Armutsbeauftragter gefordert – Tafel-Chef enttäuscht: Probleme sind geblieben – Empörungskarawane ist weitergezogen

Der Chef des Bundesverbandes der Tafeln verlangt die Ernennung von politischen Beauftragten für den Kampf gegen Armut. Zudem beklagt er die untätige Gesellschaft.
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In der Ausgabestelle der Essener Tafel werden Lebensmittel einsortiert.Foto: Roland Weihrauch/dpa
Epoch Times8. Dezember 2018

Der Chef des Bundesverbandes der Tafeln, Jochen Brühl, verlangt die Ernennung von politischen Beauftragten für den Kampf gegen Armut.

„Wir brauchen nachhaltige Ideen, sonst hängen wir noch mehr Leute ab“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.  Er zeigte sich enttäuscht über die Debatte um die Essener Tafel im Frühjahr. Die dortige Leitung hatte Kritik geerntet, weil sie einen vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer verhängte. Dies sei ein Hilferuf gewesen. Aber: Die Probleme seien geblieben, die Empörungskarawane sei weitergezogen, so Brühl.

Er betonte weiter:

1,5 Millionen Menschen besuchen regelmäßig Tafeln, um sich hier mit Lebensmitteln zu versorgen. Jeder dritte Kunde ist noch Kind oder Jugendlicher. Zudem steigt die Zahl der Senioren weiter an. Die Zahl der Rentner hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Das sind besorgniserregende Entwicklungen. Die steigenden Mietpreise haben daran ihren Anteil. Viele müssen sich mittlerweile fragen: ,Zahle ich meine Miete oder esse ich?‘“

Brühl beklagte auch, dass die ehrenamtlichen Tafelmitarbeiter die Politiker „immer nur im Wahlkampf“ zu Gesicht bekommen würden und forderte „die Berufung eines Armutsbeauftragten durch die Bundesregierung sowie in allen 16 Landesregierungen“.

Brühl warnte zugleich vor einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit, weil dann Ehrenamtliche für die Tafeln fehlten:

Wenn die Menschen bis 70 arbeiten, dann verlieren die Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbände diese Menschen als ehrenamtliche Helfer.“

Die Tafeln lebten vom Engagement der Menschen ab dem 60. Lebensjahr. „Wer sollte die Leistungen an ihrer Stelle erbringen? Da sollte sich der Staat sehr genau ausrechnen, was mehr kostet.“

Würde man die ehrenamtliche Arbeit bei den 940 Tafeln im Land mit dem Mindestlohn vergüten wollen, kämen jährlich 216 Millionen Euro zusammen, sagte Brühl.

Allein bei den Tafeln wohlgemerkt, deutschlandweit gibt es ja insgesamt 30 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen.“

Zudem machte er deutlich: die Gesellschaft beklage gerne Missstände, unternehme aber nichts um diese zu ändern. Genau wie in Essen: „Auf die Empörung folgte genau: nichts“, so Brühl. (dpa/so)



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