiksoziologin.

Der als Karfreitagsabkommen bekannte Friedensschluss aus dem Jahr 1998 sieht eine Einheitsregierung aus den größten Parteien beider Lager vor. Sollte Sinn Fein tatsächlich als stärkste politische Kraft aus der Wahl hervorgehen, stünde der Partei das Amt des Regierungschefs (First Minister) zu. Symbolisch wäre das ein deutlicher Wendepunkt in der Geschichte des vor gut 100 Jahren geschaffenen Landesteils des Vereinigten Königreichs.

Politischer Arm der IRA

Sinn Fein galt einst als politischer Arm der militanten Organisation IRA (Irish Republican Army), die gewaltsam für eine Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland kämpfte. Bisher war der Posten des Regierungschefs immer an Politiker aus Parteien gegangen, die sich für die Beibehaltung der Union mit Großbritannien einsetzen.

Die DUP hat sich auf die kategorische Ablehnung des im Brexit-Abkommen festgelegten Sonderstatus für Nordirland eingeschossen und die vergangene Einheitsregierung im Streit darüber im Februar platzen lassen. Sie verlangt von der Regierung in London, die Abmachungen mit Brüssel zu kippen.

Handelskrieg zwischen EU und Großbritannien?

Premier Johnson behält sich die Option ausdrücklich vor, die im sogenannten Nordirland-Protokoll festgelegten Vereinbarungen zu brechen. Doch das dürfte eine heftige Reaktion aus Brüssel hervorrufen. Selbst ein Handelskrieg zwischen der EU und Großbritannien gilt nicht als ausgeschlossen.

Das Nordirland-Protokoll soll verhindern, dass es wegen des britischen EU-Austritts zu neuen Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland kommt. Stattdessen müssen nun Waren kontrolliert werden, wenn sie von England, Schottland oder Wales nach Nordirland gebracht werden. Die DUP fürchtet, diese innerbritische Warengrenze könnte der erste Schritt zur Loslösung der Provinz von Großbritannien sein. Ob sich die DUP mit ihrer harten Linie einen Gefallen getan hat, gilt aber als fraglich. Sie muss Umfragen zufolge mit einem katastrophalen Wahlergebnis rechnen. (dpa/red)



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