Deutsche Bürger drängen auf Rentenreform – ohne Überforderung der Jungen

Eine Umfrage zeigt, die Rente ist den Bürgern besonders wichtig. Auf der Prioritätenliste landet die Altersversorgung bei allen Generationen auf dem ersten Platz.
Epoch Times6. September 2021

Die Mehrheit der Deutschen will, dass die nächste Bundesregierung vorrangig eine Rentenreform anpackt. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf eine neue Forsa-Umfrage. 65 Prozent der Befragten halten demnach „eine tragfähige Rentenreform, die auch künftig für sichere Renten sorgt, ohne die Jüngeren finanziell zu überfordern“, für „sehr wichtig“.

Weitere 32 Prozent finden es immerhin „wichtig“, dass sich die neue Regierung besonders um dieses Thema kümmert. Die Umfrage wurde im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) durchgeführt. Auffällig ist die große Relevanz, die das Renten-Thema bei den Jüngeren hat. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen ist 69 Prozent eine nachhaltige Rentenreform „sehr wichtig“.

Dulger: Es wird zu wenig über Inhalte gesprochen

Unter den 30- bis 44-Jährigen sagen dies mit 68 Prozent ebenfalls mehr, als dies bei den über 60-Jährigen (63 Prozent) der Fall ist. Die Jungen machten sich Sorgen, ob sie später noch eine auskömmliche Rente haben werden, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Zeitung. „Es ist unsere Verantwortung, diese enkelfest und zukunftsfit zu gestalten, statt unfinanzierbare Ankündigungen zu machen.“

Nach der Rente sind Digitalisierung und Fachkräftesicherung die Themenfelder, auf denen die Bevölkerung den größten Handlungsbedarf sieht. Die Digitalisierung an Schulen voranzubringen, ist für 55 Prozent der Erwachsenen sehr wichtig. Die Notwendigkeit, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voranzubringen, halten 43 Prozent für sehr wichtig.

Jeder Zweite der Befragten fordert von der nächsten Bundesregierung Maßnahmen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. 36 Prozent finden es sehr wichtig, dass die Sozialversicherungsbeiträge stabil bleiben. Eine Rückkehr zur Schuldenbremse halten 28 für sehr wichtig. Die Umfrage bezog sich ausschließlich auf unmittelbar wirtschaftspolitische Aspekte.

Dulger kritisierte, dass im Wahlkampf viel zu viel über Köpfe und zu wenig über Inhalte geredet werde. Die Umfrage zeige, dass die Menschen spürten, wo die großen Herausforderungen der Zukunft lägen und ihnen bewusst sei, dass sich etwas ändern muss, sagte der BDA-Chef: „Sie sind im Kopf schon viel weiter als die politisch Handelnden.“

Wirtschaftsweise vermisst Rentenreform-Pläne bei Parteien

Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hat den Parteien vorgeworfen, den notwendigen Rentenreform-Bedarf im Bundestagswahlkampf zu verschweigen. „Beim Thema Rente will keine der Parteien Farbe bekennen. Das ist im Wahlkampf verständlich, aber fatal“, sagte Schnitzer der „Rheinischen Post“ (Montag).

„Ohne Reform, das heißt ohne Reduzierung der Rentenansprüche, Steigerung der Beitragssätze oder Erhöhung des Renteneintrittsalters, wird es nicht gehen“, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Bleibt alles beim Alten, dann werden wir schon 2045 knapp 55 Prozent des Bundeshaushalts für die Bezuschussung der Rente ausgeben müssen, das ist doppelt so hoch wie heute. Da bleibt kein Geld für Bildung, Infrastruktur, Klimaschutz und Digitalisierung übrig“, warnte die Münchner Ökonomin.

Verfassungsrechtler kritisiert oberflächlichen Wahlkampf

Unterdessen kritisiert Udo Di Fabio, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, die Wahlversprechungen, ohne zu klären, wie diese umgesetzt werden können und was die Folgen davon sind. Er beklagt auch eine Oberflächlichkeit im bisherigen Bundestagswahlkampf.

So seien die Ziele auf dem Weg zur Klimaneutralität zwar ein überragendes Thema, „die Frage aber, wie man sie mit welchen Kosten und Konsequenzen erreicht, bleibt unterbelichtet“, sagte Di Fabio der „Welt“ (Montagsausgabe). „Es werden Rentenniveaus versprochen, deren Finanzierung unklar ist.“

Wähler würden nicht hinreichend informiert, fragten aber auch nicht vehement genug nach – „wir wundern uns dann, wenn die Umsetzung erst bei den Koalitionsverhandlungen im Hinterzimmer entschieden wird“. Der politische Prozess blende die größeren Zusammenhänge aus, „die Herausforderungen geopolitischer, demografischer, technologischer, integrationspolitischer und auch fiskalischer Art“.

Auch für Parteiprogrammatik bleibe wenig Raum. „Die volatile Gesellschaft verzeichnet rasche Stimmungsausschläge, wir sehen es aktuell im munter wechselhaften Bild der Wahlprognosen. Das Szenario des Augenblicks, Bilder der Raute, ein deplatziertes Lachen scheinen dann bedeutsamer als politische Konzepte“, so der Bonner Staatsrechtsprofessor.

Er machte dafür die nachlassende Verankerung der Parteien in der Gesellschaft verantwortlich. „Der Parteien- und Verbändestaat mit großer integrativer und diskursiver Gestaltungskraft ist Vergangenheit. Heute nach dem Ende des Systems zweier großer Volksparteien beobachten wir eine neue Parzellierung der politischen Landschaft“, sagte Di Fabio. (dts/oz)



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