Neuregelung der Sterbehilfe: Berliner Erzbischof befürchtet „Verschiebung des Wertesystems“

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Sterbehilfe (Symbolbild).Foto: Rainer Jensen / Symbolbild/dpa
Epoch Times15. April 2019

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch hat vor der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe vor einer „Verschiebung des Wertesystems“ gewarnt. Koch sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben), er erhoffe sich „ein starkes Signal für den Schutz des Lebens“.

Wenn der Suizid aber „als normale Option neben die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen“ gestellt werde, befürchte er eine „Verschiebung des Wertesystems“.

Suizid als „Option“ gefährlich

Konkret sehe er die Gefahr, „dass Menschen gedrängt werden oder sich gedrängt fühlen, von solchen Optionen auch Gebrauch zu machen“, sagte der Erzbischof. Deshalb sei es richtig, dass der Gesetzgeber 2015 diese Formen der Suizidassistenz verboten habe.

Als richtig und mindestens genauso wichtig bezeichnete Koch den „gleichzeitigen Ausbau der palliativen und hospizlichen Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen“.

Dienstag und Mittwoch wird verhandelt

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag und Mittwoch über das Verbot der sogenannten geschäftsmäßigen Sterbehilfe. Seit dreieinhalb Jahren ist in Deutschland die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten.

Wörtlich heißt es in Paragraf 217: „Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Mit der Neuregelung blieb die Beihilfe zur Selbsttötung zwar grundsätzlich weiter erlaubt. Strafe droht seither aber, wenn sie „geschäftsmäßig“ betrieben wird. Dafür muss auch kein kommerzielles Interesse vorliegen.

Sterbehilfevereine klagen

Die klagenden Sterbehilfevereine wehren sich dagegen, dass sie für nicht mehr tätig werden können. Der Verein Sterbehilfe Deutschland bietet deshalb derzeit keine Suizidbegleitungen mehr an. „Wir hoffen, dass Paragraf 217 für verfassungswidrig erklärt wird“, sagte der Vereinsvorsitzende Roger Kusch der Nachrichtenagentur AFP.

„Um im eigenen Bett zu sterben, brauchen Menschen einen Verein.“ Dieser vermittle Ärzte für eine Suizidassistenz. Wer zu einem solchen Verein komme, akzeptiere auch eine „aufwändige und belastende Prüfung“. Einer solchen Prozedur unterzögen sich nur Menschen, die fest entschlossen seien. Der Verein bringe niemanden auf den Gedanken der Selbsttötung.

Suizid in Krisensituation

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, mahnt dagegen, Suizidgedanken entstünden „zumeist in einer seelischen und körperlichen Krise“. Gerade dann seien Menschen „besonders empfänglich für Angebote geschäftsmäßiger Suizidhelfer“.

Für Brysch bedeutet das: „Der organisierte Weg in den Tod darf nicht die Alternative zur Therapie sein.“ Der Suizid selbst und die Hilfe dazu blieben auch weiterhin straffrei. Der Gesetzgeber habe mit dem Paragrafen 217 nicht in die Grundrechte des Einzelnen eingegriffen.

Spahn hält sich raus

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will nun zunächst das Urteil aus Karlsruhe abwarten. „Alles andere hieße, dass Beamte – oder am Ende ich als Minister – darüber entscheiden, wer mit staatlicher Unterstützung sterben darf und wer nicht“, sagte Spahn im Februar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Entscheidung der Verfassungsrichter wird noch in diesem Jahr erwartet. (afp)



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