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"Schreiben nach Gehör"? Oder kommt noch "Rechnen nach Gefühl"? Wie eine ganze Generation von Kindern an die Wand gefahren wird.
Titelbild
Schule von heute - verrückt und durcheinander.Foto: iStock
Von 20. September 2018

Dass in Deutschland gerade ein einzigartiges historisches Experiment gewagt wird, ist spätestens seit den ARD-Tagesthemen vom 20.02.2018 „amtlich“. Dass Deutschland üblicherweise als das Land der Dichter und Denker bezeichnet wird, ist ebenfalls nichts Neues. Dass eine Industrienation wie Deutschland auch in Zukunft kluge Köpfe und gut ausgebildete junge Menschen braucht, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, versteht sich von selbst.

Dass wir in Deutschland viele sanierungs- und ausbaubedürftige Schulen haben, ist ein offenes Geheimnis. In so mancher Schule bröckeln Putz und Farbe von den Wänden, die dank Schimmelbefall schon mal ein Eigenleben entwickeln können. Dass der Spruch „Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei“ längst ad acta gelegt gehört, dürfte sich inzwischen ebenfalls herumgesprochen haben. Den Lehrkräften der Gegenwart und hier insbesondere denen an den Allgemeinbildenden Schulen soll neben der Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auch ein ganzheitlicher Erziehungsauftrag zukommen.

Dabei ist die Kindererziehung laut Artikel 6 (2) des Grundgesetzes das natürliche Recht der Eltern; gleichzeitig obliegt sie ihnen zuvörderst als Pflicht. Bundesfinanzminister Olaf Scholz – verheiratet mit Britta Ernst, einst Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, derzeit in Brandenburg, beide kinderlos und in der SPD -, frohlockte schon 2002 als Generalsekretär seiner Partei, die Lufthoheit über die Kinderbetten durch die Ganztagsbetreuung in Krippen, Kitas und Schulen erobern zu wollen. Es lässt sich doch so herrlich einfach über die Kinder anderer Leute verfügen, deren Eltern oftmals beide arbeiten müssen, um die Familie überhaupt ernähren zu können.

In Sachen Bildung scheint man in Deutschland überaus experimentierfreudig zu sein. Vor gut zwanzig Jahren trat die neue Rechtschreibreform in Kraft. Nicht nur Schüler und Eltern waren durch diese verunsichert. Selbst Referendaren und Lehrern, die über gute orthograph(f)ische Kenntnisse verfügten, rutschte so schon mal bei der Beschriftung einer Pflanze an der Tafel ein alter „Stengel“ statt ein neuer „Stängel“ heraus. Schreibt nach diesem wohl eher politisch motivierten Experiment einer Ost-West-Annäherung die heutige Schülergeneration fehlerfreier? Leider nein bzw. ganz im Gegenteil.

Der durchaus erfolgreichen, landläufig als Fibel-Methode bekannten Methode, um Grundschülern das Lesen beizubringen, folgte die weit weniger erfolgreiche Ganzwortmethode. Spaß am Schreiben sollten unsere jüngsten Pennäler nach Jürgen Reichens Verfahren, bekannt auch als „Schreiben nach Gehör“, finden. Mitt disa metode wurde aba auch nischt ales bessa. Wie denn auch, denn zwecks korrekter Schreibweise müssen die Kinder die Wörter erneut lernen.

Wen mag es da noch verwundern, dass Universitäten bei Studienanfängern eine zunehmende Rechtschreibschwäche bemerken und viele Polizeischüler am Deutsch-Diktat scheitern? Man kann nur hoffen, dass demnächst die Methode „Rechnen nach Gefühl“ nicht salon- bzw. schulfähig wird. Dies wäre bestimmt nicht im Sinne von Adam Riese, aber schon gar nicht im Sinne künftiger Leistungsträger unserer Gesellschaft.

Das Abitur wurde aufgrund ökonomischer Ideen der Bertelsmann-Stiftung und anderer Institutionen an den Gymnasien auf das G8 verkürzt, das sogenannte Turbo-Abi. Sowohl Schüler als auch Lehrer mussten die komprimierten Themeninhalte im Swiensgalopp abarbeiten, weswegen z.B. Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und NRW mittlerweile wieder das Abi am Gymnasium nach neun Jahren eingeführt haben – von den immensen Kosten wollen wir in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen.

Aussagen wie „Das Abitur droht zur Discounterware zu werden“ von Josef Kraus, Ex-Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, oder die Befürchtung, dass eines Tages, wenn alle das Abitur haben, keiner mehr das Abitur hat, sollten aufgrund einer inflationären Vergabe guter Noten alle aufhorchen lassen. Deutschland leidet gerade im Handwerk an einem hausgemachten Fachkräftemangel und zunehmend unter einer Pseudoakademisierung, wobei das Abiturzeugnis wenig über die tatsächliche Studierfähigkeit junger Menschen aussagt. Vielmehr ist dies lediglich ein Attest der Studienberechtigung.

Lehrer sollten sich endlich wieder um eine realistische Einschätzung ihrer Schüler bemühen. Schließlich möchte doch auch diese Berufsgruppe eines Tages nicht auf ihre täglich frischen Brötchen vom Bäcker verzichten und darauf warten müssen, dass der Bauantrag für das Einfamilienhäuschen erst nach zwei Jahren mangels Angestellter im öffentlichen Dienst bearbeitet werden kann, von fehlenden Handwerkern für den anschließenden Häuslebau mal ganz zu schweigen.

Immer mehr Lehrkräfte geraten zunehmend an ihre Grenzen, wie die am 18.09.2018 ausgestrahlte ZDF-Doku „Lehrer am Limit“ eindrucksvoll und sogar recht unverblümt zeigte. Neben der Wissensvermittlung, die zunehmend ins Hintertreffen gerät, werden den Lehrern aufgrund des gesellschaftlichen Wandels immer mehr Aufgaben wie z.B. Inklusion und Integration auf´s Auge gedrückt. Der Unterricht läuft oftmals im Sinne des Pro-7-Slogans „We love to entertain you“ ab und so mancher Lehrer sieht sich schon als Raubtierdompteur, denn Schläge und Bisse seitens der Schüler sind längst keine Seltenheit mehr. Pädagogen müssen heute darüber hinaus Sozialarbeiter, Rechtsexperten sowie Verwaltungs- und Dokumentationsassistenten sein.

Dauerstress beispielsweise durch Lärm, Disziplinprobleme, hohe Konfliktpotentiale, zu große Klassen, Unterricht auf unterschiedlichen Sprach- und Lernniveaus und Konzentrationsschwierigkeiten sind der Lehrer täglich Brot. Keine echten Pausen zwischen dem Unterricht, interkulturelle Konflikte, desinteressierte oder übermotivierte Helikoptereltern lassen viele Lehrer ausbrennen und zum sprichwörtlichen Leerkörper werden. Seitens der Politik und der Gesellschaft fühlen sich viele Pädagogen im Stich gelassen. Der Lehrermarkt ist leergefegt. Es fehlt an Sozial- und Sonderpädagogen ebenso wie an Fachlehrern und Schulpsychologen, weswegen Schulpolitiker verstärkt auf Quer- und Seiteneinsteiger setzen bzw. im Ausland nach geeignetem Personal suchen. Für so manche Penne lässt sich nicht einmal mehr ein Schulleiter finden.

Dass es allein mit dem Winken des Scheckheftes seitens der Politik schon längst nicht mehr getan ist, versuchte die Autorin dieses Artikels Politikern aller Parteien in der ZDF-Sendung „Wie geht´s, Deutschland?“ Anfang September 2017 zu erklären. Anonym setzte eine Hamburger Lehrerin im Dezember 2017 in der MOPO einen Hilferuf ab, die ohne ihr Glas Rotwein nach einem stressigen Arbeitstag schon lange nicht mehr runterkommt. Obwohl der Leidensdruck hoch ist, trauen sich viele Lehrer, Abteilungs- und Schulleiter aus Angst vor Repressalien nicht, an die Öffentlichkeit zu gehen. Und auch wenn so mancher Brandbrief in den letzten zwei Jahren seitens Lehrer und Schulleitungen geschrieben wurde, ist bestimmt der eine oder andere unerhört geblieben bzw. wurde die Problemlösung zurück an die Schulen delegiert.

Immerhin: Vor zwei Tagen demonstrierten 600 Pädagogen gegen die Missstände an Schulen im Saarland. Schon viel zu lange haben Lehrer vielerorts in Deutschland für eine völlig verfehlte Bildungspolitik hergehalten. Diese können über Kinofilme wie „Fack ju Göhte“ kaum noch lachen. Doch auch immer mehr Eltern und Kindern vergeht das Lachen angesichts dessen, was heute in deutschen Schulen Alltag ist. Schließlich hat alles seine Grenzen. Hauptleidtragende sind schließlich die Kinder, die in einem Land wie Deutschland bestmöglich gebildet und ausgebildet werden sollten.

Anders als Politiker können sich die wenigsten Eltern eine Privatschule für ihren Nachwuchs leisten. Und noch etwas: Das Thema Bildung kann selbst kinderlose Menschen nicht kalt lassen, denn schließlich sollen hier die zukünftigen Steuer- und Rentenzahler heranwachsen.

Wenn in der (Bildungs-)Politik nicht schnellstens umgesteuert wird, werden sämtliche laufenden Schul- und Sozialexperimente in Deutschland scheitern. Man kann dann nur zu diesem Schluss kommen: In dem Land, in dem wir vermeintlich gut und gerne leben, wird es zukünftig kaum noch Dichter und Denker geben. Schuld daran, dass eine ganze Generation von Kindern an die Wand gefahren wird, will dann aber wieder keiner gewesen sein.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung von Epoch Times oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.

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