Der DDR ein bisschen näher: Aus für Stasi-Gedenkstättenleiter Knabe – ein weiterer merkwürdiger Zufall

Das „jetzt inszenierte Schauspiel erinnert fatal an kommunistische Säuberungen in der DDR“ – Die Abberufung des Leiters der Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte, Hubertus Knabe, durch den Stiftungsrat ist auf scharfe Kritik gestoßen. Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) soll auf der Basis anonymer Anschuldigungen und eines zweifelhaften Verfahrens das Aus für den engagierten Antikommunisten betrieben haben.
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Das Rathaus der Stadt Berlin.Foto: iStock
Von 28. September 2018

Niemand hat die Absicht, die DDR wieder zu errichten. Diesen Vertrauensvorschuss sollte man den, wie sie sich selbst nennen, „demokratischen Kräften“ des Landes schon geben, auch wenn sich in letzter Zeit die Zufälle, die in nicht wenigen Bürgern einen gegenteiligen Eindruck erwecken, zu häufen scheinen.

Ein Zufall davon: ein Bundesjustizministerium, das zur Kontrolle des Internets auf eine Stiftung zurückgreift, deren Vorsitzende ihr Handwerk bei der Stasi gelernt hatte. Einige weitere: An die Stelle klar umrissener Tatbestände treten in der öffentlichen Debatte zunehmend unbestimmte Begriffe wie „Hass“ und „Hetze“, wenn es darum geht, die Grenzen der Redefreiheit zu definieren.

Vom Bundespräsidenten abwärts hofiert der „anständige“ Teil der Republik eine Band, die jahrelang als linksextremistische Bestrebung im Verfassungsschutzbericht stand. Öffentlich geäußerte Zweifel an der Authentizität eines Videos bekennender Linksextremisten kosten einen Verfassungsschutzchef sein Amt. Die vermeintliche Notwendigkeit, eine klare Kante „gegen rechts“ zu zeigen, lässt zunehmend alle Barrieren nach links verschwinden.

Und jüngst: Der Leiter der Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte, Hubertus Knabe, wird vom Stiftungsrat einstimmig abberufen, weil zwar nicht er selbst, aber sein Stellvertreter sich ein Fehlverhalten geleistet haben soll, das freilich bislang keinerlei straf- oder zivilrechtliche Konsequenzen zur Folge hatte.

Antitotalitarismus ist so fünfziger Jahre

Sollte eines Tages der schleichende Wandel des antitotalitären Grundkonsenses auch jenen der Bundesrepublik in eine Volksrepublik Deutschland zur Folge haben, könnte dies nicht mit Absicht, sondern aus Versehen geschehen sein – und obwohl man alles doch immer nur gut gemeint hätte.

Berlin ist dem Abschied vom Antitotalitarismus jedenfalls am Dienstagnachmittag einen deutlichen Schritt nähergekommen.

Ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Nachfolgeorganisation der DDR-Staatspartei SED in Berlin ein willkommener Regierungspartner geworden ist, ein Meilenstein im Mainstreaming linksextremer Bestrebungen insgesamt, ist der erzwungene Abschied Hubertus Knabes ein persönlicher Sieg für deren Kultursenator Klaus Lederer.

Einem Mitarbeiter zufolge, der sich gegenüber dem Blog „Tichys Einblick“ äußerte, habe Lederer in einer Betriebsversammlung bereits angedroht, künftig werde „ein neuer Ton in der Gedenkstätte angeschlagen“.

Diese Äußerung ist im Zusammenhang mit dem Bestreben des Berliner Senats zu sehen, einen „dringend notwendigen Kulturwandel in der Stiftung“ bezüglich der Aufarbeitung von DDR-Unrecht in Gang zu setzen. Nicht nur Opfer des DDR-Regimes argwöhnen, dass dies nichts anderes als eine euphemistische Umschreibung für den Ersatz des antitotalitären Ansatzes der Stiftung durch einen „antifaschistischen“ darstellen könnte.

Dass – ähnlich wie in totalitären Regimen wie der DDR – auch in der Debatte um die Abberufung Knabes mit ideologischen statt mit rechtsstaatlichen Begriffen gearbeitet wurde, nährt diese Einschätzung zusätzlich.

„Mitarbeiterinnen mit Alkohol abgefüllt“

Die Anschuldigungen gegen Knabes Stellvertreter Helmuth Frauendorfer lauteten auf „strukturellen Sexismus“. Die Führung solle, so hieß es bereits Anfang Juni in einem Brief mehrerer Mitarbeiterinnen an Lederer und Kulturstaatssekretärin Monika Grütters, „ein Klima erzeugt“ haben, das „einem Frauenbild der fünfziger Jahre“ entspreche.

So soll Frauendorfer Mitarbeiterinnen „mit Alkohol abgefüllt“ und sich ihnen anschließend in zudringlicher Weise genähert haben. Einladungen in seine Privatwohnung und zweideutige Textnachrichten habe es ebenso gegeben wie Gespräche über Besuche in Bordellen und Swingerklubs auf Arbeit. Was das mit einem „Frauenbild der fünfziger Jahre“, das bislang nach linker Lesart ja eher „sexualrepressiv“ gewesen sein soll, bleibt offen – nicht jedoch der Vorwurf, dass Knabe dieses Treiben „geduldet“ habe soll.

Knabe soll bereits Anfang 2018 anonyme Belästigungsvorwürfe, die Lederer ihm übermittelt hatte, an die Staatsanwaltschaft weitergereicht haben, diese sah jedoch keine Grundlage für ein weiteres Vorgehen. An ihn selbst oder den Personalrat seien keine Beschwerden von Mitarbeiterinnen herangetragen worden.

Dass dies daran gelegen hätte, dass er und Frauendorfer Duz-Freunde gewesen wären, sehen Kritiker des Vorgehens des Stiftungsrates als Schutzbehauptung. Immerhin habe Knabe 2016, das einzige Mal, dass ihm ein entsprechender Vorwurf gegen Frauendorfer unterbreitet worden sei, diesen bereits ermahnt und für den Wiederholungsfall Konsequenzen angedroht.

Hinter dem Rücken Knabes einen Vorwand geschaffen

Statt Knabe in die Untersuchung der Vorwürfe einzubinden, haben Lederer und Grütters offenbar hinter dessen Rücken bei einer Anwältin ein Gutachten in Auftrag gegeben, das nicht nur Frauendorfer belastete, sondern auch Knabe selbst. Dieser habe sich des „Führungsversagens“ und des „aktiven Wegschauens“ schuldig gemacht.

Schwammige Vorwürfe, Guilt by Association, eine Vorgehensweise, die an ein abgekartetes Spiel erinnert – das sind die Ingredienzen, die bei nicht wenigen politischen Beobachtern den dringenden Verdacht nähren, Lederer und Grütters hätten gezielt einen Vorwand konstruiert, um den unbequemen Mahner vor der Verharmlosung des Kommunismus loszuwerden. Immerhin hatte Knabe ja selbst im Herbst 2016 die Bestellung eines Politikers der „Linken“ zum Kultursenator scharf kritisiert.

Die FDP in Berlin spricht von einer „späten Rache der SED-Erben in Gestalt der Linkspartei im Berliner Senat“ und davon, dass anonyme Schreiben dazu missbraucht worden, „den missliebigen Hubertus Knabe nach 18 Jahren untadeliger Arbeit aus dem Amt zu hebeln“.

AfD-Fraktionschef Georg Pazderski erinnert das „jetzt inszenierte Schauspiel […] fatal an kommunistische Säuberungen in der DDR“. Er forderte die umgehende Rehabilitierung und Wiedereinsetzung Knabes ins Amt als Gedenkstättenchef.

Ein möglicher Nachfolger steht noch nicht fest. Medienberichten zufolge soll die Stelle öffentlich ausgeschrieben werden. In sarkastischen Kommentaren favorisieren einige Social-Media-Nutzer bereits Personen wie Anetta Kahane oder Julia Schramm von der Amadeu-Antonio-Stiftung als mögliche Nachfolger.



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