In den ersten zwei Monaten der von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) eingeführten verschärften Grenzkontrollen hat es nur wenige Klagen von Migranten gegeben. Insgesamt gibt es bisher sechs Klagen, wie der „Stern“ am Sonntag unter Berufung auf eine von dem Magazin gestellte Anfrage ans Innenministerium berichtete.
Im Mai hatten drei Somalier mit Hilfe der Organisation Pro Asyl erfolgreich gegen ihre Zurückweisung an der deutschen Grenze vor dem Verwaltungsgericht Berlin geklagt. Dazu sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem „Stern“:
„Es sind zum jetzigen Zeitpunkt drei weitere gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Asylsuchenden anhängig.“
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte damals unter anderem eine zu schlechte Begründung der Zurückweisungen angemahnt. Dobrindt hatte danach Nachbesserungen versprochen.
Diese will das Ministerium erst vor Gericht liefern, wie ein Sprecher dem „Stern“ weiter sagte: Die „Begründung für die Inanspruchnahme des Art. 72 AEUV werden wir im Hauptsacheverfahren beibringen.“
Die vorläufige Bilanz der Bundespolizei lautet: Seit 8. Mai wurden an allen deutschen Landgrenzen 7.960 unerlaubte Einreisen registriert und 6.193 Menschen unmittelbar zurückgewiesen oder zurückgeschoben (Stand 1. Juli). Darunter waren 285 Menschen, die ein Asylbegehren geäußert hatten.
Allein an der deutsch-polnischen Grenze gab es laut Innenministerium rund 1.300 Zurückweisungen, in jedem zehnten Fall wurde ein Asylgesuch geäußert. Die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte ist im Mai 2025 leicht gestiegen – auf 5.600.
Pro Asyl will Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, sagte dem Magazin: „In unserem Rechtsstaat ist es selbstverständlich, dass Gerichte angerufen werden können.“
Dies sei bei den Zurückweisungen zu erwarten gewesen. „Es handelt sich aber um eine grundsätzliche europarechtliche Frage, die dann auch nur vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden kann“, sagte Throm.
Konstantin von Notz, Vize-Fraktionschef der Grünen, kritisierte das Innenministerium im „Stern“: „Bis heute kann das federführende Haus maßgebliche Fragen nicht beantworten.“ Dessen Rechtsauffassung sei „abwegig“, sagte von Notz.
„Mit Nachdruck fordern wir Innenminister Dobrindt noch einmal dazu auf, von den Zurückweisungen Abstand zu nehmen und die versprochenen, längst überfälligen Begründungen der Maßnahmen nachzuliefern“, fügte er hinzu.
Pro-Asyl-Geschäftsführer Karl Kopp hatte am Freitag im Berliner „Tagesspiegel“ gesagt, ob der Fall der Somalier weiter an den Europäischen Gerichtshof gehe, hänge allein von der Betroffenen ab. Parallel habe Pro Asyl jedoch einen Appell an die EU-Kommission gerichtet, damit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet wird. (afp/dts/red)