Cum-Ex-Urteil: Freiheitsstrafen für zwei frühere Banker

In den Skandal um Steuerhinterziehung über komplexe Dividendengeschäfte sind viele Geldhäuser in Deutschland verwickelt. Nun ist das nächste Urteil gefallen.
Zuschauer sammeln sich vor dem Prozessauftakt um «Cum-Ex»-Aktiendeals im Gerichtssaal.
Zuschauer sammeln sich vor dem Prozessauftakt um «Cum-Ex»-Aktiendeals im Gerichtssaal.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times1. November 2022

Im milliardenschweren Cum-Ex-Skandal hat das Landgericht Wiesbaden ein Urteil gefällt: Ein ehemaliger Banker der Hypovereinsbank wurde wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, wie das Gericht am Dienstag mitteilte.

Ein weiterer Ex-Banker erhielt wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in drei Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, ebenfalls auf Bewährung. Zudem müssen die Männer 60.000 Euro beziehungsweise 20.000 Euro an die Staatskasse zahlen und die Verfahrenskosten tragen, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Die Staatsanwaltschaft hatte mehrjährige Haftstrafen ohne Bewährung gefordert.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hatte den Männern Steuerhinterziehung über ein komplexes System vorgeworfen. Für die Firma eines Mandanten des Steueranwalts Hanno Berger seien zwischen 2006 und 2008 über die Hypovereinsbank Aktien im Volumen von mehr als 15 Milliarden Euro gehandelt worden. Die Männer hätten systematisch darauf gezielt, sich mit falschen Bescheinigungen Kapitalertragsteuern erstatten zu lassen, die gar nicht gezahlt worden seien. Der Steuerschaden lag demnach bei 113 Millionen Euro.

In der Verhandlung, die im März 2021 begann, hätte auch Berger vor Gericht erscheinen sollen – er blieb aber fern. Berger, der als Architekt der Cum-Ex-Deals gilt, muss sich in getrennten Verfahren am Landgericht Bonn und Wiesbaden verantworten.

Gesetzeslücke gezielt ausgenutzt

Bei Cum-Ex-Geschäften nutzten Banken und andere Finanzakteure eine Gesetzeslücke, um den Staat zu betrügen. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die nicht gezahlt wurden. Dem deutschen Staat entstand Schätzungen zufolge ein Schaden von mindestens zehn Milliarden Euro. Erst 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Der Bundesgerichtshof entschied 2021, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.

Mehrere Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten den Skandal seit Jahren auf. Es kommt immer wieder zu Razzien bei Banken. Juristisch belangt worden sind nur wenige Beteiligte: Im März 2020 verurteilte das Landgericht Bonn zwei britische Aktienhändler zu Bewährungsstrafen. Ein weiteres Bonner Verfahren mündete im Sommer 2021 in eine Haftstrafe für einen Ex-Banker. Anfang Februar verurteilte dann das Landgericht Bonn den früheren Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Hamburger Privatbank Warburg zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist in den Cum-Ex-Skandal verstrickt. Bei einem Untersuchungsausschuss im August berief sich der Kanzler jedoch mehrfach darauf, die Inhalte der drei Treffen mit den Bankgesellschaftern nicht mehr präsent zu haben. Allerdings glaubten mehr als 70 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage nicht, dass Scholz keine Erinnerungen an die entsprechenden Gespräche habe. (dpa/mf)



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