Auswärtiges Amt: Syrien für Rückkehrer nicht sicher

Rund 750.000 Syrer sind nach Deutschland geflohen. Ein aktueller Bericht des Auswärtigen Amtes zeigt: Dass sie bald in ihre Heimat zurückkehren, ist unwahrscheinlich.
Titelbild
Ein kleiner Junge geht durch eine vom Bürgerkrieg zerstörte Straße in der syrischen Metropole Aleppo.Foto: Alea Horst/SOS-Kinderdörfer weltweit/dpa/dpa
Epoch Times2. Dezember 2019

In Syrien gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung aktuell keine Region, in die Flüchtlinge ohne Risiko zurückkehren können. Das geht aus einem vom Auswärtigen Amt verfassten internen Bericht hervor, der dpa vorliegt.

Darin heißt es: „Immer wieder sind Rückkehrer, insbesondere – aber nicht nur – solche, die als oppositionell oder regimekritisch bekannt sind oder auch nur als solche erachtet werden, erneuter Vertreibung, Sanktionen beziehungsweise Repressionen, bis hin zu unmittelbarer Gefährdung für Leib und Leben ausgesetzt.“

„Das Regime kann grundsätzlich weiter Luftangriffe im ganzen Land durchführen“, heißt es in dem Bericht weiter. Ausgenommen seien lediglich Regionen, die aktuell unter türkischer oder kurdischer Kontrolle stünden oder von den USA kontrolliert würden. Das Risiko, Opfer eines Terroranschlags zu werden, bestehe landesweit. Daneben müssten alle, die das Missfallen der Regierung erregt hätten, mit Repression rechnen.

Verlängerung des Abschiebestopps?

Das Auswärtige Amt hält in seinem Bericht vom 20. November fest: „Diese Bedrohung persönlicher Sicherheit ist somit nicht auf einzelne Landesteile beschränkt und besteht unabhängig von der Frage, in welchen Landesteilen noch Sicherheitsrisiken durch Kampfhandlungen und Terrorismus bestehen.“ Teilweise seien davon auch vormals regimenahe Syrer betroffen.

Zu den Haftbedingungen in Syrien hält die Bundesregierung unter Berufung auf Menschenrechtsorganisationen und einen UN-Bericht fest: „Gefangene werden auf engstem Raum zusammengepfercht, Leichen mitunter erst nach Tagen weggeräumt, medizinische Versorgung besteht kaum, und hygienische Zustände sind furchtbar.“ Es gebe Berichte, wonach Frauen in Gefängnissen ohne jegliche Unterstützung entbinden und für ihre Kinder sorgen müssten.

Der Bericht ist Gesprächsgrundlage für die anstehende Innenministerkonferenz von Bund und Ländern, die am Mittwochabend in Lübeck beginnt. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Beratungen über eine Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien. In einigen Bundesländern gab es zuletzt Überlegungen, Ausnahmen für Straftäter und sogenannte Gefährder zu prüfen.

Pro Asyl fordert dauerhaften Schutz für alle Syrer

„Angesichts dieser eindeutigen Lageeinschätzung sollte allen Syrern dauerhaft Schutz gewährt werden“, forderte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt. Die Flüchtlingsorganisation rief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) außerdem dazu auf, bei syrischen Flüchtlinge auf die sogenannte Widerrufsprüfung zu verzichten.

Bei dieser Prüfung, die im Regelfall nach drei Jahren stattfindet, wird geschaut, ob sich die Situation im Herkunftsland verändert hat oder ob in der Zwischenzeit neue Informationen zur Identität aufgetaucht sind. Die Überprüfung und der jeweils nur für sechs Monate vereinbarte Abschiebestopp sorgten bei den Syrern und bei Arbeitgebern für große Unsicherheit, kritisierte Burkhardt.

Derzeit um die 750.000 Syrer in Deutschland

Ende 2018 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 745.645 Syrer in Deutschland, darunter 551.830 Schutzsuchende, von denen rund 95 Prozent bereits anerkannt wurden. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres stellten 33.230 Menschen aus Syrien hierzulande erstmalig einen Asylantrag.

2018 bezuschusste der Bund die Rückkehr von 466 Menschen nach Syrien. Im ersten Quartal dieses Jahres nahmen 77 Flüchtlinge aus Syrien diese Hilfe in Anspruch. Was Syrer und vormals in Syrien ansässige Palästinenser zur Rückkehr bewegt, wird statistisch nicht erfasst. Häufig würden „Heimweh, Integrationsschwierigkeiten oder die Erkrankung von Familienangehörigen“ als Gründe genannt, hatte die Bundesregierung im vergangenen Mai auf eine Anfrage der Grünen geantwortet.

Der Bericht verweist auf Daten des UN-Flüchtlingshilfswerks, wonach 2018 rund 1,4 Millionen Binnenvertriebene in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt waren, hinzu kamen 56 066 Flüchtlinge, die aus dem Ausland zurückkehrten. Allerdings wurden den Angaben zufolge im selben Zeitraum 1,6 Millionen Menschen innerhalb Syriens vertrieben, viele von ihnen zum wiederholten Mal. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion