Bundestag zu „Next Generation EU“: Namentliche Abstimmung über Ratifizierungsgesetz zum EU-Wiederaufbaufonds

Der Bundestag stimmt heute über die Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro ab. Mit einer Ratifizierung würden Schulden und Haftung in der EU erstmals vergemeinschaftet – ein Novum in der EU.
Von 25. März 2021

Heute debattiert der Bundestag abschließend über den Gesetzentwurf zum Eigenmittelsystem der Europäischen Union – das „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz“, (19/26821). Die Liveübertragung beginnt um 12:35 Uhr. Dahinter verbirgt sich die Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds von über 750 Milliarden Euro.

Das bedeutet eine grundlegende Änderung der europäischen Haushalts- und Finanzarchitektur. Bisher war es der EU als solcher nicht erlaubt, sich zu verschulden. Dieses Recht liegt (oder lag) bei den Nationalstaaten – in Deutschland beim Bundestag. Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes warnte die Bundesregierung: „Der Wiederaufbaufonds eröffnet den Staaten einen Weg, sich auf EU-Ebene unter Umgehung der Fiskalregeln zu verschulden.“

Sollte ein Mitgliedstaat seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können oder wollen, müssen die übrigen Mitgliedstaaten für dessen Anteil an den Schulden einstehen.“

Als Garantie für die EU-Schulden dient der EU-Haushalt, wobei Deutschland etwa für ein Viertel der Gesamtsumme haftet. Die Kredite von über 750 Milliarden Euro sollen im Zeitraum zwischen den Jahren 2028 und 2058 über den EU-Haushalt zurückgezahlt werden. Ein verbindlicher Tilgungsplan besteht dabei noch nicht.

„Theoretisch könnte die Kommission, wenn sie die EU-Anleihen tilgen muss und einzelne Mitgliedstaaten nicht zahlen, auf die übrigen Mitgliedstaaten zugehen und bis zu 0,6 Prozent des Bruttonationalprodukts eines jeden Mitgliedstaats einfordern.“ Im Fall von Deutschland beliefe sich das auf 20 Milliarden Euro pro Jahr oder 600 Milliarden Euro über 30 Jahre.

SPD wirbt seit Jahren für „gemeinsame europäische Volkswirtschaft“ – CDU stemmte sich dagegen

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wirbt seit langem für die gemeinsame Schuldenaufnahme. „Der Wiederaufbaufonds ist ein echter Fortschritt für Deutschland und Europa, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat im August 2020. „All das sind tiefgreifende Veränderungen, vielleicht die größten Veränderungen seit Einführung des Euro.“ Er erklärt: „Es gibt keine deutsche, finnische oder spanische Volkswirtschaft mehr, sondern nur noch eine gemeinsame europäische“, sagte Scholz. „Deshalb war der europäische Impuls überfällig.“

Die CDU stemmte sich jahrelang gegen das Vorhaben. Im Zuge der Corona-Maßnahmen vollzog Kanzlerin Angela Merkel zusammen mit Frankreich eine Kehrtwende und stimmte dem Wiederaufbaufonds der EU zu.

Auf EU-Ebene verschulden, sich dann die Zuschüsse zuweisen – und die EU haftet, Deutschland zahlt

Auf EU-Ebene könnten sich die Mitgliedstaaten theoretisch unbegrenzt verschulden – und sich diese Gelder anschließend als Zuschüsse zuweisen. Grund dafür ist, dass die staatlichen Fiskalregeln nur die nationalen Defizite und Schulden begrenzen.

Der Bundesrechnungshof warnte in einem 41-seitigen Sonderbericht (am 11. März) vor den Risiken. Die Wirtschaftsprüfer warnen die Regierung Deutschlands: Die Haftungsrisiken sind hoch und der Wiederaufbaufond könne zum Präzedenzfall werden: „Er kann die Erwartung schüren, dass Kosten zukünftiger Krisen ebenfalls von der Staatengemeinschaft getragen werden. Dies verringert den Anreiz zur eigenverantwortlichen Vorsorge. Auch das wäre ein Fehlanreiz.“

Namentliche Abstimmung über „Next Generation EU“

Weiterhin wird namentlich über den Antrag von CDU/CSU und SPD über zusätzliche Berichtspflichten der Bundesregierung zum EU-Aufbauinstrument „Next Generation EU“ (19/27838) abgestimmt. Über die Vorlage soll nach halbstündiger Aussprache abgestimmt werden. Dazu hat der Haushaltsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/27901).

Die Abstimmungen

– Beschlussempfehlung des Europaausschusses (19/27921): Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der EU (Ratsdokument 8140 / 20). Nach dem geänderten Vorschlag soll die Kommission ermächtigt werden, im Namen der EU-Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018 an den Kapitalmärkten aufzunehmen.

– Verordnung zur Schaffung eines Aufbauinstruments der EU zur Unterstützung der Erholung nach der Covid-19-Pandemie (Ratsdokument 8141 / 20). Danach sollen 500 Milliarden Euro in nicht rückzahlbare Unterstützung, durch Finanzierungsinstrumente gewährte rückzahlbare Unterstützung oder die Dotierung von Haushaltsgarantien und damit verbundene Ausgaben fließen. 250 Milliarden Euro sollen verwendet werden, um die Mitgliedstaaten mit Darlehen zu unterstützen.

– Einrichtung einer Aufbau- und Resilienzfazilität (Ratsdokument 8403 / 20). Die Kommission schlägt darin unter anderem vor, die Potenziale des EU-Haushalts voll auszuschöpfen, um in den ersten Jahren des Aufschwungs Investitionen und finanzielle Unterstützung zu mobilisieren.

– Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union zur Stärkung der Beteiligungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten des Aufbauinstruments „Next Generation EU“ (19/26877).

– Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Next Generation EU ist unzulässig – Bundesregierung muss EU-Verschuldung stoppen“ (19/27210).

– Antrag der Grünen zum „Beschluss 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 2 des Grundgesetzes“ (19/27824).

Koalition verlangt Berichtspflicht an den Bundestag

CDU, CSU und SPD fordern zusätzliche Berichtspflichten der Bundesregierung zum EU-Aufbauinstrument „Next Generation EU“ (19/27838). Die Bundesregierung soll verpflichtet werden, das Parlament umfassend über den Entwicklungsstand des Aufbauinstruments zu unterrichten.

FDP verlangt: „Next Generation EU“ soll automatisch auslaufen und nicht verlängert werden können

Die FDP unterbreitete zwei Anträge. Die Abgeordneten verlangen unter anderem (Entschließungsantrag der FDP, 19/27923), dass die Aufnahme einer anleihebasierten Finanzierung in den Eigenmittelbeschluss nur ausnahmsweise, zeitlich begrenzt und automatisch auslaufend für das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ erfolgen solle und darüber hinaus nicht verlängert werde. Die Tilgung sollte noch vor 2028 beginnen.

Die Mitwirkungsrechte des Bundestages sollen sichergestellt werden. Dazu muss das bestehende Gesetz über die Zusammenarbeit von Regierung und Bundestag in Angelegenheiten der EU entsprechend geändert werden (Gesetzentwurf, 19/26877).

Die Fraktion begründet dies mit Haftungsrisiken des Bundes im Zusammenhang mit dem 750-Milliarden-Euro-Paket der EU. Daher sei „eine Ausweitung der gegenwärtig im EUZBBG vorgesehenen Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte des Haushaltsgesetzgebers geboten“, schreibt die FDP.

AfD: Das Programm ist unzulässig und fordert: nicht ratifizieren

Die AfD-Fraktion hält das 750-Milliarden-Euro-Programm der EU zur Überwindung der Folgen der Corona-Pandemie für unzulässig. Deshalb solle der Beschluss von Europäischem Rat und EU-Parlament, wonach sich die EU die dafür nötigen Finanzmittel selbst beschaffen darf, von deutscher Seite nicht ratifiziert werden, fordert sie in einem Antrag (19/27210). Die Bundesregierung solle einen dazu eingebrachten Ratifizierungsgesetzentwurf wieder zurückziehen.

Unter anderem werde das Grundgesetz sowie die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages verletzt.

Grüne wollen umfassende und fortlaufende Information des Bundestages

Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag (19/27824), dass die Bundesregierung den Bundestag umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, fortlaufend und in der Regel schriftlich über die Durchführung des Aufbauinstruments informiert. Eine nachvollziehbare und transparente Überprüfung der Umsetzung der Maßnahmen des nationalen Aufbau- und Resilienzplans müsse auch durch den Bundestag sichergestellt sein.

Das gelte vor allem für die Kontrolle des sogenannten Europäischen Semesters. Das Europäische Semester ist ein Zyklus, in dessen Verlauf die EU-Mitgliedstaaten ihre Wirtschafts- und Fiskalpolitik aufeinander abstimmen. Es gehört zum Rahmenwerk für die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union. Der nationale Reformplan zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2019 und 2020 der EU-Kommission im Europäischen Semester und vor allem der speziellere Aufbau- und Resilienzplan sollten nach Ansicht der Grünen im Bundestag debattiert und beschlossen werden.



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