Deutsche Wirtschaft will China-Abhängigkeiten „rasch abbauen“

Kurz nach dem umstritteneren Hafen-Deal regt sich Kritik an den Reiseplänen von Kanzler Scholz. Peking werde dessen Besuch kommende Woche „propagandistisch ausschlachten“, warnt Friedrich Merz. Die deutsche Wirtschaft will unterdessen einseitige Abhängigkeiten von China abbauen.
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Chinesische Arbeiter in Foshan in der südchinesischen Provinz Guangdong. Symbolbild.Foto: JADE GAO/AFP via Getty Images
Epoch Times29. Oktober 2022

Vor dem ersten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz drängt die deutsche Wirtschaft auf robusteres Auftreten gegen Peking. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) appellierte an den SPD-Politiker, einseitige deutsche Abhängigkeiten zu verringern.

„Einseitige Abhängigkeiten müssen wir rasch abbauen“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Deutschland ist von vielen mineralischen Rohstoffen heute stark von China abhängig.“ Im Gegensatz etwa zu Öl und Gas gebe es bei mineralischen Rohstoffen keine nationalen strategischen Reserven in Deutschland.

Aus der Sicht der deutschen Wirtschaft ist der „zunehmende Protektionismus“ des kommunistisch regierten Landes ein Problem, kritisiert DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. China setzt selbst „auf Abschottung, will aber überall in der Welt mehr mitmischen, auch bei uns in Deutschland“. Deshalb sei es so wichtig, dass der Bundeskanzler sich für „wechselseitig gleiche Regeln, also Reziprozität, einsetzt. Hier muss sich auch Europa klar positionieren.“

Deutsche Manager in China beklagen ein stetig zunehmendes Maß an Gängelei und Ausforschung. Aktuell beliebte Druckmittel der chinesischen Behörden sind „Datenschutz“ und „nationale Sicherheit“: Von ausländischen Unternehmen wird verlangt, technologische Entwicklungen offenzulegen, mit dem Argument, dass die chinesischen Gesetze dies vorschrieben.

Doch aufgrund jahrzehntelanger politischer Förderung sind Deutschlands Unternehmen heute so eng mit China verflochten, dass eine „Entkopplung“ schwerwiegende Folgen für die deutsche Volkswirtschaft hätte.

Lange keine Debatte über Risiken

Deutsche Spitzenpolitiker vom einstigen CSU-Chef Franz Josef Strauß bis zu Ex-Kanzlerin Angela Merkel agierten bei Peking-Besuchen seit den 1970er Jahren stets als Türöffner für die deutsche Wirtschaft. Verbunden war dies mit der Hoffnung, dass die chinesische Diktatur sich in Richtung Rechtsstaat wandeln werde. Anders als in den USA gab es hierzulande lange quasi keine Debatte über die damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Risiken.

Der Großhandelsverband BGA plädiert dafür, enger mit anderen Ländern zu kooperieren. „Wenn die Bundesregierung die Abhängigkeit von China verringern will, dann muss sie die Handelsbeziehungen zu anderen Staaten deutlich verbessern“, sagt BGA-Präsident Dirk Jandura. „Wir brauchen endlich Freihandelsabkommen mit Wertepartnern im transatlantischen Raum, den Mercosur-Staaten, aber auch mit Indien und weiteren Ländern in Ost- und Süd-Ostasien.“ Zudem sollten neue Handelsstrategien entwickelt werden – „beispielsweise für Afrika“, fordert Jandura.

Merz kritisiert Zeitpunkt der Scholz-Reise nach China

Auch CDU-Chef Friedrich Merz hat die geplante China-Reise des Bundeskanzlers kritisiert und erneut eine Überprüfung des deutschen Verhältnisses zu dem Land angemahnt. „Zu einem schlechteren Zeitpunkt könnte er gar nicht fahren“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ mit Blick auf Scholz‘ Reise am kommenden Freitag.

Mit Blick auf die Entscheidung der Bundesregierung zu einem chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal des Hamburger Hafens meinte Merz, offenbar glaube der Kanzler noch immer an die Theorie vom Wandel durch Handel. „Ihm fehlt die Bereitschaft, die Risiken, denen wir ausgesetzt sind, neu zu bewerten“, kritisierte der Unionsfraktionschef.

„Und ausgerechnet jetzt fliegt er auch noch nach China, eine Woche nach diesem Parteitag der Kommunistischen Partei, wo offen mit militärischer Gewalt gegen Taiwan gedroht und der Vorgänger von Xi Jinping unter den Augen der Weltöffentlichkeit aus dem Saal abgeführt wurde.“

Merz warnt vor chinesischer Propaganda

Die chinesische Staatsführung werde den Kanzler-Besuch „zusammen mit der Morgengabe einer weiteren Hafenbeteiligung als Bestätigung ihres Kurses propagandistisch ausschlachten“, warnte Merz.

Er verwies darauf, dass die Koalition selbst eine neue China-Strategie für das Frühjahr angekündigt habe. „Es wäre richtig gewesen, erst danach eine Reise nach China zu machen. Der Krieg gegen die Ukraine und die einseitige Parteinahme Chinas zugunsten von Russland machen die Überprüfung unseres Verhältnisses zu China noch einmal viel dringlicher“, betonte er. „Zur Zeitenwende gehört eben auch ein neuer Blick auf China.“

Stattdessen bekomme die Kommunistische Partei Chinas „jetzt über die Beteiligungen an europäischen Häfen einen kompletten Überblick über die Handelsströme in Europa“. Mit Blick auf Widerstand auch innerhalb der Ampel-Regierung sagte er: „Scholz‘ einsame Entscheidung war ein schwerer strategischer Fehler.“ (dpa/dl)



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