Einstufung der AfD als Zankapfel
Affäre um Verfassungsschutz in Brandenburg: Ministerin Lange gerät unter Druck
Nach der Hochstufung der AfD Brandenburg zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ steht Innenministerin Lange in der Kritik. Der Entlassung von Verfassungsschutzchef Müller folgte die Forderung nach Konsequenzen seitens der CDU-Fraktion. Deren innenpolitischer Sprecher will nun durch Akteneinsicht klären lassen, ob die Ministerin die Unwahrheit gesagt hat.

Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD)
Foto: Soeren Stache/dpa
Die Neubewertung der AfD in Brandenburg ist abgeschlossen, die Affäre um die Entlassung des Verfassungsschutz-Chefs Jörg Müller hingegen noch nicht ausgestanden. Die CDU-Fraktion im Landtag fordert nun Konsequenzen für Innenministerin Katrin Lange (SPD). Zudem hat deren innenpolitischer Sprecher, Rainer Genilke, am Donnerstag, 8. Mai, Akteneinsicht beim Innenministerium beantragt.
Am Dienstag hatte Lange die sofortige Entbindung des seit 2020 amtierenden Müller von seinen Dienstgeschäften bekannt gegeben. Es sei, so hieß es in einer Mitteilung, das „notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit“ nicht mehr gegeben.
Lange warf Verfassungsschutzchef zu späte Unterrichtung vor
Nähere Angaben zu den Umständen wollte das Ministerium nicht machen. Aus dem Gesamtzusammenhang der verfügbaren Informationen zeichnete sich jedoch eine naheliegende Erklärung ab. So habe Müller seine Ministerin auflaufen lassen, indem er sie nicht rechtzeitig über eine von ihm veranlasste Hochstufung der AfD in Brandenburg zu einer „gesichert rechtsextremistischen“ Bestrebung informiert hätte.
Lange gab am 2. Mai eine Pressekonferenz. An jenem Tag hatte der Bundesverfassungsschutz eine identische Einstufung der Bundespartei bekannt gegeben. Mittlerweile ist diese bis auf Weiteres wieder ausgesetzt. Lange äußerte gegenüber den Reportern, in Brandenburg würde sich vorerst an der Einstufung als Verdachtsfall nichts ändern.
Allerdings hatte Müller als Verfassungsschutzchef bereits am 14. April die AfD zur „gesichert rechtsextremistischen“ Bestrebung hochgestuft. Lange erklärte am Dienstag, erst am 5. Mai darüber mittels unterschriebenen Vermerks unterrichtet worden zu sein. Müller habe es verabsäumt, sie als Leiterin des Hauses umgehend über diesen wesentlichen Schritt in Kenntnis zu setzen. In Brandenburg ist der Verfassungsschutz eine Abteilung innerhalb des Innenministeriums.
Ab wann hat die Ministerin das AfD-Gutachten gekannt?
Einem Bericht der „Welt“ zufolge gibt es jedoch Zweifel an der Vollständigkeit dieser Darstellung. So erklärt das Blatt, über Informationen zu verfügen, wonach die Ministerin bereits deutlich vor dem genannten Tag über die geplante Hochstufung im Bilde gewesen sein soll. So soll Jörg Müller bereits bei einem Termin am 10. April zwei ausgedruckte Ausgaben des Gutachtens bei sich geführt haben, das die Grundlage der Neueinstufung dargestellt haben soll.
Dessen Inhalte sollen sogar schon gegen Ende des Vorjahres bekannt gewesen sein. Müller habe jedoch von einer Hochstufung der AfD im Dezember 2024 Abstand genommen, weil er sich nicht dem Vorwurf der Einflussnahme auf die Bundestagswahl aussetzen wollte.
Allerdings soll er, so der Bericht, anlässlich des Termins am 10. April mit den Gutachten auch einen Vorschlag mitgeführt haben. So könne die Hochstufung von Brandenburgs AfD zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ im Rahmen der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts über das Vorjahr verlautbart werden. Diese sei für Mitte Mai geplant gewesen.
Vermerk „mit Stempel und Unterschrift“ als relevante Vorlage
Im Innenausschuss des Landtages konfrontierte Genilke die Ministerin mit den Vorwürfen. Diese konterte, es habe „selbstverständlich“ auch schon zuvor Gespräche mit den Abteilungsleitern gegeben – auch zu dieser Thematik. Aber, so Lange:
„Den abgeschlossenen Vorgang, ich wiederhole es jetzt noch mal, habe ich am 05.05. bekommen.“
Erst an diesem Tag sei der „mit Stempel und Unterschrift“ versehene Vermerk bei ihr eingegangen. Zuvor war die Sache aus Sicht der Ministerin nicht spruchreif.
Genilke äußerte hingegen in einer Erklärung, er halte die Ausführungen der Ministerin im Ausschuss für „nicht glaubwürdig“. Mittels der Akteneinsicht wolle er nun Einblick in die vollständige Kommunikation zwischen Lange und dem geschassten Verfassungsschutzchef erhalten. Dazu sollen auch alle Zuarbeiten aus den Fachabteilungen und alle Dienstanweisungen gehören.
Sollte sich herausstellen, dass die Ministerin nicht die Wahrheit gesagt habe, „hätte sie ihrem Amt und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit schweren Schaden zugefügt, der nicht ohne Konsequenzen bleiben könnte“.
Kannte Ministerin Lange eine Dienstanweisung ihres Vorgängers nicht?
Innenministerin Lange galt bezüglich einer Hochstufung des seit 2020 als Verdachtsfall geführten Landesverbandes der AfD als abwartend. Sie betonte stets, die politische Auseinandersetzung müsse Priorität genießen. Eine Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ würde der Partei möglicherweise mehr nutzen als schaden.
Müller hingegen hielt es für geboten, diese Hochstufung zeitnah vorzunehmen. Bis 2023 war es vorgesehen, dass der Minister oder Ministerin selbst bei politisch so sensiblen Entscheidungen das letzte Wort habe. Langes Amtsvorgänger Michael Stübgen soll jedoch eine Dienstanweisung erlassen haben, wonach die Abteilung für Verfassungsschutz Entscheidungen wie jene zur Einstufung einer extremismusverdächtigen Bestrebung selbst treffen dürfe. Die Ministerin will diese nicht gekannt haben. Mittlerweile hat sie die Entscheidungskompetenz in heiklen Fragen dieser Art auch formalrechtlich wieder an sich gezogen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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