Bahn-Gewerkschaft EVG: 9-Euro-Ticket könnte im Chaos enden

Mit einem Sommer-Sonderangebot will die Bundesregierung den Bürgern den öffentlichen Nahverkehr schmackhaft machen. Der mögliche Andrang könnte schon Pfingsten zum Chaos führen, warnt die EVG.
In der Diskussion um das 9-Euro-Ticket warnt die Bahn-Gewerkschaft EVG vor Überlastung und Chaos.
In der Diskussion um das 9-Euro-Ticket warnt die Bahn-Gewerkschaft EVG vor Überlastung und Chaos.Foto: Uwe Anspach/dpa
Epoch Times27. April 2022

Das für den Sommer geplante 9-Euro-Ticket könnte den Öffentlichen Nahverkehr nach Einschätzung der Bahn-Gewerkschaft EVG in ein bislang nicht gekanntes Chaos stürzen.

„Ich rechne mit Räumungen überfüllter Züge und wegen Überlastung gesperrten Bahnhöfen“, sagte der EVG-Vorsitzende Klaus Hommel am Mittwoch am Rande einer Vorstandssitzung seiner Gewerkschaft in Fulda. Kein Bahn-Unternehmen sei bislang ausreichend auf den zu erwartenden Andrang der Kunden vorbereitet. Von Juni bis August sollen nach dem Willen der Bundesregierung flächendeckend Monatskarten für den Nahverkehr zum Preis von monatlich 9 Euro angeboten werden.

Auf touristisch attraktiven Strecken arbeiteten Busse und Bahnen schon ohne dieses Angebot an den Grenzen ihrer Kapazität, sagte Hommel. Er verwies auf Erfahrungen beim 1995 eingeführten Wochenend-Ticket der Deutschen Bahn, das damals zu einem sehr starken Andrang der Kunden geführt hatte, die auch längere Reisen mit den Nahverkehrstickets absolvierten. Einen ersten Tiefpunkt erwarte er schon zum Pfingstwochenende (4.-6. Juni), sagte der EVG-Chef.

Nicht ausreichend Fahrzeuge

Aktuell stünden nicht genug Fahrzeuge zur Verfügung, warnte die Gewerkschaft. „Die Züge von Dresden nach Bad Schandau sind schon jetzt jedes Wochenende überfüllt“, sagte Hommel. Weitere Hotspots seien die Rhein-Schiene sowie die Strecken Hamburg-Westerland und Mannheim-Bodensee. „Wir fürchten eine Überlastung des Systems bis hin zum Stillstand.“

Bei den Bahnhöfen könnten nach EVG-Einschätzung unter anderem die Bahnhöfe in Nürnberg und Ulm schnell an ihre Grenzen kommen. Ein besonderes Problem sei der Fahrrad-Transport, für den es keine ausreichende Infrastruktur gebe.

Das Bahnpersonal sei grundsätzlich hoch motiviert, die Kunden zu betreuen, sagte der Gewerkschafter. Es sei aber jetzt schon klar, dass zusätzliches Personal in den Zügen und an den Bahnsteigen benötigt werde. Die Unternehmen müssten sich schnell um Leiharbeiter bemühen und dem eigenen Personal in der Sommer- und Urlaubszeit Anreize setzen. Dafür seien ausreichende und schnell gezahlte Finanzmittel notwendig. Es bestehe auch die Gefahr, dass sich bei Problemen der Unmut der Fahrgäste gegen das Personal richte.

„Das Vorhaben der Ampel-Koalition will Gutes erreichen, dabei wurden aber die Konsequenzen nicht bedacht“, meinte der Gewerkschaftschef. Er verlangte eine offene Kommunikation zu den anstehenden Problemen ebenso wie nachhaltige Investitionen in das Verkehrssystem. Für ein besseres Angebot und eine ökologische Verkehrswende müsse die Kleinstaaterei im Nahverkehr aufhören.

Hommel wird die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft nur noch bis zum kommenden Gewerkschaftstag im Oktober führen. Bei der Vorstandssitzung in Fulda erklärte sein Vize Martin Burkert erstmals seine Bereitschaft, für den Chefposten zu kandidieren. Außerdem verabschiedete der Vorstand einstimmig eine Resolution, Rentner und Studierende in das geplante Energiepreis-Entlastungspaket aufzunehmen, das die Bundesregierung gerade beschlossen hat. (dpa/red)



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