BGH urteilt zu weiblicher Anrede in Formularen – Seniorin kämpft um Ansprache als „Kundin“

Werden Frauen benachteiligt, wenn in Formularen nur vom "Kunden" die Rede ist? Das beantwortet heute der BGH. Bekommt Klägerin Marlies Krämer recht, hätte dies weitreichende Folgen. Wenn nicht, will sie weiterkämpfen.
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Der BGH verhandelte über die Klage einer Rentnerin, die erreichen will dass Sparkassen auf ihren Formularen auch die weibliche Form von Kontoinhaber, also Kontoinhaberin, nennen müssen.Foto: Uli Deck/dpa
Epoch Times13. März 2018

Haben Frauen ein Recht auf eine weibliche Ansprache in Formularen? Darüber urteilt der Bundesgerichtshof (BGH) heute. Geklagt hat eine Sparkassen-Kundin aus dem Saarland, die die Entscheidung nach eigenen Worten „mit Lampenfieber“ von zu Hause aus verfolgt.

Die Klägerin Marlies Krämer (80) fühlt sich mit männlichen Formulierungen wie „Kunde“ oder „Kontoinhaber“ nicht angesprochen und pocht auf die Ansprache als „Kundin“ oder „Kontoinhaberin“. Entscheidend wird sein, ob und inwiefern die Klägerin durch die unweibliche Formularsprache wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurde (VI ZR 143/17).

Würde die Klägerin recht bekommen, müssten über 800 verschiedene Sparkassen-Formulare umgeschrieben werden und mehr als 1600 Kreditinstitute in Deutschland hätten ein Problem. Auch könnte ein solches Urteil Folgen für alle Formen der Vertragssprache haben, meint die Dortmunder Juraprofessorin und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Maria Wersig.

Für den Fall, dass Marlies Krämer vor dem höchsten deutschen Zivilgericht unterliegt, will sie weiterkämpfen – und notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. „Ich sehe das überhaupt nicht mehr ein, dass ich als Frau totgeschwiegen werde.“

Und: „Ich will es jetzt wissen“, betont die kampferprobte Seniorin, die schon andere Schlachten für sich entschieden hat: So verzichtete sie in den 90er Jahren so lange auf einen Pass, bis sie als „Inhaberin“ unterschreiben konnte. Später sammelte sie erfolgreich Unterschriften für weibliche Wetter-Hochs. Davor wurden Frauennamen nur für Tiefs verwendet.

Der von manch einem belächelte Formular-Streit ist für sie alles andere als eine Petitesse. Es geht für sie ums Grundsätzliche: „Sprache ist der Schlüssel zur Gleichberechtigung.“

In den Vorinstanzen war die Seniorin allerdings erfolglos. Schwierige Texte würden durch die Nennung beider Geschlechter nur noch komplizierter, argumentierte das Landgericht Saarbrücken. Zugleich verwies es darauf, dass die männliche Form schon „seit 2000 Jahren“ im allgemeinen Sprachgebrauch bei Personen beiderlei Geschlechts als Kollektivform verwendet werde.

Das tut im übrigen der Gesetzgeber noch häufig selbst, etwa in Gesetzestexten – wie der Anwalt der beklagten Sparkasse und auch der BGH-Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung vor drei Wochen erwähnten. (dpa)



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