Sondervermögen: Bundesrat stimmt für Grundgesetzänderung

Der Weg für das 100 Milliarden-Programm für die Bundeswehr ist frei: Der Bundesrat hat am Freitag die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes beschlossen. Einige Rüstungsprojekte sind schon angeschoben.
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Deutscher Bundesrat. Symbolbild.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Epoch Times10. Juni 2022

Das Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr kann anlaufen. Nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes beschlossen.

Damit dürfen unter Umgehung der Schuldenbremse Kredite von 100 Milliarden Euro aufgenommen werden, um die Streitkräfte besser auszurüsten. Die Länder votierten mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung. Sie ließen anschließend auch das Gesetz für die Einrichtung des Sondervermögens passieren, aus dem die Finanzierung erfolgen soll.

In das Grundgesetz wird ein neuer Artikel 87a aufgenommen. Er regelt die Kreditaufnahme für das Sondervermögen an der Schuldenbremse vorbei. Mit dem Geld sollen in den kommenden Jahren neue Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Panzer und Munition angeschafft werden. Es geht aber auch um Ausrüstung wie Nachtsichtgeräte und Funkgeräte.

Einige Rüstungsprojekte sind schon angeschoben: Darunter ist der geplante Kauf von F-35-Tarnkappenflugzeugen sowie die Beschaffung von 60 schweren Transporthubschraubern des Modells CH-47F für den Lufttransport von Soldaten und Material.

Panzer und Flugzeuge nicht einsatzbereit

Jahrelanges Sparen bei der Bundeswehr und deren Ausrichtung auf Auslandseinsätze haben dazu geführt, dass die Truppe heute erhebliche Defizite bei der Landes- und Bündnisverteidigung aufweist. Panzer, Flugzeuge und Schiffe sind teils veraltet oder nicht einsatzbereit. Das zeigt sich auch, wenn es um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine geht. Die Bundeswehr hat nach offizieller Darstellung kaum etwas, worauf sie verzichten und was sie abtreten kann.

In den vergangenen Monaten war die Tagesordnung des Bundesrats oft dünn – weil nach dem Regierungswechsel zunächst nur wenige Gesetzesvorhaben aus dem Bundestag kamen, über die die Länder entscheiden mussten. Das ändert sich jetzt. Die Länderkammer segnet an diesem Freitag mehrere, jüngst vom Bundestag beschlossene Gesetze ab.

Bundeshaushalt 2022

Der vom Bundesrat gebilligte Bundeshaushalt 2022 sieht eine Neuverschuldung von rund 139 Milliarden Euro vor. Die Länderkammer verzichtete in ihrer Sitzung am Freitag in Berlin auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses; damit ist das parlamentarische Verfahren zur Verabschiedung des 496 Milliarden Euro umfassenden Etats abgeschlossen.

Die Schuldenaufnahme stützt sich auf eine Ausnahmeregel zur Schuldenbremse. Die Bundesregierung begründet dies mit Mehrkosten wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges. Ab 2023 will sie laut Ankündigungen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Schuldenbremse wieder regulär einhalten.

Die Verabschiedung des Haushalts erfolgte diesmal wegen der Bundestagswahl und des Regierungswechsels deutlich später als sonst üblich.

Rentenerhöhung

Millionen Rentner können sich zum 1. Juli auf eine kräftige Erhöhung ihrer Bezüge freuen. Der Bundesrat ließ die Erhöhung passieren. Im Westen steigen die Renten um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent. Verbesserungen sind zudem für Menschen vorgesehen, die schon länger eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Der Anstieg fällt so stark aus wie schon lange nicht mehr, was auf die gute Lohnentwicklung in Deutschland zurückzuführen ist.

Mindestlohn

Auch wer nur den gesetzlichen Mindestlohn verdient, wird bald finanziell besser gestellt. Der Bundesrat hat am Freitag grünes Licht für die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde gegeben. Die Erhöhung soll ab Oktober wirksam werden. Momentan liegt die Lohnuntergrenze bei 9,82 Euro brutto. Zum 1. Juli steigt sie turnusmäßig schon auf 10,45 Euro. Die außerplanmäßige Anhebung auf 12 Euro hatte die Ampel-Regierung in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Davon profitieren werden etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmer.

Corona-Pflegebonus

Mit dem Pflegebonus will die Bundesregierung die besondere Belastung von Pflegekräften in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen während der Corona-Pandemie honorieren. Die Prämie ist nach Qualifikation, Arbeitszeit und Nähe zur Versorgung gestaffelt und kann bis zu 550 Euro betragen. Sie ist steuer- und abgabenfrei. Den höchsten Bonus erhalten Personen, die Vollzeit in der unmittelbaren Patientenversorgung tätig sind. Der Bund stellt dafür eine Milliarde Euro bereit.

Corona-Steuerhilfen

Hierbei geht es um ein ganzes Paket: Arbeitnehmer können auch für dieses Jahr in ihrer Steuererklärung eine Homeoffice-Pauschale von maximal 600 Euro geltend machen. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung wird von Ende Juli auf Ende Oktober verschoben. Wer sie von einem Steuerberater machen lässt, hat sogar noch länger Zeit. Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter wie Maschinen oder Fuhrparks wird um ein Jahr verlängert.

Unternehmen können zudem gegenwärtige Verluste in größerem Umfang als bisher mit Gewinnen aus den beiden Vorjahren verrechnen. Zuschüsse von Arbeitgebern zum Kurzarbeitergeld bleiben bis Mitte 2022 steuerfrei. Und Corona-Bonuszahlungen der Arbeitgeber werden bis zu einer Höhe von 4.500 Euro ebenfalls nicht besteuert.

Moratorium für Hartz-IV-Sanktionen

Die Hartz-IV-Sanktionen werden bis Mitte kommenden Jahres teilweise ausgesetzt. Mit dem neuen Gesetz gibt es Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger nur noch bei außergewöhnlichen Meldeversäumnissen – und dann auch nur noch in einer Höhe von zehn Prozent statt bisher bis zu 30 Prozent der Bezüge. Das heißt: Wer etwa einen Termin beim Jobcenter versäumt, muss mit einem entsprechenden Abzug rechnen. Die Weigerung, einen Job anzunehmen, soll hingegen nicht mehr zu einer Sanktion führen.

Die Aussetzung der Hartz-IV-Sanktionen, die ein Jahr gelten soll, bildet die Vorstufe zu dem von der Ampel-Koalition geplanten Bürgergeld, das im kommenden Jahr das bisherige Hartz-IV-System ersetzen soll. Im Zuge des Bürgergeldes, das SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, sollen dann die Mitwirkungspflichten der Leistungsempfänger und etwaige künftige Sanktionen neu geregelt werden.

Scharfe Kritik an dem Vorhaben übte im Bundesrat die bayerische Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU). „Das Gesetz bricht mit einem bewährten System“, sagte sie. „Es setzt die goldene Regel des Sozialstaatsprinzips außer Kraft: Fördern und Fordern.“ Die Neuregelung sende ein „grundfalsches Signal“ aus: „Egal was du machst: Die Jobcenter bezahlen.“ Dies gehe „zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“. (dpa/afp/red)



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