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Rossmann, Vorwerk und Fritz-Cola verlassen „Die Familienunternehmer“

Brandmauer bröckelt: Wie Wirtschaftsverbände ihren Kurs zur AfD neu ordnen

Der Austritt von Rossmann aus dem Verband „Die Familienunternehmer“ hat eine schwelende Debatte offen zutage treten lassen: Wie soll die Wirtschaft mit der AfD umgehen? Während einige Organisationen Gespräche ablehnen, setzen andere auf inhaltliche Auseinandersetzung statt moralischer Abgrenzung. Der Riss geht quer durch die Verbände – und sorgt für Bewegung.

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Die Drogeriekette Rossmann verlässt den Verband „Die Familienunternehmen“.

Foto: Adam Berry/Getty Images

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Rossmann kündigt seine Mitgliedschaft wegen des Kurswechsels der Familienunternehmer zur AfD. Vorwerk und Fritz-Cola folgen.
  • Verbandspräsidentin Ostermann fordert Debatten statt Ausgrenzung – warnt aber vor wirtschaftsfeindlichen AfD-Positionen.
  • Große Wirtschaftsverbände halten weiter Abstand, andere sprechen aus Respekt vor dem Amt mit allen gewählten Abgeordneten.
  • In der Wirtschaft wird der Erfolg der bisherigen „Brandmauer“-Strategie zunehmend hinterfragt.

 
Im Verband der Familienunternehmer bewegt die Debatte um den Umgang mit der AfD weiterhin die Gemüter. Die Drogeriekette Rossmann hat einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ zufolge ihren Austritt aus dem Verband erklärt. Gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ bestätigte eine Sprecherin die Richtigkeit des Berichts.
Zur Begründung verwies man aufseiten von Rossmann auf die jüngste Positionierung des Verbands gegenüber der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei:
„Wir unterstützen die Haltung des Verbands ‚Die Familienunternehmer‘ nicht und haben die Mitgliedschaft gekündigt.“

Verbandspräsidentin: Familienunternehmer lassen „Kontaktverbot“ mit AfD-Abgeordneten fallen

Der Verband hatte entgegen der zuvor etablierten Praxis zu einem parlamentarischen Abend in einer Niederlassung der Deutschen Bank in Berlin auch Vertreter der AfD eingeladen. Die Deutsche Bank soll anschließend ihren Nutzungsvertrag mit dem Verband gekündigt haben, weshalb dieser einen neuen Tagungsort suchen muss.
Familienunternehmer-Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann hat gegenüber dem „Handelsblatt“ bestätigt, dass es kein „Kontaktverbot“ mehr zu AfD-Bundestagsabgeordneten gebe. In mehreren Landesverbänden habe es „diese Art der Brandmauer noch nie gegeben“, fügte Ostermann dazu, deren Verband 6.600 Unternehmen angehören.
Man habe alle im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, am parlamentarischen Abend teilzunehmen. Von der AfD sei ein Vertreter erschienen, die Linksfraktion habe niemanden geschickt. Innerhalb des Verbands habe man im Frühjahr über alle Gremien einen Konsens erzielt, mit einzelnen AfD-Fachpolitikern auf bundespolitischer Ebene ins Gespräch zu kommen, „ohne ihnen eine Bühne zu geben“. Dieses Vorgehen sei auch bei anderen Wirtschaftsverbänden und Kammern üblich.

Verband hält AfD dennoch nicht für regierungsfähig

In einer Presseerklärung vom Montag, 24. November, äußerte Ostermann, dass sich „Empörung allein“ als politische Strategie gegenüber der AfD erschöpft habe. Das „Überbieten mit immer heftigeren Antifa-Parolen“ habe nichts gebracht, die Partei werde weiterhin stärker. In Sachsen-Anhalt sei nächstes Jahr sogar eine Alleinregierung möglich.
Die Hoffnung, man könne „ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen“, sei nicht aufgegangen. Es sei deshalb eine Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, „jenseits von schlichten Kategorisierungen in ‚gut‘ und ‚böse‘“ erforderlich.
Zugleich macht Ostermann deutlich, dass man die AfD in den Reihen des Familienunternehmer-Verbandes nicht für regierungsfähig hält. Dies habe man bereits im Landtagswahlkampf in Sachsen deutlich gemacht, als man an Flughäfen Plakate unter dem Motto „Keine Reise ins Blaue“ affichieren ließ. Diese warnten im Juli 2024 vor Stimmen für AfD und BSW. Auch in einem Analysepapier hat sich der Verband „Die Familienunternehmer“ von der AfD abgegrenzt. Man kritisierte eine Vielzahl an Positionen als wirtschaftsfeindlich – von der Ablehnung von Freihandelsabkommen bis zum Eintreten für die Wehrpflicht.

Vorwerk und Fritz-Cola folgen Rossmann

Das Weltbild der AfD passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung ihres Verbands, unterstrich Ostermann. Mit einem Andersdenkenden zu diskutieren, heiße aber nicht, seine Positionen zu akzeptieren. Demokratie lebe „vom Streit um die besten Inhalte, nicht vom Schweigen“. Die Zeit der Debattenverweigerung sei vorbei, diese mache „am Ende nur die Extremisten stark“.
Der Haushaltsgerätehersteller Vorwerk bestätigt Handelsblatt, er habe entschieden, seine „seit längerer Zeit ruhende Mitgliedschaft nicht wieder aufleben zu lassen und auch formal aus dem Verband auszutreten“.
Der Getränkehersteller Fritz-Kola bestätigt den Sendern RTL und ntv, dass das Unternehmen seine Mitgliedschaft beendet habe. „Die Entscheidung der Verbandsführung, die bisherige Distanz gegenüber der AfD aufzugeben, steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen, die Fritz-Kola als Unternehmen vertritt“, schreibt das Unternehmen. „Eine offene, demokratische Gesellschaft bildet für uns die Grundlage wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handelns.“
Die Oetker Collection KG wollte sich zu politischen Fragen nicht äußern.
Die Positionen von Verbänden zum Umgang mit der AfD sind mittlerweile uneinheitlich. Der Digitalverband Bitkom lehnt ebenso wie der Industrieverband BDI oder der Chemieverband VCI gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ einen Austausch ab. Man wolle der Partei und ihren Politikern keine Plattform bieten.

Uneinheitliches Bild: Bäcker und Forstbetriebe wollen auch mit AfD reden

Friedemann Berg vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks erklärte gegenüber „Bild“, man verweigere gewählten Parlamentariern grundsätzlich kein Gespräch. Er äußerte:
„Wenn die AfD aber anfragt oder um ein Gespräch bittet, gebietet der Respekt vor dem Abgeordnetenamt, mit der AfD zu sprechen.“
Allerdings erschwerten Positionen der Partei etwa zur EU oder zur „Remigration“ den Dialog. Max von Elverfeldt vom Verband „Familienbetrieb Land und Forst“ (FaBLF) erklärte, als Interessenverband agiere man unparteiisch. Man rede mit allen demokratisch gewählten Parteien im Austausch, „auch wenn deren Positionen von den eigenen Interessen oder Überzeugungen abweichen“.
Demgegenüber erklärte Patrick Kammerer vom Markenverband e. V., man bleibe dabei, „nicht mit Parteien mit extremistischen Positionen in den Austausch zu gehen“. Ähnlich sehen es der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) und der Handelsverband Deutschlands (HDE).
Christoph Ahlhaus vom Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) will auch auf Distanz zur AfD bleiben. Gleichzeitig äußerte er aber im „Handelsblatt“, die Umfrageergebnisse „sprechen derzeit nicht dafür, dass die Strategie der Brandmauer erfolgreich funktioniert hat“.
 
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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