„Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“ – oder doch?

"Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht", sagte Kanzlerin Merkel im Oktober 2013, als bekannt wurde, dass die NSA auch ihr Handy ins Visier genommen haben soll. Die Enthüllungen über Merkels Mobiltelefon gaben der Affäre eine neue Wendung - zuvor hatte der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) das Thema eigentlich für abgeschlossen erklärt...
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Eine Frau trägt eine Brille auf der steht: "Hört auf zu spionieren".Foto: Getty Images
Epoch Times15. Februar 2017

Nach knapp dreijähriger Ermittlungstätigkeit steht der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA kurz vor dem Abschluss. Am Donnerstag sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Zeugin aus.

Worum geht es im NSA-Ausschuss?

Seit Frühsommer 2013 spielte der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden Journalisten geheime Dokumente zu, die einen detaillierten Einblick in die weltumspannenden Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Dienste gaben. Hinter Codenamen wie „Prism“ verbargen sich Programme, die den Geheimdienstlern einen weitreichenden Zugriff auf Telefon- und Internetkommunikation ermöglichten.

„Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“, sagte Kanzlerin Merkel im Oktober 2013, als bekannt wurde, dass die NSA auch ihr Handy ins Visier genommen haben soll. Die Enthüllungen über Merkels Mobiltelefon gaben der Affäre eine neue Wendung – zuvor hatte der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) das Thema eigentlich für abgeschlossen erklärt.

Der Satz der Kanzlerin erschien dann in einem neuen Licht, als ab 2014 immer mehr Einzelheiten über die Zusammenarbeit zwischen NSA und dem Bundesnachrichtendienst bekannt wurden – unter anderem am Lauschposten im bayerischen Bad Aibling. Der deutsche Auslandsgeheimdienst soll auch auf eigene Faust europäische Verbündete ausgeforscht haben.

Wie verlief die Aufklärung im NSA-Ausschuss?

Der Untersuchungsausschuss unter Vorsitz des CDU-Abgeordneten Patrick Sensburg nahm im März 2014 seine Arbeit auf und konzentrierte sich zunächst auf die Spitzelaktivitäten ausländischer Dienste in Deutschland. Später setzten Grüne und Linke durch, auch den Einsatz fragwürdiger Suchbegriffe durch den BND beim Abschöpfen von Kommunikationsdaten zu beleuchten. In rund 130 Sitzungen wurden Sachverständige, Mitarbeiter der deutschen Geheimdienste und Regierungsvertreter vernommen.

Die Bundesregierung widersetzte sich allerdings dem Wunsch der Opposition, auch den ins russische Exil geflüchteten Snowden als Zeugen nach Berlin zu laden. Derweil verweigerten führende US-Internetunternehmen die Zusammenarbeit: Facebook, Google, Microsoft und Apple erklärten im Januar endgültig, für eine öffentliche Anhörung nicht zur Verfügung zu stehen.

Welchen Fragen wird sich Merkel stellen müssen?

Mit der Befragung der Kanzlerin schließt der Ausschuss die Beweisaufnahme ab. Im Mittelpunkt wird die Frage stehen, was Merkel wann über nicht vom Gesetz gedeckte Spähaktivitäten des Bundesnachrichtendienstes wusste. Der BND ist dem Kanzleramt unterstellt. Außerdem dürfte es um die gescheiterten Bemühungen gehen, mit den USA ein Abkommen auf gegenseitigen Spionageverzicht auszuhandeln.

Vertreter der Bundesregierung bemühten sich in dem Ausschuss, die Affäre als Fehlverhalten einiger BND-Mitarbeiter darzustellen. Der Geheimdienstbeauftragte im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, sagte am Montag, dass es in der strategischen Fernmeldeaufklärung seiner Ansicht nach keine bewusste Kompetenzüberschreitung gegeben habe. Allerdings habe eine „Kultur“ geherrscht, vor dem Hintergrund des Auftragsprofils Suchbegriffe einzusetzen, „die man für richtig hielt“. Dabei sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet worden.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte, dass die Regierungszentrale erst im März 2015 konkret von der umfangreichen Zusammenarbeit von NSA und BND beim Ausspähen befreundeter Staaten erfahren habe. Bei weiteren internen Ermittlungen sei dann das ganze Ausmaß der Überwachung von Zielen in befreundeten Staaten ans Licht gekommen.

Welche Konsequenzen wurden gezogen?

Die Spähaffäre gilt als ein Grund, warum der damalige BND-Chef Gerhard Schindler im vergangenen Sommer in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Fritsche sagte vor dem Untersuchungsausschuss, beim BND habe es Versetzungen und „Einschnitte in Karrieren“ gegeben, aber keine disziplinarischen Maßnahmen.

Ende 2016 trat ein Gesetz in Kraft, das für klarere Regeln und eine bessere Kontrolle bei der strategischen Fernmeldeaufklärung sorgen soll. Von dem erhofften „No-Spy-Abkommen“ mit den USA blieb derweil nur ein unverbindlicher „Cyberdialog“ zwischen Washington und Berlin. (afp)



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