Kassenärztliche Vereinigungen rebellieren gegen Spahns Digitalisierungspläne – „Mehrwert ist nicht mehr zu vermitteln“

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Die derzeitigen Digitalisierungskonzepte bedeuteten für die Praxen keine Arbeitserleichterung, sondern eine zunehmende Bürokratisierung beklagen die Kassenärztlichen Vereinigungen.Foto: iStock
Epoch Times24. Juli 2020

In einem gemeinsamen Brandbrief, der an Jens Spahn (CDU) adressiert ist, stellen sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) gegen die Digitalisierungspläne des Bundesgesundheitsministers. „Gegenwärtig ist den Niedergelassenen der Mehrwert digitaler Anwendungen nicht mehr zu vermitteln“, heißt es in dem Brief, über den das „Handelsblatt“ berichtet. Die derzeitigen Digitalisierungskonzepte bedeuteten für die Praxen keine Arbeitserleichterung, sondern würden eine zunehmende Bürokratisierung im ärztlichen Alltag darstellen.

Das führe auch dazu, dass junge Ärzte es scheuten, eigene Praxen zu eröffnen. Seit Spahns Amtsantritt treibt dieser die Digitalisierung des Gesundheitswesens unter anderem mit Druck auf die Ärzteschaft voran. Beispielsweise müssen Ärzte sich an das staatliche Gesundheitsdatennetzwerk anschließen, sonst werden sie finanziell sanktioniert.

Finanzielle Sanktionen kontraproduktiv

Das Netzwerk war in den vergangenen Wochen von einer großflächigen Störung betroffen. Mit dem Brief stellen sich KBV und KVen erstmals geschlossen gegen Spahns Pläne. Die KBV und ihre Landesvereinigungen stellen in dem Brief nun eine Reihe von Forderungen auf.

Ein Ersatzverfahren für das Netzwerk müsse geschaffen werden. Außerdem müssten gesetzliche Fristen für die Einführung digitaler Systeme bei den Ärzten „erheblich verlängert“ werden.

Die finanziellen Sanktionen seien kontraproduktiv. „Die parallele Umsetzung der TI-Vorgaben ohne Berücksichtigung der aktuellen angespannten Lage in der ambulanten medizinischen Versorgung wird durch unsere Mitglieder nicht akzeptiert werden“, heißt es in dem Brief.

Online-Kommunikation wird ausgeweitet

Die Telematikinfrastruktur (TI) soll alle Beteiligten im Gesundheitswesen wie Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken, Krankenkassen miteinander vernetzen. Die Online-Kommunikation zwischen einzelnen Akteuren, beispielsweise mittels elektronischer Arztbriefe oder Telekonsile (zweite Online-Befundbeurteilung von Röntgen- oder CT-Aufnahmen durch einen Arzt), soll nur noch über die TI laufen.

Alle Praxen müssen laut Gesetz die erste Anwendung der TI, das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM), durchführen können. Praxen, die das nicht tun, wird das Honorar um 2,5 Prozent gekürzt (siehe § 291 Absatz 2b Satz 14 SGB V). (dts/er)



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