Bundestagsvizepräsidentin fordert Wahlrecht für tausende Behinderte – auch für geistig Behinderte und Demenzkranke

"Das Grundrecht zu wählen, muss endlich für alle volljährigen Bürger unseres Landes gelten und die Diskriminierung von Menschen mit geistiger Behinderung, psychischen Krankheiten und Demenzerkrankung ein Ende haben," so Bundestagsvizepräsidentin und Lebenshilfe-Vorsitzende Ulla Schmidt.
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Wahlzettel.Foto: Simon Hofmann/Getty Images
Epoch Times22. April 2017

Die Bundestagsvizepräsidentin und Lebenshilfe-Vorsitzende Ulla Schmidt (SPD) wendet sich dagegen, dass zehntausende Menschen mit Behinderungen nicht an der Bundestagswahl teilnehmen dürfen.

Im Bundeswahlgesetz müssten Ausschlüsse vom Wahlrecht „schnellstmöglich“ gestrichen werden, sagte Schmidt der Nachrichtenagentur AFP im Hinblick auf die Bundestagswahl im September. „Das Grundrecht zu wählen, muss endlich für alle volljährigen Bürger unseres Landes gelten und die Diskriminierung von Menschen mit geistiger Behinderung, psychischen Krankheiten und Demenzerkrankung ein Ende haben.“

Die Vorsitzende der Behindertenorganisation Lebenshilfe verwies auf eine Studie des Bundessozialministeriums, nach der mehr als 80.000 Menschen in Deutschland eine Betreuung in allen Angelegenheiten haben und deshalb von der Wahl ausgeschlossen sind. „Darüber hinaus dürfen auch über 3.000 Menschen, die in der Psychiatrie untergebracht sind, weil sie im Zustand der Schuldunfähigkeit eine Straftat begangen haben, nicht wählen“, fügte die SPD-Politikerin hinzu.

„Aus meiner Sicht ist es nicht hinnehmbar, so vielen Menschen pauschal ein elementares Bürgerrecht vorzuenthalten – obwohl gar nicht klar ist, ob sie nicht mit entsprechender Hilfestellung eine Wahlentscheidung treffen könnten“, kritisierte die Vizepräsidentin des Bundestags. „Wahlrechtsausschlüsse aufgrund einer Behinderung verstoßen außerdem gegen die menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention.“

Schmidt bemängelte zudem die unterschiedlichen Bedingungen in den Bundesländern. Die Studie des Bundessozialministeriums habe gezeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit, eine Betreuung in allen Angelegenheiten zu erhalten, stark unterscheide – in Bayern sei sie etwa 26 Mal so hoch wie in Bremen.

Zufrieden zeigte sich Schmidt mit der Situation in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wo im Mai Landtagswahlen stattfinden und alle Menschen den Landtag wählen dürfen. „Die entsprechenden Ausschlüsse wurden dort in den Landeswahlgesetzen gestrichen“, sagte sie. (afp)



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