Bertelsmann-Studie: Europäischer Arbeitslosenfonds sichert auch Bundesbürger ab

Der europäische Arbeitslosenfonds würde Deutschland pro Jahr zwei Milliarden Euro kosten, heißt es in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Bei Krisen würde er aber auch Bundesbürger absichern. Kritiker befürchten jedoch einen "sicheren Einstieg in die Transferunion".
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EU-Flagge (Symbolbild).Foto: Dan Kitwood/Getty Images
Epoch Times18. Dezember 2018

Die von Finanzminister Olaf Scholz vorgeschlagene europaweite Vorsorge gegen Jobverlust würde Deutschland pro Jahr zwei Milliarden Euro kosten – bei Krisen aber auch Bundesbürger absichern. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, über die die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Ein gemeinsamer Finanztopf gegen Arbeitslosigkeit würde den Euroraum in der nächsten Krise kostengünstig stabilisieren. Die von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagene Vorsorge würde ein Viertel möglicher Lohneinbußen von Arbeitslosen auffangen, heißt es in der Studie. Deutschland müsste zwei Milliarden Euro im Jahr zahlen, hätte aber selbst schon Geld kassiert.

Bei Finanz- und Währungskrisen geraten oft mehrere Länder in Bedrängnis und stecken sich mit ihren Problemen gegenseitig an. In den Jahren ab 2009 stieg die Arbeitslosigkeit im Euroraum von 12 auf 19 Millionen Menschen, die Euro-Länder gerieten in bitteren Streit.

Nach Scholz‘ Modell sollen sie künftig einen Finanztopf für Länder füllen, die einen Konjunkturschock mit deutlich mehr Arbeitslosen erleiden. Die Studie belegt, dass mit diesem Modell zwischen 2000 und 2016 insgesamt 40 Milliarden Euro geflossen wären. Durch einen solchen Fonds müssen Krisenstaaten weder das Arbeitslosengeld kürzen noch die Beiträge erhöhen, was die Konjunktur stützt.

Die Forscher betonen, dass es sich nicht um dauerhafte Transfers zwischen Ländern mit niedriger und hoher Arbeitslosigkeit handelt, sondern um Hilfe bei Schocks. Außerdem muss das Geld binnen fünf Jahren zurückgezahlt werden.

„Sicherer Einstieg in die Transferunion“ befürchtet

Das Vorhaben ist Teil des deutsch-französischen Kompromisspapiers für Reformen der Währungsunion vom Sommer. Mehrere nordeuropäische Staaten lehnen es ab, ebenso CDU/CSU-Politiker, die einen „sicheren Einstieg in die Transferunion“ befürchten.

Immerhin erteilten die Euro-Finanzminister einen Prüfauftrag für Instrumente wie den Arbeitslosenfonds. „Ich gehe davon aus, dass die Union dieses Ergebnis mitträgt“, sagt die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe.

„Durch solche Instrumente, die völlig fehlen, lassen sich künftige Krisen schneller stoppen. Das ist auch gut für starke Volkswirtschaften wie Deutschland, die viel exportieren“, so Kiziltepe.

Deutschland hat bereits profitiert

Neben anderen als solide geltenden Euro-Staaten wie Finnland und Österreich hätte auch die Bundesrepublik schon direkt vom Fonds profitiert. Als 2003 die Arbeitslosigkeit rasch über das normale Niveau stieg, hätte Deutschland 2,5 Milliarden Euro erhalten.

„Zwischen 2000 und 2016 wäre kein Land permanenter Nettozahler gewesen“, so Christian Kastrop von der Bertelsmann-Stiftung. Um die Akzeptanz zu erhöhen, hat Finanzminister Scholz das Modell auf Kredite konzentriert, die Krisenstaaten zurückzahlen müssen, sobald es ihnen besser geht.

Die Studie zeigt, dass der Fonds doppelt so viel helfen würde, wenn das Geld in Form von Zuschüssen fließen würde. Dann würden sogar die Hälfte der Einkommensverluste von Arbeitslosen kompensiert.

Ökonomischer Nutzen des Fonds viel zu gering

Kritik kommt vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger: „Man braucht einen solchen Arbeitslosenfonds nicht. Die Staaten können sich Geld am Kapitalmarkt leihen. Und wenn das nicht geht, beim Stabilitätsmechanismus ESM. Der ökonomische Nutzen ist im Vergleich zu den politischen Kosten gering.“ (dts)



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