Das Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft
BSW setzt Parteitag fort - De Masi und Mohamed Ali sind neue Doppelspitze
Das BSW hat nun nicht nur einen neuen Namen: Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft. Die neue Doppelspitze bilden Fabio De Masi und Amira Mohamed Ali. Der Bundesparteitag dauert an.

Sahra Wagenknecht am 6. Dezember 2025.
Foto: Ronny Hartmann/afp via Getty Images
Führungswechsel beim BSW: Nach dem Rückzug von Gründerin Sahra Wagenknecht vom Parteivorsitz bilden Fabio De Masi und Amira Mohamed Ali die neue Doppelspitze.
Der Europaabgeordnete Fabio De Masi wurde zum neuen Vorsitzenden der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht gewählt. Der 45-Jährige erhielt 93,3 Prozent abgegebene Stimmen. Die bisherige Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali wurde mit 82,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.
Zudem ändert die Partei auf dem Bundesparteitag in Magdeburg ihren Namen: Statt „Bündnis Sahra Wagenknecht“ soll sie ab 1. Oktober 2026 „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ heißen. Das Kürzel BSW bleibt.
Der neue Name soll ab Oktober kommenden Jahres gelten, also nach den 2026 anstehenden Landtagswahlen. Gewählt wird unter anderem in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin.
Sonntag: Wahl von weiteren Vorsitzenden
Am Sonntagvormittag sollen die Ergebnisse der Wahl von sieben stellvertretenden Bundesvorsitzenden bekannt gegeben werden.
Beworben haben sich acht Frauen und Männer. Der Thüringer Steffen Schütz zog seine Kandidatur zurück. In seiner Bewerbungsrede sagte Schütz am Abend des 6. Dezember, er merke, dass er das Vertrauen der rund 660 Delegierten nicht gewinnen könne. Gleichwohl werde er sich weiter einbringen.
Wagenknecht gesteht Fehler ein
Wagenknecht räumte in einer umjubelten Rede vor den rund 660 Delegierten ein, dass es für das BSW derzeit nicht rund läuft: „Wir sind in der bisher schwierigsten Phase unserer Parteigeschichte.“

Sahra Wagenknecht (2. r), ihr Ehemann Oskar Lafontaine (2.l.), Amira Mohamed Ali (r), und Fabio de Masi (l.) am 6. Dezember 2025 auf dem Bundesparteitag des BSW.
Foto: Jens Schlueter/Getty Images
So sei es ein Anfängerfehler gewesen, bei der Aufnahme neuer Mitglieder zu lange restriktiv vorgegangen zu sein. „Wir müssen mehr Menschen in unsere Partei holen“, sagte Wagenknecht. Es hätten sich zudem unter dem bisherigen Verfahren „Netzwerke“ verfestigt, die man jetzt wieder auflösen müsse.
Es sei eine Illusion gewesen, „Querulanten und Karrieristen“ fernhalten zu können, das habe nicht funktioniert. Stattdessen habe man ehrliche Unterstützer verprellt. Die Partei habe mittlerweile über 11.000 Mitglieder und noch 6.000 unbearbeitete Aufnahmeanträge, sagte Wagenknecht.
Auch bei der Ansprache verschiedener Wählerschichten habe man Fehler gemacht. Das BSW habe ein völlig anderes Wählerklientel als Grüne und Linke.
Viele BSW-Wähler wohnten eher auf dem Land und seien nicht privilegiert, sie hätten ein geringes Einkommen. Mit „linker Politik“ würden von einem Teil dieser BSW-Wähler Positionen verbunden, die sie abstoßen.
Als Beispiel nannte Wagenknecht „offene Grenzen“, eine „unrealistische Klimapolitik“ oder „Gender-Unsinn“. „Wir müssen so diskutieren und sprechen, dass diejenigen uns verstehen, deren Sympathie und deren Wählerstimmen wir gewinnen wollen“, sagte Wagenknecht, das sei „sehr, sehr wichtig“.
Zentrale Positionen des BSW
Wagenknecht hatte vor einigen Wochen angekündigt, sich vom Parteivorsitz zurückzuziehen. Sie will vorerst nur Chefin einer Grundwertekommission im BSW sein.
Zugleich bekräftigte sie in teils scharfen Worten die zentralen Positionen des BSW: Widerspruch gegen Wehrpflicht und höhere Rüstungsausgaben; Werben für Verhandlungen mit Russland und Import billiger Energie von dort; ein Rentensystem wie in Österreich.
Die „angeblichen Demokraten“ seien dabei, „den Abriss des Sozialstaats und den Weg in einen neuen Militarismus und Autoritarismus“ voranzutreiben, sagte Wagenknecht.
„Die Wahrheit ist doch, russische Verhältnisse, also ein autoritäres System, drohen in Deutschland nicht, weil Putins Armee durchs Brandenburger Tor zieht, sondern sie drohen, weil die Parteien, die sich gern die demokratischen nennen, immer stärker unser Land in einen autoritären Einschüchterungsstaat verwandeln.“
Über die Europäische Union sagte sie: „Ich muss auch sagen, die alte Maxime der US-Politik, ‚Fuck the EU‘ – ehrlich gesagt, wenn ich Frau von der Leyen sehe und Frau Kallas und diese ganzen Figuren, da könnte ich fast Sympathie dafür bekommen.“
Klage zur Bundestagswahl: Neuauszählung
Vor Wagenknecht hatte schon ihre Co-Vorsitzende Mohamed Ali heftige Kritik daran geübt, dass sich der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags gegen eine Neuauszählung der Bundestagswahl vom Februar ausgesprochen hatte.
„Das ist wirklich so dreist, es ist schändlich“, sagte Mohamed Ali. Sie bekräftigte die Ankündigung, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Bei der Wahl war das BSW sehr knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Partei geht von Zählfehlern aus.
Generalsekretär Christian Leye sagte, die Themen lägen für das BSW auf der Straße, etwa die Beschlüsse der schwarz-roten Koalition zum Wehrdienst. „Unsere Kinder kriegt ihr nicht mit dem Losverfahren.“
Das Thema Frieden, Kritik an der NATO und der Verzicht auf Energieimporte aus Russland standen auch im Zentrum der Generaldebatte zur Ausrichtung der Partei. Zum Leitantrag der Parteispitze gab es etliche Änderungsanträge, die Diskussion blieb ruhig.
Widerspruch gegen Kritik an Thüringen
Der Thüringer BSW-Politiker und Infrastrukturminister Steffen Schütz nahm Bezug auf Friedenspolitik – und verband dies mit Kritik an innerparteilichem Streit über die Brombeer-Koalition in Erfurt.
Wichtig sei zu unterstreichen, dass das BSW die einzige konsequente Friedenspartei sei, sagte Schütz. „Das ist unsere Mission, nicht gegen die eigenen Kritiker Krieg zu führen.“
Schütz warb für ein Ende der Streitigkeiten zwischen der Bundesspitze der Partei und dem Landesverband Thüringen. „Ich hoffe, ich kann jetzt vielleicht ein Friedenssignal setzen am St. Nikolaus“, sagte Schütz, in Thüringen Digital- und Infrastrukturminister. Er sagte aber auch, er sei „richtig sauer“. Der Streit zwischen Thüringen und dem Bund nerve.
Schütz hatte im Frühjahr nach einem wochenlangen Machtkampf mit Wagenknecht um die Besetzung der Thüringer BSW-Spitze auf eine erneute Kandidatur als Co-Vorsitzender verzichtet. Seine Kandidatur für den Vorstand im Bund hatte er vor einigen Wochen angekündigt.
Wagenknecht übt ihrerseits immer wieder Kritik an der Regierungsarbeit in Erfurt – auch in ihrer Rede in Magdeburg.
Regieren oder nicht?
Im BSW wird gestritten, ob und unter welchen Bedingungen die Partei in Koalitionen mitregieren soll. Der ehemalige Brandenburger Landeschef Robert Crumbach, Finanzminister in einer Koalition mit der SPD, hatte es in der „Welt“ so formuliert:
„Es gibt einen Grunddissens: Will man gestalten oder will man kritisieren?“ Crumbach hatte sich auch eine Kandidatur für den Bundesvorsitz oder als Vizechef offen gehalten. Am Samstag teilte er dpa mit, dass er nicht kandidieren werde. (dts/dpa/red)
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