62 Prozent der anspruchsberechtigten Senioren beantragen keine Grundsicherung

Über die Hälfte der Senioren, denen Grundsicherung im Alter zusteht, nimmt diese nicht in Anspruch. Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch erklärte, nehmen schätzungsweise 625.000 Haushalte ihren Anspruch nicht wahr.
Titelbild
Sinkt das Rentenniveau weiter, wird eine ganze Rentnergeneration auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen sein.Foto: Mark Dadswell/Getty Images
Epoch Times4. Dezember 2019

Mehr als 60 Prozent der anspruchsberechtigten Senioren verzichten auf den Bezug der Grundsicherung im Alter, mit der sie ihre kleinen Renten aufbessern könnten. Grund dafür seien Unwissen, hohe bürokratische Hürden oder die Scham vor dem Gang zum Amt, heißt es in einer am Mittwoch vorgelegten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Schätzungsweise 625.000 Privathaushalte nähmen ihren Anspruch auf die Sozialleistung nicht wahr. Das entspreche knapp 62 Prozent der betroffenen Senioren.

Die Forscher vermuteten eine „hohe verdeckte Altersarmut“ und forderten unter anderem „eine vereinfachte Antragstellung und weniger Bürokratie“. Das DIW untersuchte nach eigenen Angaben, „wie vielen Haushalten in der älteren Bevölkerung die Grundsicherung im Alter zustünde“, und verglich das Ergebnis mit dem tatsächlichen Leistungsbezug.

Anspruch ist vielen Betroffenen unbekannt

„Viele Menschen wissen nicht, dass sie anspruchsberechtigt sind oder erwarten nur geringe Beträge“, resümierten die Studienautoren. „Andere trauen sich nicht zuzugeben, dass sie bedürftig sind, und wieder anderen ist das Verfahren zu bürokratisch und aufwendig.“

Durch vorausgefüllte Anträge oder einen Wegfall der Vermögensprüfung könnte dieses Verfahren aus Forschersicht vereinfacht werden. Außerdem müsse das Informationsangebot verbessert werden, um beispielsweise „die unbegründete Angst vor dem Rückgriff auf das Einkommen oder Vermögen der Kinder zu nehmen“ und um Vorurteilen wie der „Vorstellung von Almosen im Alter“ entgegenzuwirken.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Katja Mast, unterstützte diese Forderungen und räumte Handlungsbedarf ein. „Es ist Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass die Grundsicherung auch ankommt bei denen, die einen Anspruch darauf haben“, sagte sie.

Die evangelische Diakonie Deutschland forderte angesichts der DIW-Ergebnisse „so schnell wie möglich“ die Einführung einer Grundrente. Diese solle perspektivisch mit dem „Sockel der Grundsicherung“ verbunden werden. Es sei wichtig, dass sofort von Amts wegen „der Anspruch auf Grundrente wie auch auf Grundsicherung ermittelt wird, wenn die Rente zu niedrig ist“.(afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion