Brüderle warnt vor Alleingängen bei Flüchtlingsaufnahme: Merkel hat 2015 „viel kaputt gemacht“

"Wenn wir 2015 wiederholen, das war die große Stunde der AfD, gefährden wir erheblich politische Strukturen bei uns im Land", warnt Rainer Brüderle, ehemaliger FDP-Fraktionsvorsitzender.
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Der deutsche Politiker und Mitglied der freiheitlich-demokratischen FDP Rainer Brüderle trifft am 7. September 2016 zu dem Staatsbegräbnis von Walter Scheel in Berlin ein.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Epoch Times18. September 2020

Rainer Brüderle, ehemaliger FDP-Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat 2013, warnt angesichts der deutschen Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen aus Griechenland vor nationalen Alleingängen. „Wenn wir 2015 wiederholen, das war die große Stunde der AfD, gefährden wir erheblich politische Strukturen bei uns im Land. Nach 2015 gab es ja nach unserem Alleingang keine Abnahmemöglichkeiten für die von uns aufgenommenen Flüchtlinge in den Nachbarländern. Es muss heute eine europäische Lösung her. Selbst wenn nicht alle 27 dabei sind, dann eben 18“, sagte Brüderle dem Magazin Cicero.

Bundeskanzlerin Merkel habe damals „viel kaputt gemacht“, so Brüderle. „Bei den Osteuropäern blieb der Eindruck: Die Deutschen machen sowieso, was sie wollen.“ Merkel hätte anders als Kohl die kleineren europäischen Länder nicht miteinbezogen.

Brüderle: Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung größer als Freiheitsgedanke

Auf die Frage, ob er sich Sorgen mache um die Zukunft der FDP aufgrund der schlechten Umfrageergebnisse, erklärte Brüderle, er sei seit über 40 Jahren aktiv in der FDP. Leider gäbe es solche Phasen immer wieder. „In der Pandemie gibt es große Verunsicherung, und bei vielen ist der Drang, sich an den Staat anzulehnen, größer als der Freiheitsgedanke“, begründet er die Umfragewerte.

Man müsse auf dem Parteitag in Richtung Mittelstand klarmachen, dass man andere Vorstellungen als Wirtschaftsminister Altmaier habe, der als Staat in die Unternehmen reingehe und zentrale Industriepolitik betreiben wolle. „Der Staat kann das nicht besser als die Menschen in den Unternehmen“, so der ehemalige Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz.

Er begründet den Fall seiner Partei auf Bundesebene von 11 Prozent (2013) auf etwa 5 Prozent heute, dass sich Westerwelle damals gefallen lassen hätte, dass Merkel später alle Elemente der steuerlichen Entlastung strich, die im Koalitionsvertrag standen. „Das war einer der Gründe, warum wir bei den Wählern Ansehen verloren haben“, sagt der einstige stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende.

FDP-Politiker: „Man muss sich selbst treu bleiben“

Er empfiehlt seiner Partei für den anstehenden Wahlkampf Geschlossenheit. „Ich weiß, dass jeder darum bemüht ist, in der Zeitung zu stehen. Aber wenn man nicht ein gesundes Maß ‚Korpsgeist‘ an den Tag legt, wirkt man nach außen konfus“, sagte er. Sein Rat nach fast fünfzig Jahren Politik sei vor allem, sich selbst treu zu bleiben. „Heute werden Sie freundlich begrüßt und kommen mit großem Foto auf die Titelseite, und morgen werden Sie von hinten fotografiert und bekommen einen Tritt in den Hintern“, so Brüderle. (dts/er)

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