CSU will Berlin Geld kürzen, Linke befürchten „Rassismus“

Nach den massiven Silvesterkrawallen in deutschen Städten ist eine Debatte über mögliche Maßnahmen zur Gewaltprävention entbrannt. Politiker der Union wollen per Finanzausgleich Druck auf die Hauptstadt machen. Berliner Lokalpolitiker und die Linke warnen vor rassistischen Pauschalverurteilungen.
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CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt plädiert für eine Kürzung der Gelder aus dem Länderfinanzausgleich für Berlin.Foto: Michael Kappeler/dpa/dpa
Von 5. Januar 2023

Eine Reihe von Politikern aus den Unionsparteien hat mit teilweise scharfer Kritik an der Berliner Landesregierung auf die Silvesterkrawalle reagiert.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will den Hebel beim Länderfinanzausgleich ansetzen. Der Mechanismus, bei dem wirtschaftlich erfolgreichere Bundesländer für die ärmeren zahlen müssen, setze „erhebliche Fehlanreize“, meinte Dobrindt im Gespräch mit der „Bild-Zeitung“. „Ineffizienz und Misswirtschaft wie in Berlin“ dürfe nicht länger belohnt werden.

„Wer nicht solide wirtschaftet und bei Sicherheit, Verwaltung und Wahlorganisation immer wieder durch Totalversagen auffällt, sollte zukünftig Abstriche beim Länderfinanzausgleich akzeptieren müssen“, forderte Dobrindt.

Der hessische Bundestagsabgeordnete Stefan Heck (CDU), Mitglied des Ausschusses für Inneres und Heimat, kritisierte ebenfalls das Finanzgebaren des Landes Berlin. Das Land werfe „fremdes Geld für soziale Wohltaten aus dem Fenster“ und vernachlässige zugleich die „staatlichen Grundaufgaben“ auf grobe Weise. Mit Blick auf die Gewalttäter der Silvesternacht sagte Heck im „Welt“-Interview: „Da hilft nicht der 13. Integrationskurs, da hilft nur noch der Staatsanwalt“.

Finanzkraftausgleich: Wenige zahlen, viele nehmen

Nach Informationen des Bundesfinanzministeriums hatte das Land Berlin im Jahr 2021 rund 3,6 Milliarden Euro per „Finanzkraftausgleich“ (FKA) eingenommen.

Bayern hatte im selben Jahr über neun Milliarden seiner Steuereinnahmen in den Topf einzahlen müssen, Baden-Württemberg gut vier Milliarden, Hessen über 3,5 Milliarden. Rheinland-Pfalz zahlte unterm Strich 287 Millionen in den Ausgleichstopf, das Land Hamburg gut 230 Millionen. Alle übrigen Bundesländer erhalten Geld aus dem Ausgleichsfonds. Die Zahlen für das Jahr 2022 liegen noch nicht vor.

Kommt am Wahltag die Quittung?

Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja stichelte in Richtung Hauptstadt: „In der Verkehrspolitik, in der Bildungspolitik, bei der Inneren Sicherheit – immer fällt Berlin durch Horrormeldungen auf“, sagte Czaja der „Rheinischen Post“. Die eigentlich „tolle Stadt“ werde „unter Wert regiert“. Czaja empfahl den Berlinern, sich am 12. Februar für „eine neue und bessere Führung“ zu entscheiden. Dann steht die Wiederholungswahl für das Abgeordnetenhaus an. Es sei „traurig“, dass der Berliner Senat im September 2021 nicht fähig gewesen sei, „ordentliche Wahlen zu organisieren“.

CSU-Parteichef Markus Söder hatte bereits kurz nach den Silvestervorfällen von der „Chaos-Stadt“ Berlin gesprochen. Das berichtete u. a. die Zeitung „Welt“. Die Politik in der Hauptstadt könne „weder Wahlen organisieren noch die Sicherheit ihrer Bürger garantieren“, so der bayerische Ministerpräsident.

Auch Friedrich Merz, der Parteivorsitzende der CDU, kritisierte die Zustände in Berlin. Mit ihrer Randale hätten „Chaoten“, darunter „viele mit Migrationshintergrund“ den Staat herausgefordert, den sie verachteten. „Und das Land Berlin wird mit der Lage nicht fertig, weil der Senat aus politischen Motiven seit Jahren die Rechte und Einsatzmöglichkeiten der Polizei begrenzt“, sagte Merz in einem Interview mit dem „Münchner Merkur“.

Das Landesverfassungsgericht Berlin hatte die Wahlen vom September 2021 wegen einer Reihe von Pannen und „schwerer systemischer Mängel“ für ungültig erklärt. Nach Informationen des „Münchner Merkur“ könnte es ein knappes Rennen werden: Die Grünen, die CDU und die regierende SPD lägen aktuellen Umfragen zufolge mit jeweils rund 20 Prozent gleichauf. Zurzeit bekleidet mit Franziska Giffey eine Sozialdemokratin den Posten der Regierenden Bürgermeisterin.

Polizeigewerkschaft: „Überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund“

Der Berliner Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, hatte laut „Welt“ im dpa-Gespräch von „überwiegend jungen Männern mit Migrationshintergrund“ gesprochen, die die Silvesterrandale losgetreten hätten.

„Man kann die Tatsachen nicht wegleugnen“, sagte Pfalzgraf: „Man muss sich ja nur die Videos anschauen. Da sieht man genau, mit was für Tätern wir es zu tun haben“. Man wisse schon seit 20 Jahren, dass Gewaltkriminalität „jung und männlich“ sei.

Vermeidung der Debatte bei Linken

Politiker aus den linken Reihen des Parteienspektrums wollen eine Debatte um den Migrationshintergrund vieler Randalierer offensichtlich am liebsten vermeiden.

Die Vizevorsitzende der Linken, Katina Schubert, lehnte es gegenüber der „Rheinischen Post“ ab, „von einer gescheiterten Integration zu sprechen“. Dies sei „nur Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen“. Im „Vergleich zur Gesamtbevölkerung“ hätten „einzelne völlig inakzeptabel“ gehandelt, räumte Schubert ein. Diejenigen sollten verurteilt werden, denen eine Straftat nachgewiesen werde „Pauschalverurteilungen und Pauschalverdächtigungen“ seien „fehl am Platz“, so Schubert.

Sie sehe vielmehr die „Mehrheitsgesellschaft“ in der Pflicht. Diese müsse sich fragen, warum vor allem junge Männer so respektlos agierten und wie „gegenseitiger Respekt zu einem Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenlebens“ werden könne. Man müsse sich nun „ernsthaft mit einem bundesweiten Verkaufsverbot für Böller auseinandersetzen“ und „rassistische Pauschalurteile“ unterlassen, forderte Schubert. Auch „Kampagnen über die Verdienste von Sanitäts- und Feuerwehrkräften“ halte sie für einen guten Lösungsansatz.

Hinkel: Auch Migranten Opfer der Gewalt

Auch der Bezirksbürgermeister des Berliner Stadtteils Neukölln, Martin Hikel (SPD), hatte sich für ein Verkaufsverbot von Feuerwerk ausgesprochen. Im „Tagesthemen“-Interview warnte er davor, Menschen mit Migrationshintergrund pauschal zu Tätern zu erklären.

Hikel bestätigte, dass in Teilen Neuköllns bis zu 90 Prozent der Einwohner eine „Migrationsgeschichte“ hätten. „Ein Großteil der Menschen lebt hier friedlich, und ein Großteil ist auch unter den Betroffenen, die Opfer von dieser Gewalt geworden sind“, mahnte Hikel. Er plädierte dafür, die ermittelten Täter schnell vor Gericht zu stellen und zu verurteilen. Fünf Jahre Haft seien möglich.

In ganz Deutschland war es während des Jahreswechsels 2022/23 zu teilweise erheblichen Gewaltexzessen gekommen. Besonders die großen Städte, allen voran Berlin, waren Schauplatz von Angriffen gegen Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter. Allein die Polizei verzeichnete 41 verletzte Einsatzkräfte.

Kurz nach den Ausschreitungen war zunächst die Rede von 103 Festgenommenen allein in Berlin, am Dienstag sprachen die Behörden von 159 Fällen. Die neueste Verlautbarung geht nach einer Bereinigung doppelt gezählter Personen von 145 Tatverdächtigen aus. Alle Verdächtigen seien inzwischen wieder auf freiem Fuß. Die meisten der vorübergehend Festgenommenen seien junge Männer gewesen, die nach Angaben der Polizei 18 verschiedenen Nationalitäten angehören. 45 der Verdächtigen besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 seien Afghanen, 21 Prozent Syrer.

Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ leitete die Polizei insgesamt 355 Verfahren wegen des Verdachts auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ein.

[Mit Informationen aus Agenturen]



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