AfD als Verdachtsfall? Hansjörg Müller: „Mit rechtsstaatlichem Verhalten hat das nicht mehr viel zu tun“

Der Verfassungsschutz will nicht bestätigen, dass er die AfD bald bundesweit zum „Verdachtsfall“ erklären will – und lässt es an die Medien durchsickern, obwohl eine Stillhaltevereinbarung getroffen wurde. Epoch Times sprach dazu mit dem Bundestagsabgeordneten Hansjörg Müller.
Titelbild
Ex-Bundestagsabgeordneter Hansjörg Müller.Foto: AfD-Bundestagswebsite
Epoch Times4. März 2021

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD nach Berichten mehrerer Medien zum Rechtsextremismus-Verdachtsfall erklärt und damit eine Beobachtung der Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln ermöglicht. Dies berichteten der „Spiegel“, die „Süddeutsche Zeitung“ und das „ARD“-Hauptstadtstudio am Mittwoch.

Die AfD erklärt, ihr liegt keine Erklärung zu einer Einstufung als Rechtsextremismus-Verdachtsfall vor. Sie sieht politische Motivation sowohl hinter den Bestrebungen des Verfassungsschutzes als auch in der mutmaßlichen Weitergabe von „vertraulichen Informationen“.

Epoch Times sprach dazu mit Hansjörg Müller, Abgeordneter der AfD im Bundestag.

Epoch Times: Der Verfassungsschutz will nicht bestätigen, dass er die AfD schon bald bundesweit zum „Verdachtsfall“ erklären will – obwohl er Medienberichten zufolge diese Entscheidung längst getroffen hat. Ist die Kommunikation mittels Durchsickerns Ausdruck eines veränderten Amtsverständnisses im Bundesamt?

Hansjörg Müller: Offensichtlich halten sich die staatlichen Organe in Deutschland immer weniger an Recht und Gesetz, sondern verhalten sich zunehmend willkürlich, wie in einer Bananenrepublik. Mit rechtsstaatlichem Verhalten hat das nicht mehr viel zu tun.

Epoch Times: Welche Konsequenzen sind denkbar in Anbetracht der offenbaren Missachtung einer Stillhaltezusage, die das BfV immerhin gegenüber einem deutschen Verwaltungsgericht abgegeben hat? Welche Schritte behält sich die AfD jetzt vor?

Müller: Eine wirklich konsequente Konsequenz wäre, den Verfassungsschutz in dieser sich willkürlich gebärdenden Form abzuschaffen und die notwendigen Staatsschutzaufgaben komplett auf die Polizei zu übertragen, die bereits über derartige Abteilungen verfügt.

Die Entscheidung über die zu gehenden Schritte der AfD liegt beim Bundesvorstand.

Epoch Times: Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat in seinen Beschlüssen vom 18.2.2021 den von der AfD beantragten Erlass einer Zwischenregelung explizit auch mit der Begründung abgelehnt, dass das BfV zugesagt habe, bis zur Entscheidung im Eilverfahren seine Entscheidung über die Einstufung nicht zu veröffentlichen.

Wird vor dem Hintergrund der offenbaren Änderung der Entscheidungsgrundlage ein erneutes Verfahren zum Erlass einer Zwischenregelung angedacht und würde dies zum jetzigen Zeitpunkt noch Sinn ergeben? Oder wartet man jetzt auf eine Äußerung des BfV in der Sache selbst, um dann inhaltlich gegen diese vorzugehen?

Müller: Ich habe zunehmend meinen Glauben an einen funktionierenden Rechtsstaat verloren und gebe zur weiteren Entwicklung lieber keine Prognose ab. Interessant wird es, wenn die Angelegenheit ans Bundesverfassungsgericht herangetragen wird. Das ist nämlich nicht neutral, sondern die Verfassungsrichter wurden durch die Parteien in deren Sinne in das Verfassungsgericht hineingewählt.

Epoch Times: Dass die angeblich am vergangenen Donnerstag gefallene Entscheidung gerade jetzt geleakt wird, scheint knapp zwei Wochen vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht ganz zufällig zu geschehen. Welchen Effekt erwartet sich die AfD nun von der kolportierten Entscheidung auf die Landtagswahlen?

Müller: Ich persönlich erwarte mir keinen guten Effekt, weil es die ängstlichen unter den AfD-Wählern wohl abschrecken wird. Genau dieses Ziel scheinen die Parteien ja zu verfolgen, durch eine gezielte Indiskretion kurz vor den Wahlen, um das Schreckgespenst einer AfD-Verfassungsschutzbeobachtung groß aufzublasen.

Epoch Times: Medien rechnen trotz der angeblich schon gefallenen Entscheidung des BfV damit, dass das laufende Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln noch mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Solange es keine offizielle Erklärung der Behörde gibt, ist die Grundlage des Eilverfahrens noch nicht weggefallen. Welche Konsequenzen wird die AfD nun mit Blick auf die bevorstehenden Wahlkämpfe ziehen?

Müller: Wenn unsere Partei konsequent handeln würde, würde sie endlich auf die Aktivstrategie gegen den Verfassungsschutz umschalten, die ich bereits vor einem Jahr angeboten habe. Mehr hierzu auf meiner Website.

„Aktivstrategie“ heißt, den Verfassungsschutz in seiner heutigen Handlungsweise anzugreifen als das, was er wirklich ist: einer der größten Verfassungsfeinde im Auftrag der Parteien, die beide nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.

Die bisherige „Passivstrategie“ der AfD, nur keine Angriffsflächen bieten zu wollen und auf gnädige Gerichte zu hoffen, aber sich ansonsten vom Tandem aus Parteien plus Verfassungsschutz an der Nase herumführen zu lassen, ist heute endgültig gescheitert.

Epoch Times: Inwieweit hat sich die Debatte um eine mögliche Einstufung als „Verdachtsfall“ jetzt schon auf die Partei ausgewirkt – vor allem auf den Mitgliederbestand und das Spendenaufkommen?

Müller: Es gab bisher nur Einzelfälle, die verschmerzbar waren. Die weitere Entwicklung ist ab jetzt genau zu beobachten, ob sich daraus eine Massenbewegung entwickelt oder nicht.

Epoch Times: Zu den inhaltlichen Angriffspunkten, die offenbar aus dem „Prüffall“- ins „Verdachtsfall“-Gutachten gewandert waren, zählen unter anderem, dass die AfD ein ungeklärtes Verhältnis zu extremistischen Bestrebungen im vorpolitischen Umfeld aufweise, und dass viele Teile der Partei grundgesetzliche Garantien in Bereichen wie Menschenwürde, Religionsfreiheit usw. nicht ernst genug nähmen. Welche Veranlassungen wird die Partei treffen, um diese Vorwürfe auszuräumen?

Müller: Das ist genau das Problem, dass die genannten Begriffe zu unbestimmt sind, um daraus belastbare Schlussfolgerungen ziehen zu können, weil sie jeder anders interpretiert. Es sind allesamt Gummibegriffe, die von der Staatsmacht in deren Sinne einseitig interpretiert und gegen uns verwendet werden.

Die bisherige „Passivstrategie“ unserer Parteiführung beschränkte sich darauf, dass wir uns den einseitigen Begriffsdefinitionen der Staatsmacht unterwarfen und einfach nur wenig Angriffsflächen bieten wollten, anstatt eigene Interpretation kraftvoll entgegenzusetzen, was oberste Aufgabe für die AfD als größte Oppositionspartei wäre. Es müssen neue Lösungen her, beispielsweise die oben genannte „Aktivstrategie“.

(ks)



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