Bundesrat setzt erste GroKo-Vorhaben um: Familiennachzug und LKW-Maut für Winterdienst?

Der Bundesrat hat den Weg für mehrere Vorhaben der schwarz-roten Koalition freigemacht, darunter Musterklagen, Familiennachzug und LKW-Maut. Das von der Regierung gewollte Kooperationsverbot in der Bildung sieht der Bundesrat kritisch.
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Bundesratsgebäudes in Berlin. Der Bundesrat hat in einer Fünf-Stunden-Sitzung erste größere Projekte von Union und SPD ins Ziel gebracht.Foto: Alexander Rüsche/dpa
Epoch Times6. Juli 2018

Der Bundesrat hat den Weg für gleich mehrere Vorhaben der schwarz-roten Koalition freigemacht – von schlagkräftigeren Klagerechten für Verbraucher bis zur umstrittenen Neuregelung beim Familiennachzug für Flüchtlinge.

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause meldete die Länderkammer bei manchen anderen Regierungsvorhaben aber auch Änderungswünsche an. Eine Übersicht:

Kooperationsverbot:

Die vom Bund geplante stärkere Unterstützung der Länder im Bildungsbereich und sozialen Wohnungsbau sieht der Bundesrat kritisch. In einer Stellungnahme warnt er vor zu viel Kontrolle.

Die Bundesregierung will eine Abkehr vom Kooperationsverbot, damit alle – und nicht nur finanzschwache – Kommunen Bundesgeld für Schulsanierungen, Computer oder mehr Ganztagsbetreuung  bekommen können.

Die Länderkammer ist unter anderem dagegen, dass der Bund die Ausgestaltung der Länderprogramme zur Wohnraumförderung mitbestimmt.

Haushalt 2018:

Endgültig beschlossen ist der Bundeshaushalt für 2018. Er weist ein Volumen von 343,6 Milliarden Euro auf, eine Neuverschuldung ist weiterhin nicht vorgesehen. Wegen der Bundestagswahl und der langwierigen Regierungsbildung hatte sich der Abschluss des diesjährigen Etats ungewöhnlich stark verzögert.

Keine härteren Strafen für Rauschtaten:

Sachsen scheitert mit einem Gesetzesantrag, Taten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss härter zu bestrafen. Der Freistaat hatte argumentiert, die aktuelle Rechtslage erwecke den Eindruck, Rauschtaten würden grundsätzlich milder bestraft. Dies laufe – vor allem bei schweren Gewalttaten oder Verkehrsdelikten mit Todesopfern – dem Rechtsempfinden der Bevölkerung zuwider.

Keine Verschärfung des Waffenrechts:

Ein Gesetzesantrag Hessens zum Waffenrecht erhält nicht die erforderliche absolute Mehrheit. Waffenbehörden sollten dem Antrag zufolge eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz stellen, um die Zuverlässigkeit der Antragsteller umfassender als bisher zu prüfen.

Reichsbürgern, Links- und Rechtsextremisten sowie religiösen Fanatikern hätten so waffenrechtliche Erlaubnisse leichter entzogen oder nicht erteilt werden können, argumentierte das Bundesland.

Umweltverschmutzung durch Plastikmüll:

Gegen Plastikreste auf Ackerflächen wendet sich ein Entschließungsantrag von Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Darin fordern beide Länder, in Kunststoff verpackte Abfälle vollständig von der Kompostierung auszunehmen. Der Bundesrat wollte nicht sofort entscheiden, als nächstes befassen sich die Ausschüsse mit dem Antrag.

Identität von Fluggästen:

Das Land Niedersachsen will Fluggesellschaften verpflichten, die Identität ihrer Passagiere bei der Abfertigung immer mit den Angaben aus der Flugbuchung zu vergleichen. Dies ist bisher gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Informationslücke könnten Kriminelle und Terroristen zur Verschleierung ihrer Reiserouten ausnutzen, so die Begründung. Der Gesetzentwurf wurde in die Fachausschüsse überwiesen.

Musterklagen: 50 Betroffene pro Klage nötig

In Fällen mit vielen Betroffenen wie beim Dieselskandal sollen Verbraucher Ansprüche gegen Unternehmen besser durchsetzen können. Künftig können Verbraucherschutzverbände vor Gericht ziehen, um Streitfälle grundsätzlich zu klären.

Voraussetzung ist, dass sich in zwei Monaten mindestens 50 Betroffene bei einem Register melden.

Schadenersatzansprüche müssen Verbraucher dann noch per Klage geltend machen. Das Gesetz kann nun zum 1. November in Kraft treten, so dass auch vom VW-Skandal betroffene Autobesitzer die neuen Klagerechte nutzen können, deren Schadenersatzansprüche Ende 2018 verjähren.

Migration und Familiennachzug

Beim Familiennachzug für Migranten mit eingeschränktem Schutzstatus gelten bald neue Regeln. Nach den Plänen der Koalition können sie ab 1. August wieder Angehörige nachholen.

Pro Monat sollen aber insgesamt nur 1000 einreisen dürfen. Noch ist der Nachzug für diese Migranten bis auf Härtefälle ausgesetzt. Laut Neuregelung dürfen Ehepartner und minderjährige Kinder wieder kommen.

Das Gleiche gilt für Eltern unbegleitet hier lebender minderjähriger Migranten.

Atomausstieg

Die geplante Entschädigung der Energiekonzerne RWE und Vattenfall wegen des 2011 beschlossenen Atomausstiegs kann wie von der Bundesregierung geplant geregelt werden. Wie viel die Konzerne bekommen, kann aber erst 2023 ermittelt werden, wenn die tatsächlich nicht produzierte Strommenge und damit entgangene Gewinne feststehen.

Erhöhung der Parteienfinazierung

Die umstrittenen Pläne für eine deutliche Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung haben nach dem Bundestag auch den Bundesrat passiert. FDP, Grüne und Linke haben eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Erhöhungspläne angekündigt. Die AfD will ebenfalls klagen.

Das vom Bundesrat gebilligte Gesetz hebt die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung für alle Parteien von 165 Millionen auf 190 Millionen an – ein Anstieg von gut 15 Prozent.

Union und SPD begründen die Gesetzesänderung mit höheren Kosten infolge der Bedeutung der Sozialen Medien. Die Opposition reichte gegen die Aufstockung Klage beim Bundesverfassungsgericht ein.

Bund hilft bei Digitalisierung und Ganztagsangebote an Schulen?

Die von der großen Koalition geplante stärkere Bundesförderung für Digitalisierung und Ganztagsangebote in Schulen stößt bei den Ländern auf Bedenken wegen zu großer Einflussnahme.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte, dies sei „süßes Gift“ und schwäche die Landtage. Dagegen argumentierte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), die Lösung praktischer Probleme stärke die Länder.

LKW-Maut auch für Müllwagen und Winterdienst?

Die Länder bitten den Bund zu prüfen, ob Müllwagen von der inzwischen auf allen Bundesstraßen fälligen Lkw-Maut ausgenommen werden können – wie jetzt schon Fahrzeuge von Straßenreinigung und Winterdienst.

Die Länderkammer macht sich zudem dafür stark, bei der Einbeziehung von Lärmkosten in die Lkw-Maut stärker nach Tageszeit zu unterscheiden und nächtliche Fahrten etwas teurer zu machen. Zum 1. Januar 2019 sollen neue Gebührensätze in Kraft treten, die außerdem stärker nach Gewicht der Fahrzeuge unterscheiden.

Brückenteilzeit:

Das Vorhaben der Regierung, wogegen die Länderkammer keine Einwände hat, sieht einen Rechtsanspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit vor. Arbeitnehmer sollen nach einer Teilzeitphase wieder zur vorherigen Arbeitszeit zurückkehren können.

Das Vorhaben, das die  Wirtschaft kritisch sieht, kommt nach der Sommerpause in den Bundestag und soll zum Januar 2019 in Kraft treten.

Justiz

Der Strafrechtler Henning Radtke wird neuer Richter am Bundesverfassungsgericht. Der Bundesrat wählte den 56-Jährigen einstimmig zum Nachfolger von Michael Eichberger, der aus dem 1. Senat in Karlsruhe ausscheidet. Radtke ist seit 2012 Richter am Bundesgerichtshof (BGH) und Honorarprofessor der Uni Hannover. (dpa)



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