AfD-Europaparteitag beginnt in Magdeburg – Spendenaffäre überschattet das Treffen

Eine Spendenaffäre erschüttert die AfD. Im Fokus steht Fraktionschefin Weidel. Die SPD wirft ihr "schwere Korrumpierung" vor. Kann sie sich im Amt halten, angesichts neuer Vorwürfe?
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Ein Anhänger der "Alternative für Deutschland" hält die Deutschland-Fahne und die AfD-Fahne beim Parteitag der AfD am 20 April in Stuttgart.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Epoch Times16. November 2018

Angesichts neuer Enthüllungen in der AfD-Spendenaffäre kommen aus der SPD Rücktrittsforderungen gegen Fraktionschefin Alice Weidel. Weidel habe den letzten Rest persönlicher Glaubwürdigkeit verloren, sagte die baden-württembergische SPD-Chefin Leni Breymaier dem „Handelsblatt“.

„Die Strenge, die sie so gern als Monstranz vor sich herträgt, sollte sie nun selbst beherzigen und als Fraktionsvorsitzende der AfD zurücktreten – und besser ganz auf ihr Mandat verzichten.“ Sie warf Weidel „schwere Korrumpierung“ vor. Dahinter scheine „ein ganzes System der Verschwörung und Vertuschung“ zu stecken.

Hintergrund sind zwei Großspenden aus der Schweiz und den Niederlanden an den Kreisverband Weidels am Bodensee, die möglicherweise gegen das Parteiengesetz verstoßen haben. Die Staatsanwaltschaft hat deswegen Vorermittlungen eingeleitet.

Die von der Spendenaffäre erschütterte AfD trifft sich heute in Magdeburg, um ihre Kandidaten für die Europawahl im Mai zu bestimmen. Vor Beginn der Wahlversammlung am Nachmittag kommt erst einmal der Bundesvorstand der Partei zu einer mit Spannung erwarteten Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung steht dem Vernehmen nach auch die Affäre um die Spenden.

AfD-Chef Alexander Gauland sah in der Affäre keinen Grund für eine Rücktrittsforderung an Weidel. Jeder Pfennig der beiden in Frage stehenden Großspenden an den Bodensee-Kreisverband der Partei sei zurücküberwiesen worden, sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „maybrit illner spezial“. Zwar seien Fehler im Umgang mit den Spenden gemacht worden, allersings „von dem Kreisverband, von dem Schatzmeister, wahrscheinlich auch vom Schatzmeister von Baden-Württemberg“. Jedoch hätten die Geldeingänge dem Bundestag angezeigt und sofort zurückgezahlt werden müssen. „Frau Weidel war im Wahlkampf, sie hat diese Kenntnis nicht gehabt“, sagte Gauland.

Massive Kritik kam auch von den Grünen. „Wie hat Weidel ihren Wahlkampf finanziert? Es muss Schluss sein mit der Verschleierung!“, schrieb die parlamentarische Geschäftsführerein der Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann am Donnerstagabend auf Twitter.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) rügte Weidel: „Je häufiger sie betont, von nichts gewusst zu haben, desto unwahrscheinlicher wirkt das“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Alice Weidel ist als namentliche Empfängerin in der persönlichen Verantwortung, für Aufklärung zu sorgen und Rechenschaft abzulegen.“ Die wiederholten Unstimmigkeiten rund um dubiose Großspenden und zwielichtige Stiftungen zeigten: „Die AfD scheint ein systematisches Problem mit der Parteienfinanzierung zu haben.“

Der SPD-Politiker Carsten Schneider forderte im Gespräch mit der „Rhein-Neckar-Zeitung“, die gesamte Praxis der Spenden an die Partei zu untersuchen. „Das komplette Finanzgebaren der AfD muss geprüft werden. Insbesondere die Finanzierung der AfD durch Spenden aus dem Ausland im großen Stil muss durchleuchtet werden.“

Der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim, Professor an der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, fordert, dass Parteien schon wesentlich kleinere Geldspenden öffentlich machen müssen. Bisher müsse nur jede Einzelspende über 50.000 Euro sofort dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden. Er forderte in der „Passauer neuen Presse“ eine Anzeigepflicht schon bei Spenden von 3000 oder 5000 Euro.

Am Mittwoch hatte der AfD-Bundesvorstand mitgeteilt, dass der Kreisverband Weidels eine weitere Großspende erhalten habe – von einer ausländischen Stiftung. Demnach ging es um 150.000 Euro, die mit dem Absender „Stichting Identiteit Europa“ (Stiftung Identität Europa) im Februar 2018 eingegangen seien. Weil man weder die Identität noch die Motivation des Spenders zweifelsfrei feststellen konnte, habe man das Geld im Mai 2018 zurückgeschickt.

Spenden ab 50.000 Euro müssen nach dem Parteiengesetz dem Bundestag gemeldet werden. Allerdings ist eine Spende aus einem EU-Land wie den Niederlanden nicht per se illegal.

Laut der niederländischen Tageszeitung „NRC Handelsblad“ gründeten die niederländischen Brüder Charles und Floris Berkhout 2015 die Stiftung, aus Sorge um den Erhalt der europäischen Identität. Floris Berkhout sagte der Zeitung, er habe die Spende veranlasst. Er habe den Standpunkt der AfD zu Migration geteilt.

Die Strafverfolger in Kostanz planen gegen Weidel bereits Ermittlungen wegen einer Spende aus der Schweiz. Das Geld in Höhe von 130 000 Euro war ebenfalls an Weidels Kreisverband gegangen, zwischen Juli und September 2017, gestückelt und mit dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende Alice Weidel“. die Beträge waren von der in Zürich ansässigen Firma PWS Pharmawholesale International AG überwiesen worden, „treuhänderisch für einen Geschäftsfreund“, wie deren Verwaltungsrat WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ mitgeteilt hatte.

Der Bodensee-Kreisverband hatte das Geld aus der Schweiz erst nach Monaten zurücküberwiesen – Parteispenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind illegal.

Am Abend meldeten „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR unter Berufung auf den PWS-Firmeneigner, der mysteriöse „Geschäftsfreund“ wohne in Zürich, besitze dort mehrere Häuser, lebe seit Jahrzehnten in der Schweiz und habe keinen Steuersitz in Deutschland. Die Staatsbürgerschaft des Spenders, der anonym bleiben wollte, verriet der Anwalt demnach aber nicht. Er versicherte, das Geld sei kein Schwarzgeld.

Die „FAZ“ meldete unter Berufung auf AfD-Kreise, dass der Partei auch eine Geldbuße der Bundesbank drohen könnte, weil der Kreisverband Bodensee die Überweisungen aus der Schweiz nicht wie nach der Außenwirtschaftsverordnung vorgeschrieben der Bundesbank gemeldet habe. Der Sprecher Weidels sagte dem Blatt, die Juristen der Partei prüften den Vorwurf. (dpa)



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