Wegen Artikel über IS-Erdogan-Connection: Türkische Staatsanwaltschaft fordert zehn Jahre Haft für Dündar

Dündar und Gül hatten im Mai 2015 in der Zeitung "Cumhuriyet" einen Artikel zu geheimen Waffenlieferungen des Geheimdienstes MIT an islamistische Rebellen in Syrien veröffentlicht.
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Den regierunskritischen Journalisten Can Dündar (l.) und Erdem Gül droht wegen ihrer Berichte Haft.Foto: Sedat Suna/dpa
Epoch Times12. Januar 2017

Die türkische Staatsanwaltschaft hat zehn Jahre Haft für den früheren Chefredakteur von „Cumhuriyet“, Can Dündar, gefordert. Auch für den früheren Büroleiter der regierungskritischen Zeitung in Ankara, Erdem Gül, verlangte sie eine zehnjährige Haftstrafe, während für ihren angeblichen Informanten Enis Berberoglu eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert wurde. Auch ein Vertreter von Reporter ohne Grenzen musste sich in Istanbul vor Gericht verantworten.

Dündar und Gül hatten im Mai 2015 in „Cumhuriyet“ einen Artikel zu geheimen Waffenlieferungen des Geheimdienstes MIT an islamistische Rebellen in Syrien veröffentlicht. Berberoglu, der für die oppositionelle CHP im Parlament sitzt, soll ihnen die Informationen gegeben haben. Hinter den Enthüllungen soll die verbotene Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen stecken, die auch für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich gemacht wird.

Polizisten hatten 2014 in Adana einen Konvoi mit Lastwagen gestoppt, die laut „Cumhuriyet“ Munition für Rebellen in Syrien enthielten. Berberoglu soll eine Speicherkarte mit einem Video der Aktion an Dündar weitergegeben haben. Dündar schrieb später, er habe die Information am 27. Mai 2014 von einem „linken Abgeordneten“ erhalten. Ermittler fanden auf seinem Telefon, dass er zum fraglichen Zeitraum mit Berberoglu telefonierte.

Dündar und Gül waren bereits im vergangenen Mai in erster Instanz wegen der Verbreitung von Staatsgeheimnissen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Bis zum Berufungsverfahren wurde Dündar auf freiem Fuß belassen, woraufhin er nach Deutschland floh. Seine Frau blieb in der Türkei zurück und kann ihm wegen einer Ausreisesperre nicht folgen. Gül befindet sich weiterhin in der Türkei.

In Istanbul wurde am Mittwoch auch der Prozess gegen einen Vertreter der Organisation Reporter ohne Grenzen fortgesetzt. Die Justiz wirft Erol Önderoglu sowie dem Schriftsteller Ahmet Nesin und der Präsidentin der Stiftung für Menschenrechte, Sebnem Korur Fincanci, „Terrorpropaganda“ vor, weil sie sich an einer Solidaritätskampagne für die prokurdische Zeitung „Özgür Gündem“ beteiligt hatten.

Die Zeitung war im Oktober unter dem Vorwurf geschlossen worden, Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterhalten. Den Angeklagten drohen laut Önderoglu 14 Jahre Haft. Sie waren im Juni einige Tage inhaftiert worden, ihr Prozess begann im November. Eine Delegation von Reporter ohne Grenzen unter Leitung von Generalsekretär Christophe Deloire nahm an der Anhörung am Mittwoch teil.

„Seit Jahrzehnten waren wir gewohnt, dass Journalisten willkürlich inhaftiert und systematisch von der Justiz verfolgt werden“, sagte Önderoglu vor der Anhörung. Heute aber erlitten die gesamte Zivilgesellschaft, Menschenrechtler und kritische Journalisten dieses Schicksal. Deloire sagte, der Pluralismus in der Türkei sei „vollkommen erloschen“ und nur noch zwei oder drei Zeitungen leisteten „Widerstand“.

Der Prozess wurde auf den 21. März vertagt. Die Festnahme von Önderoglu im Juni hatte über die Türkei hinaus für Empörung gesorgt. Präsident Recep Tayyip Erdogan wird seit langem vorgeworfen, die Pressefreiheit zu beschneiden und kritische Journalisten zu verfolgen. (afp)



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