Auf dem Marktplatz von Kandel: „Wir sind doch ganz normale Leute“ – Ein Livebericht

Die Themen, die die Menschen in Kandel, Berlin, Hamburg, Mainz und anderswo auf die Straße bringen, sind ausgiebig diskutiert. Die Verantwortung der Politik ist es, dem Rechtsstaat endlich wieder Geltung zu verschaffen, Lösungen für die Probleme der Gesellschaft zu finden und deren Spaltung zu überwinden. Ein Livebericht von Dirk Klostermann.
Von 8. April 2018

Wieder ist es „Demo-Tag“ in Kandel. Wieder haben sich auf dem Marktplatz Menschen versammelt, um gegen Merkel, Dreyer und den Bürgermeister Volker Poß (SPD) zu demonstrieren. Vielleicht sind es 800 oder etwas über 1.000, die Polizei spricht von 550. Erfahrungsgemäß liegen die Zahlenangaben der Polizei immer an der unteren Grenze, warum auch immer. Es sind Menschen aller Altersklassen, darunter viele Frauen. Der gewaltsame Tod von Mia war der Auslöser um auf die Straße zu gehen. Dem „Frauenbündnis Kandel“ haben sich viele Mütter, Väter, junge und ältere Menschen angeschlossen – Menschen wie du und ich.

„Ich bin hier, weil ich gegen diese Politik bin“, sagt ein Teilnehmer und streckt seine Hand mit einem Kreuz und der Figur von Jesus Christus in Richtung Kirche aus. Er fühle sich solidarisch mit denen, die die Rückkehr zum Rechtsstaat fordern. Das Kreuz hält er hoch, die ganze Zeit. Es wirkt wie eine Art Hilferuf oder ein Zeichen von Trotz. Als wolle er die zurückweisen, die ihn und andere hier auf dem Marktplatz verunglimpfen. „Wer sind denn die Nazis hier?“ empört er sich.

Wie erkennt man die? Sehen Sie einen? Wir sind doch ganz normale Leute.“ Die Kränkungen sitzen offensichtlich tief.

Demokraten sind anscheinend nur die, die der Regierungspolitik zujubeln

„Es ist völlig klar, dass wir in Rheinland-Pfalz zusammenstehen, wenn ein Ort wie Kandel derart für eine politische Sache missbraucht wird. Kandel wurde in den letzten Wochen in Haft genommen von Menschen, denen es darum geht, Hass und Ängste zu schüren“ so das Urteil von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Dreyer hat sich auf die Seite derer geschlagen, die den schrecklichen Mord an der 14-jährigen Mia für ihren „Kampf gegen Rechts“ instrumentalisiert haben, wo immer dieses „Rechts“ auch sein mag. „Wir sind Kandel“ – von den „moralisch Guten“ war an diesem sonnigen Samstag jedoch nichts zu sehen.

„Eine lebendige Demokratie braucht lebendige Demokratinnen und Demokraten“ ließ Dreyer über Rheinland-Pfalz News, der Online Redaktion der Staatskanzlei verbreiten. „Sie bot dem Bürgermeister von Kandel volle Unterstützung an und kündigte an, dass die Landesregierung prüfen wolle, ob man die Proteste in Kandel verbieten könne!“ (Siehe hier)

Demokraten sind nach Meinung von Malu Dreyer offensichtlich nur diejenigen, die der Politik der Regierung zujubeln. Mit Kritik kann die Ministerpräsidentin schlecht umgehen. Wen wundert es, wenn sich friedliche Demonstranten auf dem Marktplatz zu Unrecht als Hooligans, Nazis, aggressiv, rechtpopulistisch, rechtsextrem und radikal verunglimpft fühlen?

„Wir fordern Verantwortung! Schutz für unsere Kinder, Frauen, Alten, Schwachen!“

Das fordern Bürger von ihren Politikern. Wie kann man daraus Hass lesen; was ist daran rechtsextrem? Dafür zu werben, hat nichts mit „Rechtspopulismus“ sondern mit gesundem Menschenverstand zu tun. Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht der Deutschen, garantiert das Grundgesetz. Darauf können wir stolz sein. Das ist ein hohes Rechtsgut. Wer darüber nachdenkt, Demonstrationen zu verbieten, muss sich fragen lassen, ob er als Politiker diese Grundrechte achtet.

Etwas abseits der Veranstaltung steht eine geborene Kandlerin. Sie zeigt auf ihr Smartphone und eine Epoch Times App. Berichte über Kandel lese sie regelmäßig. Sie erzählt von Ihrer Familie, ihren Vorfahren, die Bürgermeister in Kandel waren.

Damals wurden die Ämter noch vererbt. Das blieb in der Familie. Da war die Verantwortung für die Menschen noch besonders ausgeprägt.“

„Die wurden bereits so erzogen. Das hätte es damals nicht gegeben. Da hätte sich der Bürgermeister um das Wohl seiner Gemeinde gekümmert. Heute ist das nur noch ein Pöstchen. Irgendwann geht man einfach wieder.“

Bürgermeister Poß ist in Kandel eine Reizfigur, er spalte, statt zu moderieren. Als Amtsträger hat er eine Neutralitätspflicht, doch „stattdessen sieht er überall nur Rechte und Rechtsextreme“.

Während der Demonstration stand er abseits des Geschehens und schaute zu. Er war nicht zu einem Gespräch bereit, als ihn der Versammlungsleiter entdeckte und dazu einlud.

Spätestens hier wird deutlich: Die Politik hat ihr Vertrauen leichtfertig verspielt. Gewählte Politiker die nicht in der Lage sind, einen demokratischen Dialog zu führen – mögen die Standpunkte auch noch so verschieden sein – sind für ihr Amt ungeeignet.

Mischung aus Linken und Bunten – mit größerem Polizeiaufgebot

Es gab noch eine kleinere Demonstration mit ca. 50 Teilnehmern, eine Mischung aus Linken und Bunten. Hier war das Polizeiaufgebot deutlich größer (ein Mehrfaches der Demonstranten). Mit dabei: Mehrere Lehrer aus Kandel. Auch hier wieder ziemlich bedenklich die Verlinkung zur Antifa. Lehrer sind Beamte.

Lt. Rheinpfalz trat die Gruppe von Poß nach Ende der Veranstaltung doch noch in Erscheinung:

„Spontane Putzaktion Aktualisierung (16.19 Uhr): Nachdem die Demonstration des rechtspopulistischen ‚Frauenbündnisses Kandel‘ auf dem Marktplatz beendet ist, hat sich eine Spontandemonstration des bürgerlichen Bündnisses ‚Wir sind Kandel‘ dort zu einer Aufräumaktion eingefunden. Etwa 25 Männer und Frauen in Putzbekleidung säubern und kehren den Platz unter dem Motto ‚Wir machen den brauen Dreck weg.‘ Sie entfernen auch Schmähplakate gegen die Kirche und ein Pfarrerehepaar, das zu Gegendemonstrationen aufgerufen hatte.“ Rheinpfalz 07.04.2018

Spricht man mit Kandler Bürgern, scheint sein Rückhalt in der Bevölkerung nicht sehr groß zu sein. „Wir sind Kandel“ ist eine kleinere Gruppierung, die mit max. 120 Personen

in Erscheinung trifft.

Alle bisherigen Demos verliefen auf Seite der Demonstranten von „Kandel ist überall“ und „Frauenbündnis Kandel“ friedlich.

Die Verantwortung der Politik

Der Tod von Mia war der Auslöser. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen und die Menschen auf die Straße brachte. Es ist nicht Fremdenfeindlichkeit oder Hass, es ist ein Gefühl der Unsicherheit. Ein Gefühl politischen Entscheidungen ausgeliefert zu sein. Eltern haben Angst um ihre Kinder. Wer wollte es ihnen verdenken? Ob die Sorge immer berechtigt ist, bleibt dahingestellt.

Der Versuch, die Unsicherheit der Bevölkerung durch Verharmlosung beiseite zu wischen, ist mehr als fahrlässig. Die einen fühlen sich mit ihren Sorgen allein gelassen, die anderen werden zu Unrecht in falscher Sicherheit gehalten.

Der Graben zwischen denen, die der Illusion von offenen Grenzen und einer Multikulti Gesellschaft anhängen und denen, die von ihrem Staat und seinen gewählten Politikern Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit fordern ist tief. Die Aufgabe von Politikern wäre es zu vermitteln, nicht auszugrenzen. Die Politiker sind Teil des Problems.

Die Themen, die die Menschen in Kandel, Berlin, Hamburg, Mainz und anderswo auf die Straße bringen, sind ausgiebig diskutiert. Die Verantwortung der Politik ist es, dem Rechtsstaat endlich wieder Geltung zu verschaffen, Lösungen für die Probleme der Gesellschaft zu finden und deren Spaltung zu überwinden.

Das ist die eigentliche Botschaft von Kandel.

Dirk Klostermann, Journalist

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