Abendliches Spitzengespräch zu Rente und Sozialpolitik: Seehofer, Merkel und Scholz

Dass die Koalitionsregierung Deutschlands hält, liegt wohl auch daran, dass bei einer möglichen Neuwahl keine Mehrheit mehr aus CDU, CSU und SPD möglich wäre. Heute treffen sich Kanzlerin Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Olaf Scholz (SPD) zum Streitthema Sozialpolitik.
Titelbild
Bundeskanzlerin Merkel, Horst Seehofer und Olaf Scholz unterhalten sich zu Beginn einer Plenarsitzung des Bundestages.Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Epoch Times25. August 2018

Mit Rücktritt droht der CSU-Vorsitzende und Innenminister jetzt erstmal nicht mehr. Doch so richtig belastbar ist der Berliner Koalitionsfrieden wohl immer noch nicht – obwohl die Regierung so viel Geld verteilen kann wie nie. Das liegt zum Teil an Umfragen, die zeigen, dass die Koalition aus CDU, CSU und SPD keine Mehrheit mehr hätte, wenn jetzt Bundestagswahl wäre.

Vor einem abendlichen Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) zur Sozialpolitik erklärt Seehofer: „Die Probleme sind riesig“. Und: „Aber ich glaube, wir werden wesentliche Schritte vorankommen“.

Seehofer will zunächst mit Merkel, die direkt von einer dreitägigen Kaukasus-Reise ins Kanzleramt kommt, über eine Lösung im festgefahrenen Streit über die Renten- und Arbeitsmarktpolitik der Koalition beraten. Anschließend soll Scholz zu einer Dreier-Spitzenrunde dazustoßen.

Natürlich gab es auch im Urlaub Kontakte der Politiker. Dieser sei „zwar nicht so dicht und persönlich wie in normalen Sitzungswochen“, aber: „Wir wissen also um unsere gegenseitige Stimmung.“ Und die sei „bei allen dreien entspannt und gut“, sagt Seehofer auch mit Blick auf Scholz.

Keine Informationen für die Medien geplant

Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit nach dem voraussichtlich bis tief in die Nacht dauernden Treffen ist nicht geplant.

Merkel, Seehofer und Scholz planen für diesen Sonntag jedoch jeweils getrennte öffentliche Auftritte. Der Finanzminister stellt sich am frühen Nachmittag beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz Fragen der Bürger.

Merkel und Seehofer werden zu Sommerinterviews von ARD und ZDF erwartet, die am Abend ausgestrahlt werden sollten. Dabei dürfte auch etwas über das Treffen vom Abend bekannt werden.

Kann es Erfolge beim Spitzengespräch zur Sozialpolitik geben?

Auf die Frage nach den Erfolgsaussichten des Spitzengesprächs zur Sozialpolitik angesprochen, sagt Seehofer:

Ich glaube, dass alle drei Parteivorsitzenden mit der Absicht und dem Ziel heute zusammentreffen, wieder einiges voran zu bringen.“

Dass er Scholz bei soviel Freundlichkeit und Optimismus versehentlich zum SPD-Vorsitzenden macht, wo doch Andrea Nahles schon eine ganze Weile Parteichefin ist, mag der Urlaubsentspannung geschuldet sein.

Für „Heimat“ verspottet

Horst Seehofer grollt noch etwas – auch gegen einige seiner Parteikollegen. Er fühlt sich missverstanden, verspottet und ungerecht behandelt. Zum Beispiel der Streit um die von ihm geforderte Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern, an der die Regierungsbildung im Frühjahr fast gescheitert wäre. Er sagt: „Alle sind über mich hergefallen. Auch die eigenen Parteifreunde. Jetzt steht es im Koalitionsvertrag.“

Auch die Kritik an der von ihm betriebenen Erweiterung des Innenministeriums um eine Abteilung für „Heimat“ hat Seehofer noch nicht verwunden. In einer Rede beim „Tag der Heimat“ des Bundes der Vertriebenen am Samstag klagt er über die „nicht wenigen Widerstände“, auf die er dabei gestoßen sei. Einige hätten seine Pläne „spöttelnd“ begleitet.

Andere hätten ihm völlig zu Unrecht „Volkstümelei“ und „Blut-und-Boden“-Denken vorgeworfen. „Mir wird ja immer zugeschrieben, der ist nur für Sicherheit, der ist ein verdeckter AfD-ler“, klagt Seehofer. Dabei sei sein ideologischer Unterbau „die christliche Soziallehre, in der bin ich großgeworden“.

Vor den Landtagwahlen in Bayern und Hessen will man keine Wähler vergraulen

Vielleicht ist Seehofer aber nicht der Einzige, der nachtragend ist. Auch der Groll der Kanzlerin über die Konfrontationsstrategie von Seehofer und seiner CSU in der Asylfrage dürfte noch nicht verflogen sein. Zeigen wird Merkel ihre Verärgerung aber wohl nicht mehr.

Denn vor den wichtigen Landtagswahlen im Oktober – zuerst in Bayern, dann in Hessen – will man die Wähler nicht dadurch vergraulen, dass sich die schwarzen Schwestern streiten wie die Kesselflicker.

Seehofer und Aufhören?

Denjenigen, die in Berlin schon über sein vorzeitiges Ende als Innenminister spekulieren, will der 69-Jährige jedenfalls aktuell kein Futter liefern. Als er gefragt wird, wie er sich das Ende seiner politischen Laufbahn vorstelle, gibt er schmunzelnd zurück: „Schmerzfrei.“ Als er 2013 die absolute Mehrheit für seine Partei zurückgeholt und gesagt habe, dies sei seine letzte Legislatur, sei dies ein Riesenfehler gewesen. „Kaum sagen Sie das als Politiker, ist es vorbei mit der Herrlichkeit, weil alle, die sich vorstellen, dass sie ihre Nachfolger werden, sofort zu scharren beginnen.“

Ein Politiker müsse sich aber auch selbst prüfen, sagt Seehofer nachdenklich. Solange niemand sage, „jetzt wird’s aber Zeit, Du wirst tatterig und kannst Dich nicht mehr klar artikulieren“, und solange keine „Anfangszustände von Demenz“ vorlägen, denke er aber nicht ans Aufhören, macht der Minister deutlich.

Auf jeden Fall würde er seinen Ausstieg nicht mehr ankündigen, sondern es ganz anders machen und sagen: „Jetzt ist Schluss. Und aus.“ Sicherheitshalber fügt Seehofer hinzu: „Aber das ist auf absehbare Zeit nicht der Fall.“ (dpa)



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