Kaum beansprucht: Ausnahmen vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose

Die Möglichkeit, Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn für bis zu sechs Monate auszunehmen, wird kaum genutzt. Die Arbeitsagenturen und Jobcenter haben von August 2015 bis April 2016 gerade einmal 1.990 Bescheinigungen ausgestellt, die für die Nutzung dieser Sonderregelung erforderlich sind.
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Ein Packer beim Paketdienst UPS, 2005Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Epoch Times13. Mai 2016

Die Möglichkeit, Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn für bis zu sechs Monate auszunehmen, wird kaum genutzt. Dies zeigen erstmals konkrete Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegen.

Danach haben die Arbeitsagenturen und Jobcenter von August 2015 bis April 2016 gerade einmal 1.990 Bescheinigungen ausgestellt, die für die Nutzung dieser Sonderregelung erforderlich sind.

Hochgerechnet auf das ganze Jahr sind das nach Angaben der Grünen-Abgeordneten Brigitte Pothmer, die die Anfrage bei der Behörde gestellt hatte, nicht einmal 0,3 Prozent der Zielgruppe – 2015 waren in Deutschland durchschnittlich 1,04 Millionen Langzeitarbeitslose gemeldet.

Tatsächlich dürften sogar noch weniger über diesen Sonderweg eine neue Arbeit gefunden haben, heißt es bei der BA. Denn "die Ausstellung einer Bescheinigung ist nicht gleichzusetzen mit dem Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses", teilte die Behörde der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen mit.

Die Bescheinigungen müssen die Langzeit-Jobsucher selbst beantragen, um ihrem Arbeitgeber nachzuweisen, dass sie zuvor ein Jahr ohne Stelle waren. Die Betriebe benötigen die Dokumente, um bei Zollkontrollen darlegen zu können, dass sie diesen Mitarbeitern keine 8,50 Euro zahlen müssen.

Für die Grünen-Abgeordnete Pothmer ist damit klar: "Die Ausnahme von Langzeitarbeitslosen vom Mindestlohn war von Anfang an ein Fehler." Es gebe nun die amtliche Bestätigung dafür, dass "dieses Bauernopfer im Mindestlohnstreit zwischen SPD und Union" wirkungslos sei.

Die Sonderregel gehöre daher "sofort wieder abgeschafft", sagte sie der SZ. Die Ausnahme helfe den Langzeitarbeitslosen nicht weiter und verursache bei den Arbeitsvermittlern nur unnötige Arbeit.

Ein Sprecher der Nürnberger Bundesagentur wies darauf hin, dass es für Arbeitgeber möglicherweise attraktiver sei, Langzeitarbeitslose über einen Eingliederungszuschuss einzustellen. Dieser betrage für maximal zwölf Monate immerhin 50 Prozent des Arbeitsentgelts.

Auf die Ausnahme beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose hatten die Arbeitgeberverbände und Unions-Politiker wie CSU-Chef Horst Seehofer gepocht. (dts)



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