Alle 18-Jährige Männer zur Musterung
„Bedarfswehrpflicht“: Union und SPD einigen sich auf Modell für neuen Wehrdienst
Mehr Soldaten, mehr Reservisten: Die Bundeswehr soll wachsen, so viel steht fest. Aber wie, darüber war sich die Koalition lange nicht einig. Nun haben die Verteidigungsexperten eine Lösung gefunden.

Details zum Wehrdienst wollen Verteidigungspolitiker von Union und SPD später vorstellen.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa
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Union und SPD haben sich nach langem Streit auf ein gemeinsames Modell für den neuen Wehrdienst geeinigt. Dies verlautete am späten Mittwochabend aus Kreisen der Koalitionsfraktionen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.
Bei einem Scheitern der Freiwilligkeit soll der Bundestag über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht entscheiden können, bei der auch ein Zufallsverfahren zur Auswahl genutzt werden kann, so dpa.
Das Modell soll am Donnerstag den Koalitionsabgeordneten in Sondersitzungen der Fraktionen vorgestellt werden; dann soll auch die Öffentlichkeit über die Details informiert werden.
Um was wurde gestritten?
Die Einigung wurde nach AFP-Informationen bei Beratungen von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit Vertretern der Koalitionsfraktionen erzielt. An dem Treffen nahmen die Fraktionschefs von Union und SPD, Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD), sowie Verteidigungsexperten aus beiden Fraktionen teil.
Strittig waren zuletzt Zielmarken für den Aufwuchs der Truppe und das Auswahlverfahren – etwa per Los beziehungsweise Zufallsprinzip – für den Fall, dass sich nicht ausreichend Männer und Frauen für einen freiwilligen Dienst melden. Diskutiert wurde auch über den künftigen Status der Betroffenen und ob alle von ihnen gleich Soldaten auf Zeit sein sollen.
Pistorius setzt in seinem ursprünglichen Gesetzentwurf zum neuen Wehrdienst zunächst auf Freiwilligkeit, um Rekruten für die Bundeswehr zu gewinnen. Die Union hatte einen Automatismus in Richtung einer Wehrpflicht verlangt, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden.
Debatte um Auslosungen
Fachpolitiker von CDU/CSU und SPD im Bundestag hatten deshalb Mitte Oktober einen Kompromissvorschlag ausgearbeitet. Demnach sollte ein Losverfahren bestimmen, wer zur verpflichtenden Musterung muss.
Finden sich dabei nicht genügend Freiwillige, sollten gemäß dem Bedarf der Bundeswehr per weiterem Losverfahren ausgewählte Männer zum Wehrdienst verpflichtet werden.
Minister Pistorius hatte dies abgelehnt und eine offizielle Verkündung der Vereinbarung durch die Parlamentsvertreter gestoppt. Sein Gesetzesvorhaben sieht vor, dass ab Mitte 2027 gesamte Jahrgänge von 18-Jährigen gemustert werden sollten. Einen Zwang zum Dienst soll es aber nicht geben.
Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden, ist aber weiter im Grundgesetz verankert. Sie kann mit einfacher Mehrheit im Bundestag wieder eingeführt werden und tritt auch in Kraft, wenn der Bundestag den Spannungs- oder Verteidigungsfall feststellt.
Das Grundgesetz sieht die Wehrpflicht für Männer vor. Um die Frage, ob und wie Frauen eingebunden werden sollen, gibt es immer wieder Diskussionen, ohne dass eine Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes aktuell erkennbar wäre. (afp/dpa/red)
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