Abschiebe-Desaster: Beamte treffen auf gewaltsamen Widerstand – und haben Schichten von 20 oder 30 Stunden

Abschiebeflüge bedeuten für die Polizei nicht nur mehr Stress und Gefahr für die eigene Gesundheit. Eine angemessene Entschädigung dafür erhalten sie nicht. Wenn eine Abschiebung ausfällt, verliert der Beamte z.B. die Arbeitsstunden: "Du besorgst dir Visa, Riesenaufwand, alles umsonst [und] die haben sich verdünnisiert.“
Titelbild
Polizisten bringen einen jungen Mann aus Afghanistan zur Abschiebung zum Frankfurter Flughafen (Archivbild).Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times5. März 2019

Die geringe Zahl von Abschiebungen bzw. Abschiebeflüge sind seit Jahren Thema in Deutschland. Nun wurde bekannt, dass die Arbeitsbedingungen für die Beamten der Bundespolizei auch ein Faktor sind, warum es zu wenige Abschiebungen gibt. Ein vertraulicher Bericht der Bundespolizei mit dem Titel „Rückführung 2020″, über den der „Spiegel“ berichtete, brachte die katastrophale Situation ans Licht.

Der Bericht verdeutlicht, wie unattraktiv die Arbeitsbedingungen für die Bundespolizisten sind. Dadurch ließen sich immer schwerer ausreichend Bundespolizisten für die Abschiebeflüge finden. Dadurch würden weniger illegale Migranten zurückgeführt als eigentlich geplant waren. Oder es muss der ganze Abschiebeflug abgesagt werden. Denn generell ist der Einsatz der Beamten auf Abschiebeflügen freiwillig.

Doch warum ist der Dienst bei Abschiebeflügen für die Bundespolizisten so unattraktiv?

Abschiebeflüge bedeuten für die Kollegen oft mehr Stress und eine zusätzliche Gefahr für die eigene Gesundheit, eine angemessene Entschädigung dafür erhalten sie jedoch nicht. So würden sich beispielsweise viele Bundespolizisten nur noch für Abschiebeflüge bewerben, wo die Abzuschiebenden bereits in Haft sind. Denn viele Beamte habe die Situation erlebt, dass sie zum Flughafen kommen, und der Abzuschiebende ist einfach nicht da.

Damit fällt die Abschiebung aus, und der Beamte verliert die Arbeitsstunden. Ein Beamter äußert dazu:

Du besorgst dir sonst Visa, Riesenaufwand, alles umsonst [und] die haben sich verdünnisiert.“

Beamte werden geschlagen, bespuckt und mit Fäkalien oder Blut beschmiert

Häufig werden Bundespolizisten auf Abschiebe-Flügen auch geschlagen, bespuckt und mit Fäkalien oder Blut beschmiert. Wie der „Spiegel“ berichtet, gibt es allerdings nur 1,20 Euro „Abnutzungspauschale“ für den auch noch selbst gekauften Anzug, der im Flugzeug getragen wird.

Dienststellen würden die Reinigung nur übernehmen, „wenn die Kleidung einer dem Dienst zuzuordnenden besonderen Verschmutzung (Blut/Speichel/Urin) unterliegt“.

Wie die Statistik zeigt, ist gewaltsamer Widerstand gegen die Abschiebung keine Seltenheit. Von Januar bis November 2018 wurden bei Abschiebeflügen etwa 300-mal Fesseln oder Haltegurte eingesetzt. Fünf Ausländern wurde ein Kopf- und Beißschutz angelegt, weil sie sich wehrten. Häufig finden Begleitpolizisten Rasierklingen, mal in Schuhsohlen, mal im Mund, mit denen sich Zwangspassagiere verletzen.

Am 24. Oktober 2018, wurde drei Personenbegleitern der Bundespolizei auf dem Flug von München nach Rom ein Spucke-Blut-Gemisch direkt in die Augen gespuckt. Der Abzuschiebende hatte sich auf die Zunge gebissen.

Keine Zulage für Polizisten auf Abschiebeflüge

Auch finanziell sind Abschiebungen unattraktiv. Bisher gab es keinen Cent Zulage für die Beamten, nur das übliche Auslandstagegeld, das jeder Beamte bekommt, der ins Ausland reist und sei es zur Teilnahme an einer Konferenz.

Servierte Mahlzeiten während des Abschiebeflugs wurden teilweise vom ohnehin mageren Reisetaschengeld (für Afghanistan sind das 25 Euro) abgezogen.

Hinzu kommt das penible Protokollieren der Arbeitszeit auf den ermüdenden 72-Stunden-Touren nach beispielsweise Asien oder Afrika. Es gibt Berichte, dass einigen Bundespolizisten die Stunden auf dem Rückflug zudem nicht voll angerechnet wurden, weil ihr Dienstherr das „Reisezeit“ und nicht „Arbeitszeit“ nennt.

Durchgängige Arbeitsschichten von 20, 30 Stunden am Stück, sind keine Seltenheit. Und dann geht es ab in ein „schäbiges Hotelbett“. Wenn die Polizisten vom Abschiebeflug zurückkehren, gemartert vom Jetlag, müssen sie oft am folgenden Tag ganz normal zum Dienst erscheinen. Eine Extrafreizeit gibt es nicht.

Zudem gibt es für die Beamten immer wieder Probleme, die volle Schichtzulage zu bekommen, weil sie aus den Wechselschichten herausfallen. Daher verdienen sie am Ende oftmals sogar weniger, als wenn sie zu Hause in ihrer Einheit geblieben wären.

Fazit des Berichtes: „Deutliche Erhöhung der Rückführungszahlen so nicht möglich“

Kurzum, der Bericht kommt zu dem Schluss, dass „mit diesen Strukturen eine deutliche Erhöhung der aktuellen Rückführungszahlen nicht möglich sein wird.“ Die Motivation bei den Einsatzkräften lasse stetig nach, soll es weiter in dem Dokument heißen.

Und weiter: „Die verfügbaren Bundespolizei-Kräfte kommen zunehmend an ihre Belastungs- und Motivationsgrenzen“. Um neue Freiwillige für die Begleitung von Abschiebeflügen zu rekrutieren, sei ein „hoher Aufwand zu betreiben“.

In dem vertraulichen Papier der Bundespolizei wird offen von „Einsatzmüdigkeit“ in der Truppe gesprochen.

Jörg Radek, Chef-Gewerkschafter der Bundespolizei äußert gegenüber der „Bild-Zeitung“: „Unsere Beamten müssen hochprofessionell arbeiten. Mit Arbeitsbedingungen für Amateure. Die Politik spricht von ‚nationaler Kraftanstrengung‘. Die, die sie ausführen sollen, bekommen Null Wertschätzung.“  (er)



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