Anschlag in Berlin: Täter lässt Personalausweis, Fingerabdrücke und sein Handy im LKW zurück

Der mutmaßliche Berlin-Attentäter hinterließ im LKW seinen Personalausweis, seine Fingerabdrücke und offenbar auch noch sein Handy. All das hat die Polizei nun Tage nach dem Anschlag im LKW gefunden. Unterdessen debattieren die Politiker über schnellere Abschiebungen.
Titelbild
Festliche Stimmung mag auf dem wiedereröffneten Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nicht aufkommen.Foto: Rainer Jensen/dpa
Epoch Times24. Dezember 2016

Der Tunesier Anis Amri ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Mann, der am Montagabend in Berlin mit einem gestohlenen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gerast ist, heißt es von seiten der Behörden.

Bei dem Attentat starben 12 Menschen, 53 wurden teilweise lebensgefährlich verletzt.

Nach dem Anschlag wurde fälschlicherweise ein Pakistaner festgenommen – der schnell wieder freigelassen wurde. Danach tappte die Polizei im Dunkeln.

Einige Tage nach der Tat machten die Ermittler dann neue Funde im LKW. Amris hinterließ seine Fingerabdrücke. Sogar mehrfach wurden sie am Lastwagen sichergestellt, gaben die Ermittler bekannt.

Zudem hat die Polizei am Freitag – Tage nach der Tat – nun auch noch das Handy des Berliner Terrorverdächtigen im LKW gefunden. Die Auswertung des Handy laufe nun auf Hochtouren, heißt es.

Zuvor fand die Polizei den Personalausweis des mutmaßlichen Täters. Dadurch konnte Amri identifiziert werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein mutmaßlicher Terrorist seinen Ausweis am Tatort liegen lässt. Auch nach dem Anschlag auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion im Jahr 2015 und jenem in Nizza am 14. Juli wurden Personaldokumente gefunden, die die Ermittler auf die richtige Spur führten.

Auch bei den 9/11-Anschlägen in New York wurden, in dem in Schutt und Asche liegenden World Trade Center, die Personalausweise der angeblichen Terroristen gefunden.

Debatte über schnellere Abschiebungen

Unterdessen fordern Politiker das schnellere Abschieben sogenannter Gefährder. Als solcher galt offenbar auch Amri.

„Gefährder, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, müssen unverzüglich abgeschoben werden“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet der „Bild“-Zeitung (Samstag). Für diese Gruppe abgelehnter Asylbewerber müsse „die Abschiebehaft maximal ausgedehnt werden“, sagte Laschet.

Der CSU-Innenpolitiker Stefan Mayer setzte sich in der „Passauer Neuen Presse“ dafür ein, einen neuen Haftgrund zu schaffen für Ausreisepflichtige, „von denen eine unmittelbare Gefahr ausgeht“. Für eine solche Form der Haft wäre Amri „prädestiniert gewesen“. Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, dagegen sieht keinen Bedarf für eine Rechtsänderung: „Nach allem, was man bislang erkennen kann, haben wir im vorliegenden Fall kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit“, sagte Hofreiter der „Saarbrücker Zeitung“ (Samstag). Eine umfassende und wirksame Überwachung Amris sei auch auf der heutigen gesetzlichen Grundlage möglich gewesen.

Nach Amris Tod in einem Vorort von Mailand hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien gedrungen. Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatten rasche Beratungen über Konsequenzen aus dem Terroranschlag angekündigt. Bei den Gesprächen werde es im Januar „insbesondere um die Fragen gehen, wie Ausreisepflichtige so schnell wie möglich abgeschoben werden und wie Gefährder noch besser überwacht werden können“, sagte Maas. De Maizière verwies auf seinen „längst“ vorliegenden Gesetzentwurf zur Abschiebehaft bei ausreisepflichtigen Gefährdern und zur Ausgestaltung der Duldung.

Unterdessen wollen die Sicherheitsbehörden auch über Weihnachten mit Hochdruck in Amris Umfeld ermitteln. Generalbundesanwalt Peter Frank betonte am Freitag, es müsse jetzt dringend untersucht werden, ob der 24-Jährige ein Unterstützernetzwerk, Mitwisser oder Gehilfen hatte. Nach Angaben von BKA-Präsident Holger Münch wird über die Feiertage eine „dreistellige Zahl von Ermittlern“ an dem Fall arbeiten.

Vor Befragung – Täter erschossen

Der mutmaßliche Terrorist starb den Behörden zufolge bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten am Bahnhof Sesto San Giovanni bei Mailand. Er habe bei einer Routinekontrolle „ohne zu zögern“ seine Waffe gezogen und gefeuert, sagte Italiens Innenminister Marco Minniti in Rom. Durch die Schüsse wurde einer der beiden Polizisten verletzt.

Für die Bundesanwaltschaft ist nun auch von Interesse, ob die Waffe, die bei Amri gefunden wurde, dieselbe Waffe ist, mit der in Berlin der polnische Fahrer des gestohlenen Lastwagens erschossen wurde.

Auch alle anderen Terrorverdächtigen bei den Anschlägen in Frankreich und Deutschland sind tot.

IS hinter den Attentaten?

Das IS-Sprachrohr Amak veröffentlichte am Freitag ein Video, auf dem der mutmaßliche Berlin-Attentäter zu sehen sein soll. In der knapp dreiminütigen Aufnahme, die offenbar bereits vor einigen Wochen in Berlin gefilmt wurde, schwört Amri dem Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Die Echtheit des Videos konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.

Die Opfer des Weihnachtsmarkt-Anschlags sind inzwischen alle identifiziert, teilte das BKA am Freitagabend über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mit, Bekannt ist, dass unter den Toten ein Pole, eine Italienerin, eine Israelin und ein Tscheche sind. Nach „Spiegel“-Informationen handelt sich um je sechs Männer und Frauen.

In der Debatte um die politischen Folgen des Anschlags geht es auch darum, ob die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Dies hätte zur Konsequenz, dass bei Bürgern der drei Länder beschleunigte Asylverfahren möglich werden. Die Grünen lehnen dies ab: Dieser Fall habe „nichts mit der Diskussion über die sicheren Herkunftsstaaten zu tun“, sagte die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Mona Neubaur der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Samstag).

CSU-Innenpolitiker Mayer hingegen bezeichnete es in der „Passauer Neuen Presse“ als „unerträglich“, dass die vom Bundestag bereits beschlossene Einstufung als sichere Herkunftsländer im Bundesrat blockiert werde. (dpa/s0)

Der Terrorverdächtige Anis Amri wurde in Italien von Polizisten erschossen worden. Foto: Daniele Bennati/dpa

Der Terrorverdächtige Anis Amri wurde in Italien von Polizisten erschossen worden. Foto: Daniele Bennati

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt ein Statement zum Fall Anis Amri. Foto: Michael Kappeler/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt ein Statement zum Fall Anis Amri. Foto: Michael Kappeler

Italienische Polizeibeamte sichern in Mailand Spuren. Foto: Daniele Bennati/dpa

Italienische Polizeibeamte sichern in Mailand Spuren. Foto: Daniele Bennati

Das vom Bundeskriminalamt (BKA) zur Verfügung gestellte undatierte Bild zeigt den Tatverdächtigen Anis Amri. Foto: Polizei/BKA/dpa

Das vom Bundeskriminalamt (BKA) zur Verfügung gestellte undatierte Bild zeigt den Tatverdächtigen Anis Amri. Foto: Polizei/BKA

Das Bild stammt nach BKA-Angaben aus der Duldungsbescheinigung des Tatverdächtigen. Foto: Polizei/BKA/dpa

Das Bild stammt nach BKA-Angaben aus der Duldungsbescheinigung des Tatverdächtigen. Foto: Polizei/BKA

Festliche Stimmung mag auf dem wiedereröffneten Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nicht aufkommen. Foto: Rainer Jensen/dpa

Festliche Stimmung mag auf dem wiedereröffneten Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nicht aufkommen. Foto: Rainer Jensen

Ein Polizist steht am Anschlagsort in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin Wache. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Ein Polizist steht am Anschlagsort in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin Wache. Foto: Maurizio Gambarini



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