Bundesregierung erklärt Marineschiffbau zur Schlüsseltechnologie

Die Bundesregierung erklärt den Bereich Marineschiffbau zur nationalen Schlüsseltechnologie. Dadurch werden staatliche Bauaufträge künftig nur an deutsche Werften vergeben.
Titelbild
Das deutsche Kriegsschiff "Rheinland Pfalz" im Hamburger Hafen.Foto: iStock
Von 13. Februar 2020

Die Bundesregierung hat den Bau von Marineschiffen zur nationalen Schlüsseltechnologie gemacht. Diese Maßnahme ist Teil des am 12. Februar verabschiedeten „Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“. Es dient als „Leitbild für die Politik der Bundesregierung“ sowie „als Maßgabe für die deutsche EU-Politik im Bereich Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Industrielle Kernfähigkeiten und strategisch relevante Entwicklungskapazitäten sollen in Deutschland und der EU erhalten und gefördert werden. Als Ausrüster der Polizeien und anderer ziviler Sicherheitsorganisationen sowie der Bundeswehr leisten diese Unternehmen einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit, so Altmaier.

FDP-Politiker: „Endlich folgt die Einstufung des Marineschiffbaus als Schlüsseltechnologie“

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, bezeichnet dies als eine gute Nachricht. Damit folgt „die Bundesregierung endlich den Aufrufen verschiedener Bundesländer… Besser spät als nie.“ Vogt erklärt weiter: Diese Entscheidung wäre lange überfällig, denn es gibt in diesem strategisch wichtigen Segment keinen echten Wettbewerb.

Er sei ein absoluter Befürworter europäischer Lösungen, aber als Einbahnstraße mache dies wenig Sinn. Dass die Entscheidung des Bundeskabinetts zum jetzigen Zeitpunkt kommt, zeige das schlechte Gewissen der Bundesregierung nach der MKS 180-Vergabe in die Niederlande. Die Auswirkungen sind noch nicht komplett absehbar, aber auf jeden Fall negativ, so Vogt. Durch die neue Entscheidung bleiben Know-how und Arbeitsplätze in Deutschland.

Außerdem wird es dringend Zeit für ein Treffen aller Beteiligter auf Bundesebene, um die deutsche Verteidigungsindustrie strategischer aufzustellen“, erklärt der Landespolitiker.

Erst kürzlich hat die Bundeswehr den größten Fertigungsauftrag seiner Geschichte an ein Konsortium rund um die niederländische Werft Damen Schelde Naval Shipbuilding vergeben. Dabei geht es um den Bau von vier neuen Mehrzweckkampfschiffen des Typs MKS 180. Die Baukosten liegen bei 4,4 Milliarden Euro. Zudem besteht eine Vertragsoption für zwei weitere Schiffe.

Deutsche Werft und Gewerkschaften kritisieren Auftragsvergabe der Bundeswehr

Die vor etwa einer Woche verkündete Entscheidung löste bei der German Naval Yards in Kiel – einem deutschen Mitbewerber für den Auftrag, der auf den Bau militärischer Überwasserschiffe spezialisiert ist – als auch bei Gewerkschaften in Deutschland heftige Kritik aus. Die IG Metall forderte die Bundesregierung dazu auf, den Erhalt der deutschen Werften sicherzustellen.

Die Werftengruppe aus Kiel geht nun gegen die Entscheidung der Bundeswehr juristisch an. Das Unternehmen mache von den im Vergaberecht vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch und habe deshalb die fragliche Vergabeentscheidung gerügt, teilte ein Sprecher des Unternehmens German Naval Yards Kiel am Montag mit.

Wir haben erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung“, erklärte der Sprecher.

German Naval Yards werde „alle juristischen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, ausschöpfen“. Eine Rüge ist ein erster Schritt in einem Verfahren, das bei einer Ausschreibung unterlegene Bewerber anstrengen können, wenn sie etwaige Wettbewerbsbenachteiligungen vermuten.

SPD-Politiker: „Einstufung als Schlüsseltechnologie war längst überfällig“

Die Landesvorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, Serpil Midyatli, und der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Hölck, begrüßen die Entscheidung der Bundesregierung.

Die Einstufung des Marineschiffbaus als Schlüsseltechnologie war längst überfällig. Es wäre töricht, hier auf europaweiten Wettbewerb zu setzen, während kein anderes europäisches Land ähnliche Aufträge nach Deutschland vergibt.“

Das gelte insbesondere auch für die Werften in Schleswig-Holstein. Die Entscheidung der Bundesregierung schaffe die Voraussetzung, dass Aufträge, wie der Bau der MKS 180 Fregatten, in Zukunft wieder national ausgeschriebene würden können, so die Landespolitiker. Dass das Verteidigungsministerium den größten Marineauftrag in der Geschichte der Bundeswehr an ein Unternehmen unter niederländischer Federführung vergeben hätte, sei ein schwerer Schlag für die deutsche Schiffbauindustrie.

Bundesregierung will Forschung, Entwicklung und Innovationen von Schlüsseltechnologien stärken

Das neue Strategiepapier nennt Maßnahmen in fünf Bereichen. Die Bundesregierung will Forschung, Entwicklung und Innovationen stärken, gute Rahmenbedingungen für eine effiziente Produktion setzen und das Beschaffungswesen optimieren. Weiterhin sollen Exporte politisch begleitet und kontrolliert werden. Als fünfter Bereich ist der Schutz von Sicherheitsinteressen enthalten.

Das Verteidigungs-, Innen-, Bildungs- und das Außenministerium erarbeiteten die neue Strategie. Neben dem Marineschiffbau rücken auch Rüstungsgüter aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Elektronische Kampfführung und Sicherheitsrelevante IT in den Rang einer Schlüsseltechnologie auf.

Sensorik, Geschützte/gepanzerte Fahrzeuge, Vernetzte Operationsführung/Krypto, Unterwasserschiffbau wurden zuvor bereits als nationale Schlüsseltechnologien definiert. Rüstungsaufträge können in diesen Bereichen nur in Deutschland ausgeschrieben werden. Bislang fielen lediglich U-Boote und gepanzerte Fahrzeuge unter Rüstungsgüter, die nur national ausgeschrieben werden mussten.

Die Grafik zeigt die aktuellen Schlüsseltechnologien Deutschlands. Foto: Screenshot/“Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ www.bmwi.de

Die Länderchefs von fünf Bundesländern erinnerten am 4. Februar mit einem Brandbrief Kanzlerin Merkel an den Koalitionsvertrag. Darin steht, dass der marine Überwasserschiffbau so definiert werden sollte. Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nannten die Einstufung „von höchster Bedeutung für den Marineschiffbau in Deutschland“.

(Mit Material von dts/afp)



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