Berlin: Parklets auch in Kreuzberg getestet – Kosten: 851 000 Euro, Anwohner vermissen Nutzen

In Berlin regt sich Unmut über sogenannte „Begegnungszonen“, die in Teilen der Stadt an die Stelle von Parkplätzen rücken. Die Politik will dennoch an ihnen festhalten, weil sie sich davon eine Abschreckung des Individualverkehrs erhofft.
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Berlin ist nicht gerade für viele Parkplätz bekannt - doch der Senat sieht das anders.Foto: iStock
Von 27. März 2019

Berlin gehört nicht unbedingt zu jenen Städten, die für eine besonders entspannte Parkplatzsituation bekannt sind. Dies gilt insbesondere für die besonders dicht bevölkerten Innenstadtlagen. Man könnte in einer solchen Situation meinen, es wäre ein Gebot städteplanerischer und politischer Vernunft, Parkraum nicht noch zusätzlich zu beschränken – sondern diesen allenfalls effizienter zu bewirtschaften, um Rücklagen zu bilden, die in Maßnahmen zur Entspannung der Lage fließen könnten.

Die „Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz“ hat hingegen andere Pläne. Sie hat erst jüngst sogenannte Parklets in der Kreuzberger Bergmannstraße eingerichtet. Bereits seit 2015 gibt es einen Modellversuch in der Schöneberger Maaßenstraße.

Bei den Parklets handelt es sich um erweiterte Sitzgelegenheiten, sogenannte Begegnungszonen, deren Ziel es sei, die „Aufenthaltsqualität“ von Straßen zu stärken. Anders als Sitzbänke, wie man sie von Bürgersteigen oder Parkanlagen kennt, oder als Gastgärten, die in Berlins Innenstadt vor den Lokalen errichtet werden, stehen sie dort, wo zuvor zwei Parkplätze waren – direkt an der Straße.

Lärm, Müll und ausbleibende Gäste

Die Kosten der 19 bislang eingerichteten Parklets belaufen sich bis dato auf insgesamt 851 000 Euro, berichtet die „Morgenpost“. Einen wesentlichen Nutzen können indessen nur wenige erkennen. Stattdessen klagen Anwohner, Autofahrer und Gastronomen gleichermaßen, die nicht mehr vor ihren Wohnhäusern parken können, Kunden verlieren oder durch Lieferfahrzeuge blockiert würden. Selbst Radfahrer sehen sich zunehmend von ihrer Spur verdrängt. Der Bund der Steuerzahler hätte das Geld lieber in die Gehwegsanierung investiert gesehen.

Selbst der Verschönerungseffekt, der nach Auffassung der Senatsverwaltung durch die Parklets bewirkt werden soll, will sich nicht einstellen – stattdessen monieren Anwohner, dass die Ecken zunehmend vermüllen, beschmiert werden und sich kaum einer dafür zuständig zu fühlen scheine, diese in Ordnung zu halten.

Auch stellen sich viele die Frage, wie es zusammengehe, auf der einen Seite Fahrverbote gegen Dieselfahrzeuge mit Feinstaub- und Abgasbelastung zu betreiben, auf der anderen hingegen Menschen, die diese „Begegnungsräume“ nutzen wollen, exakt diesen Emissionen noch direkter auszusetzen.

„Straße als sozialen Raum zurückgewinnen“

Aus Sicht der rot-rot-grünen Führung macht dies hingegen durchaus Sinn, immerhin tragen diese Parklets dazu bei, die „Fußverkehrsstrategie“ des Senats umzusetzen, welche „die Straße als sozialen Raum zurückgewinnen“ und den Kraftverkehr deutlich zurückdrängen will. Die Wichtigkeit, die das Linksbündnis diesem ideologischen Ziel beimisst, dürfte auch den Ausschlag dafür geben, dass die Politik die Begegnungszone in der Maaßenstraße beibehalten will. Auch eine Vielzahl kritischer Zuschriften, die auf die Aufforderung an die Bürger, ihre Meinung dazu mitzuteilen, eingelangt waren, konnte die Verantwortlichen nicht überzeugen.

In einer Auswertung zum Projekt Maaßenstraße aus dem Jahr 2017 hieß es, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kam „nach einem ausreichend langen Eingewöhnungszeitraum“ zu dem Ergebnis, dass es „einen Rückbau der Begegnungszone nicht geben werde“. Viele Ziele seien erreicht worden. Aber sie solle verbessert werden.

Dennoch wolle man bei neuen Projekten wie in Kreuzberg weiterhin die Bürger zu allen weiteren Schritten befragen und beteiligen. Verkehrssenatorin Regine Günther spricht erst mal nur von einer „Vorphase der Testphase“ in der Bergmannstraße. Anwohner befürchten jetzt schon eine Verlagerung des Parkverkehrs in Seitenstraßen und eine Zunahme der Lärmentwicklung und Vermüllung durch zechende Jugendliche, die gerade in der warmen Jahreszeit noch am späten Abend in den Begegnungszonen ihre im „Späti“ erworbenen Getränke verzehren wollen.

Linksextreme richten „wilde“ Begegnungszonen ein

In der Bergmannstraße werden die Begegnungszonen allerdings nach derzeitigem Stand bis zum Herbst wieder abgebaut, berichtet die Morgenpost weiter. Die Aussicht auf Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung erschien dem Senat dann offenbar doch als so attraktiv, dass man diese ab Oktober im Bergmann- und Viktoriakiez einführen will.

Unterdessen sollen linksextreme Aktivisten an einzelnen Stellen der Stadt, etwa am Kottbusser Damm, damit begonnen haben, „wilde“ Begegnungszonen zu errichten, die zudem so gebaut wurden, dass sie Autofahrern die Sicht nehmen. Kreuzbergs Grüner Bezirksstadtrat Florian Schmidt deutet die in der Bevölkerung ungeliebten Parklets gar zu „Protestparklets gegen Mietenwahnsinn“ um.

Dr. Sebastian Sigler kommentiert die Problematik auf „Tichys Einblick“ ironisch:

„Eine hervorragende, ja, nicht zu überbietende Fläche für 30 000 Parklets – oder auch 300 000 – wäre das Rollfeld der Flughafens BER.“

Der größte Vorteil des Parklet-Standortes BER wäre aber ökologischer Natur: „Denn auf dieser Piste fallen weder Feinstaub noch Abgase an. Und endlich wäre amtlich-politisch legitimiert, warum sich dort nach wie vor nichts bewegt – absolut gar nichts.“



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