Das Betonklotzspiel: Wir Westler frustrieren potentielle Terroristen gleich zweifach

Ohne es zu wollen, frustrieren wir Westler die (potentiellen) Terroristen gleich doppelt. Und dann weigert sich die Linke konsequent, die Gewalttäter ernst zu nehmen. Was soll ein Attentäter denn noch anstellen, um ernst genommen zu werden? Ein Artikel von Dushan Wegner.
Titelbild
Sicherheitsbarrieren auf dem Weihnachtsmarkt in Regensburg, 2017.Foto: iStock
Von 15. Dezember 2018

Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben! Und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben … – Damals, in klügeren Zeiten, als an den Schulen noch Goethe wichtiger als Gendertheorie war, als man nach Duden statt nach Gehör schrieb, damals lernten die Schüler noch eine gewisse Ballade von Goethe auswendig, den Zauberlehrling.

Das Motiv der Zauberlehrling-Ballade geht auf eine Erzählung vom Prager Golem zurück. Es ist eine Metapher für Mächte, die dem Unbedarften, der sie rief, über den Kopf wachsen und gefährlich werden.

Schneller und schneller

Die Handlung: Der Meister-Zauberer („Hexenmeister“) ist nicht anwesend, und der Lehrling probiert einen Zauberspruch des Meisters aus; er verzaubert einen Besen, ihm Wasser zu bringen – und es gelingt auch, doch leider weiß der Lehrling nicht, wie man den Besen wieder anhält! Der verzauberte Besen bringt ununterbrochen volle Eimer, setzt den Saal, die Stufen und alles unter Wasser. Der Lehrling will den Besen spalten, doch die kleineren Teilbesen bringen selbst wieder Wasser, schneller und schneller! Erst der Meister, als er wiederkehrt, kennt den richtigen Spruch, um den Besen und damit die Fluten aufzuhalten.

Zwei Lehren

Die erste und bekannte Lehre des Zauberlehrlings ist: Achte darauf, welche Mächte du entfesselst, und wisse vorher, ob du sie auch wieder wirst fesseln und ihr Herr werden können, oder ob dir ihr Wirken über den Kopf wachsen könnte.

Es ist üblich (und richtig!), dass wir uns über den tölpelhaften Zauberlehrling lustig machen. Wir sagen: „So etwas könnte uns doch nicht passieren, zum Glück sind wir nicht so unbedacht wie der!“, doch heimlich sind wir uns nicht ganz so sicher – und ich sehe noch eine zweite, weitere Lehre, die etwas subtiler daherkommt.

Denken wir einmal über die Handlungen des wiederkehrenden Zaubermeisters nach! Was tut er?

Der Zaubermeister kehrt wieder, schätzt die Malaise ein, und sagt gleich den Spruch, den es braucht, um die Ursache des Problems zu beheben. Es scheint selbstverständlich, doch das ist es keineswegs!

Der wiederkehrende Zaubermeister hätte auch anders reagieren können. Achten Sie bitte auf den Unterschied zwischen folgenden beiden Sätzen:

  1. Der Zaubermeister geht das Problem an.
  2. Der Zaubermeister geht die Ursache des Problems an.

Nein, diese beiden Sätze sagen nicht dasselbe aus. Der Zaubermeister ging die Ursache des Problems an – und nicht direkt das Problem selbst!

Die Verzauberung des Besens war nicht das brennende (oder besser: das überfließende) Problem – das Wasser war das Problem!

Wäre der Zaubermeister das primäre Problem angegangen, hätte er vielleicht ein weiteres Haushaltsgerät verzaubert, welches das Wasser parallel wegschaffen sollte. Er hätte versuchen können, das Wasser selbst irgendwie wegzuzaubern. Er hätte sich um Abflusskanäle kümmern können oder um Abdichtung. Er hätte zusätzliche Lehrlinge und Hilfskräfte einstellen können, welche das Wasser so schnell sie können sammeln und wieder wegschaffen sollten. – Das hätte bedeutet, das drängende Problem direkt anzugehen, doch das ist nicht, was der Zaubermeister tat.

Der Unterschied

Es ist ein Unterschied, ob man das unmittelbare Problem angeht – oder die Ursache des Problems.

Wenn Sie nur eine Auswirkung der Ursache angehen, findet sich die Ursache eben andere Wege, wirksam zu werden – die Ursache ist ja nicht fort, nur weil Sie ihr einen oder mehrere Wege blockiert haben!

Nur wenn Sie die Ursache des Problems beheben, haben Sie eine Chance, das Problem selbst aus der Welt zu bekommen.

Betonklotzspiel

Ein Terrorist war mit einem LKW in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gefahren, daraufhin baute man Metallzäune und Betonklötze um viele Weihnachtsmärkte im extra-toleranten Teil Europas. Was erwartet die politische Intelligenzija eigentlich, dass das bewirken soll? Dass ein paar Betonblöcke alle Terroristen im Herzen bewegen, so dass diese aufhören, uns für unsere Freiheit zu hassen und einen ehrlichen Beruf aufnehmen, idealerweise als Pfleger oder Informatiker?

In Straßburg hat nun ein Attentäter, so wurde berichtet, wieder ein Lebensgescheiterter mit ähnlichem kulturellen Hintergrund, nahe eines Weihnachtsmarktes auf Menschen geschossen, und während des Schießens bezog er sich laut Medienberichten auf seinen Gott und dessen Größe (siehe z.B. bild.de, 12.12.2018). Stand 13.12.2018, gegen Mittag, ist der mutmaßliche Attentäter noch nicht gefasst, und Behörden befürchten, dass er auf dem Weg nach Deutschland ist – eventuell ist er aber halt schon da, so genau weiß man das mit den offenen Grenzen heutzutage wohl nicht (siehe z.B. bild.de, 12.12.2018).

In der Hektik der Meldungen zum Terror nah der deutsch-französischen Grenze könnte eine andere Meldung fast untergehen: In NRW hat die CDU-FDP-Regierung ein neues Polizeigesetz beschlossen (auch die SPD stimmte zu, falls das noch wen interessiert), welches wie manches Polizeigesetz heute in der Presse den Beinamen „umstritten“ erhielt (siehe z.B. zeit.de, 12.12.2018).

Das neue NRW-Polizeigesetz lässt sich einfach zusammenfassen: Mehr Überwachung wagen! – Die Polizei darf künftig „verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchführen und elektronische Fußfesseln verwenden“, „unter Richtervorbehalt auf verschlüsselte Messengerdienste wie WhatsApp zugreifen“ und Menschen bis zu zwei Wochen in „Unterbindungsgewahrsam“ nehmen, „um eine unmittelbar bevorstehende Straftat zu verhindern“ (zeit.de, 12.12.2018).

Man fühlt sich an den bitteren Internetwitz erinnert: Wie möchten Sie heute Ihre Einschränkung der Grundrechte verpackt bekommen? Kampf gegen Kinderpornographie, gegen Hatespeech oder doch wieder gegen Terror?

Problem und Ursache

Ohne es zu wollen, frustrieren wir Westler die (potentiellen) Terroristen gleich doppelt: Zum einen führen wir praktisch vor, dass ein jüdisch-christlich inspirierter, konsumfixierter Säkularismus dann doch vielen als angenehmer und lebenswerter erscheint, als eine Welt, die von deren Lebensphilosophie bestimmt ist – deshalb wollen sie ja im Westen leben! – andererseits würde es sie seelisch zerreißen, die Konsequenz zu ziehen und ihre Lebensphilosophie zu wechseln. Das ist die erste Frustration, und dieses Zerrissensein kulminiert immer wieder in Terror. (George W. Bush war maximal präzise, als er sagte: „They hate our freedoms.“, siehe dazu: Sie hassen unsere Freiheiten)

Die zweite Frustration – und bei der bin ich mir selbst nicht sicher, ob ich sie ganz ernst oder ganz unernst meine – besteht darin, dass die meinungsbestimmende Linke sich konsequent weigert, die Terroristen und sonstigen Gewalttäter ernst zu nehmen, wenn diese expressis verbis sagen, warum sie tun, was sie tun. Was soll ein Attentäter denn sonst noch anstellen, um ernst genommen zu werden? Er sagt, was er tut, er ist darin kohärent mit den Lehren seiner Lehrer und im Einklang mit vielen übrigen Tätern, doch egal was er unternimmt, die progressive Linke streichelt ihm über den Kopf, und sagt: „Da hast du fein Bumm gemacht, aber warum du es gemacht hast, das verstehst du selbst nicht! Das waren alles nur Missverständnisse!“

Die Zaubermeister des Westens haben es sich verboten, auch nur auszusprechen, dass es ein Problem mit dem Besen und seinem Zauber gibt – sie überlegen sich immer neue Maßnahmen, das Wasser doch noch irgendwie in den Griff zu bekommen, und im Zweifelsfall lehren sie es als neue Tugend, sich an das Wasser zu gewöhnen („Wir müssen mit dem Wasser leben lernen“), das Wasser zu tolerieren (siehe: Unsere tödliche Toleranz) – und wenn all das nicht hilft, weisen sie darauf hin, dass auch durch andere Ursachen, etwa beim Hausputz oder durch Keime, ebenfalls Menschen sterben (quasi: „Stellt euch nicht so an!“).

Wäre die Ballade vom Zauberlehrling heute geschrieben worden, hätte sie damit geendet, dass der Zaubermeister den Besen zum therapeutischen Gespräch einlädt, und zugleich die Bevölkerung von Straße und Stadt auffordert, die Wasserfluten zu tolerieren, als Preis für „Weltoffenheit“, oder wie der Hexenspuk des Tages gerade heißt – etwa so:

Habt nur mehr Geduld,
mit dem Besen, dem Besen,
denn wir im Westen tragen Schuld
an seinem ganz besonderen Wesen.

Die ihr rieft, die Wasser,
lernt mit ihnen zu leben,
sonst seid ihr Rechte und Hasser,
und das wird nicht vergeben!

Klingt komisch, ist komisch, und nicht alles, was komisch ist, ist auch lustig. Zur Erinnerung, die Vernunft des echten Dichters, in unvernünftige Zeiten hinein zitiert:

Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.

„In die Ecke,
Besen, Besen!
Seids gewesen.
Denn als Geister
ruft euch nur zu seinem Zwecke,
erst hervor der alte Meister.“

Der Artikel erschien zuerst bei Dushan Wegner.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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